Zuger IT-Unternehmer kämpft für No Billag

Andreas Kleeb: «Mein lokales Fernsehprojekt war relativ schnell gestorben»

No-Billag-Mitbegründer Andreas Kleeb will nur anschauen und bezahlen, was er bestellt hat.

(Bild: woz)

Der 55-jährige Andreas Kleeb ist Mitbegründer der No-Billag-Initiative. Obwohl der Zuger im Interview mit zentralplus beteuert, nichts gegen die SRG zu haben, ist klipp und klar: Seine Aversion gilt dem schweizerischen Fernsehen. Und doch prognostiziert der Freisinnige der SRG eine blühende Zukunft – als abgespecktes Privatunternehmen. Ein Streitgespräch.

zentralplus: Herr Kleeb, Sie können sich ja sicher die Billag-Gebühren leisten. Warum wollen Sie diese dann abschaffen?

Andreas Kleeb: Weil die Bürger etwas bezahlen müssen, was sie nicht bestellt haben. Der Bürger ist mündig und will gerne das Geld auch dort verwenden, wo er etwas bestellt hat. Und das ist nicht zu verwechseln mit staatlichen Leistungen, die laut Bundesverfassung unbestritten und nicht delegierbar sind, wie Bildung, Sicherheit und Gesundheit. Medien sind aber ganz klar keine Staatsaufgabe.

zentralplus: Aber schauen Sie sich beispielsweise nie «Tatort» oder «Der Bestatter» im Schweizer Fernsehen an?

Kleeb: Die von Ihnen genannten Sendungen schaue ich gar nicht an. Ich habe dafür keine Zeit. Ich sehe mir sehr, sehr selten die Tagesschau oder «10vor10» an. Ich höre gerne und regelmässig «Rendezvous am Mittag». Auch das «Echo der Zeit» finde ich ein tolles Gefäss. Und das sind auch Inhalte, die ich bei einem Bezahlmodell bereit wäre, in Zukunft per Abo zu bezahlen.

zentralplus: So ein Abomodell wird sich aber nicht tragen …

Kleeb: Solche Modelle werden sich tragen. Die SRG argumentiert einfach mit Angst. Sie macht abenteuerliche Hochrechnungen, was Abonnementrechnungen kosten würden. Zum Beispiel mit der Annahme, dass dies dann nur noch 88’000 Personen anschauen würden. Und da muss ich einfach sagen, da fehlt es mir am Selbstbewusstsein der SRG in die Qualität ihrer Produkte. Dass sie nämlich gute Sendungen macht und dass sie dafür durchaus Abonnenten finden würde, wenn man es bezahlen muss.

«Ich bezahle nur das, was ich bestellt habe.»

zentralplus: Das Bezahlen von solchen Abos kann sich aber nicht unbedingt jeder leisten. Wo bleiben da die soziale Gerechtigkeit und die Solidargemeinschaft?

Kleeb: Also, bezahlen können die Billag heute schon nicht alle. Letztes Jahr gab es allein 60’000 Betreibungsandrohungen zu den Billag-Gebühren. Und mit Sparen seitens der Rundfunkgebühren, wenn sie im nächsten Jahr dann 365 Franken für alle Haushalte kosten sollen, ist auch nichts drin. Die Zwangsgebühren werden auf 1,35 Milliarden Franken ansteigen. Allein das Gewerbe muss 200 Millionen bezahlen. Und nochmals: Ich bezahle nur das, was ich bestellt habe. Es ist also falsch, vorzurechnen, ich bräuchte Unterhaltung, Sport und, und, und. Ich würde zum Beispiel nur Information bestellen. Für Unterhaltung habe ich heute schon Netflix abonniert. Der Warenkorb sieht bei jedem Bürger anders aus.

Stark engagiert: Die ehemalige Zuger CVP-Stadträtin Vreni Wicky und Andreas Kleeb leiteten 2014 gemeinsam das Komitee für die Doppelinitiative «Ja zur historischen Altstadt» und «Ja zu gesunden Stadtfinanzen» – die allerdings verloren ging.

Stark engagiert: Die ehemalige Zuger CVP-Stadträtin Vreni Wicky und Andreas Kleeb leiteten 2014 gemeinsam das Komitee für die Doppelinitiative «Ja zur historischen Altstadt» und «Ja zu gesunden Stadtfinanzen» – die allerdings verloren ging.

(Bild: mbe.)

zentralplus: Aber Sie können ja gerne Netflix weiter anschauen, aber was hat das mit der SRG zu tun? Was haben Sie gegen die?

Kleeb: Wir haben nichts gegen die SRG. In der No-Billag-Initiative wird die SRG mit keinem Wort erwähnt. Wir sagen ja, die SRG kann unabhängig weiter funktionieren. Es gibt von der SRG gemäss Gilles Marchand bereits alternative Finanzierungsmodelle und Szenarien. Wir sind einfach überzeugt, dass die SRG mit momentan 6’000 Mitarbeitern nicht weiterbestehen kann. Sie muss sich sicher redimensionieren und kann sich nach der Abstimmung als freies Unternehmen auf dem Markt platzieren.

«Wenn man die SRG von 6’000 auf 3’000 Mitarbeiter reduziert, ist die SRG immer noch das grösste Medienhaus der Schweiz.»

zentralplus: Warum engagieren Sie sich eigentlich so vehement für die Initiative? Wollen Sie als IT-Unternehmer etwa Vorteile daraus ziehen? Oder sogar für eine eventuelle Kandidatur als FDP-Nationalrat 2019?

Kleeb: Inwiefern sollte mir dies als IT-Unternehmer helfen? Die Initiative hat keinerlei Zusammenhang mit unseren Aktivitäten. Und wir sind nicht im Medienbereich tätig. Es geht bei No Billag vor allem um Inhalte, und damit hat mein Unternehmen nichts zu tun. Und was No Billag politisch betrifft, bin ich seit 2014 im Initiativteam dabei. Das ist bis jetzt vor allem Unterschriftensammeln gewesen, ohne viel Publizität, sich damit Lorbeeren zu verdienen. Reine Knochenarbeit. Es geht um die Sache. Für den Nationalrat zu kandidieren, ist sicher eine Option. Das Interesse ist da, aber es ist auch aus privaten Gründen noch gar nichts entschieden.

zentralplus: Zurück zu No Billag. Mal ehrlich. Geht’s Ihnen denn wirklich nur um die Rundfunkgebühren oder wollen Sie die SRG als vermeintlich linke Institution nicht einfach nur versenken?

Kleeb: Also, wenn wir über linke Institutionen reden, sind das nicht die Bürgerlichen, die dies behaupten. Es gibt eine ETH-Studie, die sämtliche Medien analysiert hat, auch die SRG. Und diese Studie hat eine entsprechende Positionierung festgestellt. Nochmals: Das No-Billag-Initiativkomitee hat mit keinem Wort die SRG erwähnt.

«Die SRG muss einfach vom hohen Ross runterkommen.»

zentralplus: Aber das ist doch Augenwischerei. Es ist doch sonnenklar, dass es bei No Billag um die SRG geht. Es gibt ja keine andere Institution in der Schweiz, die als öffentlich-rechtliche Medieninstitution Rundfunk- und Fernsehgebühren erhält.

Vier Jahre lang Präsident der FDP Zug

Andreas Kleeb wurde 1962 in Zug geboren und ist ein Zuger Unternehmer, Politiker und Viehhändler. Er studierte Wirtschaftsinformatik an der Universität Zürich. 1999 gründete er ein IT-Unternehmen – die beelk Gruppe. Diese hat heute 250 Mitarbeiter. Kleeb gehörte insgesamt 25 Jahre der freisinnigen Partei an. 1990 trat er in die FDP Menzingen ein. Von 2008 bis 2012 präsidierte er die Kantonalpartei erfolgreich. Er war auch Gründungsmitglied der FDP Top 60 und von BS14. 2015 ist er aus der Partei ausgetreten. Seit 2014 ist er im Kernteam für die eidgenössische Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren», die die Abschaffung der Billag-Gebühren in der Schweiz verfolgt.

Kleeb: Das ist Ihre Behauptung. Es wird die SRG ja weiterhin geben, eben in redimensionierter Form und als privates freies Unternehmen. Wenn man von 6’000 auf 3’000 Mitarbeiter reduziert, ist die SRG immer noch das grösste Medienhaus der Schweiz.

zentralplus: Aber die Schweiz ist doch ein sehr kleinteiliges demokratisches und geografisches Gebilde. Es gibt etwa drei Landesteile, vier Landessprachen. Wollen Sie das einfach dem Markt überlassen? Da geht dann sicher einiges bachab. Vor allem der Solidargedanke.

Kleeb: Also in der Zeitung ist neulich zu lesen gewesen, dass das Tessin sich vorstellen könnte, Ja zu No Billag zu sagen. Warum ist man denn dort so unzufrieden mit der gelebten Solidarität? Die bekommen ja Geld. Die Unzufriedenheit im Tessin mit dem RTI ist sehr gross: mit diesem Riesenmoloch. Die SRG muss einfach vom hohen Ross runterkommen.

zentralplus: Aber was ist denn dieses hohe Ross, das Sie da beklagen? Das steckt doch ausser Befindlichkeiten und Unmut kein rationales Argument dahinter. Die SRG macht doch nur ihren Auftrag, versucht seriös zu informieren und Minderheiten zu berücksichtigen.

Kleeb: Nochmals, wir haben nichts gegen die SRG.

«Die SRG nimmt die Wertung vor, was wahr und nicht wahr ist.»

zentralplus: Doch, Sie sagen, die SRG soll runter vom hohen Ross. Also, um was geht’s denn hier jetzt eigentlich?

Kleeb: Die SRG nimmt die Wertung vor, was wahr und nicht wahr ist. Und schauen Sie doch mal: 50 Prozent der Bevölkerung sympathisieren mit No Billag. Warum ist es denn plötzlich so ein heisses Thema? Warum ist es denn noch nicht sicher, wie die Abstimmung ausgeht? Weil die Bevölkerung mit der heutigen Situation aus unterschiedlichen Gründen eben nicht mehr zufrieden ist und etwas verändern will.

zentralplus: Aber wo ist denn unterm Strich wirklich das Problem?

Kleeb: Es gibt kein Problem. Wir wollen einfach die Billag-Zwangsgebühren abschaffen. Es ist unser demokratisches Recht, Unterschriften zu sammeln. Und es haben mehr als 150’000 Personen unterschrieben. Und wenn man jetzt die Diskussion anschaut, sieht man, dass wir keine Exoten sind. Im Gegenteil. Ein wesentlicher Anteil der schweizerischen Bevölkerung aus allen Landesteilen befürwortet die Initiative. Das Volk ist kritischer, als es die Parlamentarier in Bern einschätzen. Da können Sie werten, wie Sie wollen.

«Die Information bewegt sich in Richtung Sparten.»

zentralplus: Nochmals: Wie wollen Sie gewährleisten, dass es in Zukunft nach wie vor seriöse Informationen gibt und Nischenkulturen berücksichtigt werden, wenn die Rundfunk- und Fernsehgebühren abgeschafft werden?

Kleeb: Die Information bewegt sich in Richtung Sparten. Und es wird in Zukunft mehr Spartenprogramme geben. Es gibt ja auch private Print- und Online-Medien. Es gibt kein Medienmonopol. Und es existieren schon Teilnehmer auf dem Medienmarkt, die schon viel länger dabei sind, bevor Radio und Fernsehen überhaupt erfunden waren. Es werden heute schon Unterhaltungs- und Sportsparten angeboten, und in Zukunft wird es eben auch Informationssparten geben. Und ich kann wählen, was ich schauen will, und ich bezahle nur für das.

Andreas Kleeb wegen No-Billag in der SRF-Arena.

Andreas Kleeb wegen No Billag in der SRF-Arena.

(Bild: srf)

zentralplus: Aber es geht doch nicht darum, dass jeder nur das schauen kann, was er will, sondern dass die Bevölkerung die Möglichkeit erhält, umfassend informiert zu werden?

Kleeb: Aber wer definiert, was umfassend ist? Das will ich definieren, was für mich umfassend ist.

«Das heisst nicht, wenn alle ein Staatsfernsehen haben, muss es die Schweiz auch machen.»

zentralplus: Das definiert die Gesellschaft. Und der Staat hat den Auftrag, seine Bürger zu informieren.

Kleeb: Nein. Er hat nicht den Auftrag, ein Staatsfernsehen zu betreiben.

zentralplus: Aber in allen anderen europäischen Ländern gibt es öffentlich-rechtliches Fernsehen. So schlecht kann die Idee ja nicht sein …

Kleeb: Das ist trotzdem kein Argument dafür, ein Staatsfernsehen zu betreiben. Das heisst nicht, wenn es alle machen, muss es die Schweiz auch machen. Dann sind wir halt in Zukunft in Sachen Rundfunk- und Fernsehgebühren ein weisser Fleck in Europa, indem wir als Erste das Staatsfernsehen in die Freiheit entlassen. Die SRG ist nach der Abschaffung der Billag-Gebühren eine private Gesellschaft, und zwar die grösste und unabhängige in der Schweiz.

zentralplus: Und warum machen Sie denn nicht einfach selber Fernsehen – so wie Herr Blocher? Sie haben ja in den 80er- und 90er-Jahren in Zug mit einem eigenen Lokalfernsehen Erfahrungen gesammelt.

«Privatradios durften Werbung machen, Privatfernsehen nicht.»

Kleeb: Fernsehen sehe ich als weniger attraktiv an. Blocher hat sein TeleBlocher. Tele Züri macht das gut. Und ich war ja mal Mitbesitzer vom Radio Sunshine, das keine Gebühren bezog. Private Medien haben absolut die Chance, erfolgreich auf dem Markt mitzumischen. Mein persönlicher Weg ist schliesslich in die Informatik gegangen. Damals waren die Spielregeln andere: Privatradios durften Werbung machen, Privatfernsehen nicht. Und deshalb war mein lokales Fernsehprojekt relativ schnell gestorben.

zentralplus: Letzte Frage: Haben Sie sich schon mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass No Billag sehr wahrscheinlich verloren gehen wird – schliesslich werden die Senioren in der Schweiz ihren Fernsehsessel nicht verlassen wollen?

Kleeb: Sehen wir mal. Wenn Sie die letzte Studie bei «20 Minuten» anschauen, stimmt Ihre Vorhersage nicht. Da sind 51 Prozent für No Billag. Der Graben der Meinungen geht gleichermassen durch Jung und Alt sowie durch Links und Rechts. Der Widerstand gegen die Zwangsgebühr geht quer durch die ganze Bevölkerung.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von digiradio
    digiradio, 22.01.2018, 07:42 Uhr

    Warum wohl hat sich Herr Kleeb bereits nach rund einem Jahr wieder bei Radio Sunshine zurückgezogen? War er bloss der Strohmann, damit der Sender an seinen direkten Konkurrenten verkauft werden konnte? Oder hat Herr Kleeb einfach bemerkt, dass mit Journalismus gar kein Geschäft mehr zu machen ist?

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