Stadtpräsidium könnte erstmals an SVP gehen

André Wicki: Kein Zuger Stadtpräsident nur für vier Jahre

SVP-Stadtrat André Wicki will Stadtpräsident werden. MIt diesem Ziel ist er jedoch nicht alleine. (Bild: zvg)

Der Zuger Finanzchef André Wicki ist bald der Dienstälteste in der städtischen Exekutive. Im dritten Anlauf möchte der 59-Jährige den Sprung ins Stadtpräsidium schaffen – und dann auch gleich für längere Zeit bleiben. zentralplus sprach mit dem SVP-Mann über seine Ambitionen und den von ihm kritisierten kantonalen Finanzausgleich.

FDP-Stadträtin Eliane Birchmeier verkündete ihr Interesse am Amt der Stadtpräsidentin bereits letzten Herbst. Daraufhin folgte Mitte-Kollege Urs Raschle. Dass nun auch SVP-Stadtrat André Wicki aufs Wahlkarussell aufgestiegen ist, erstaunt niemanden. Zumal der Finanzchef bereits ein alter Hase ist. Nicht nur im Stadtrat, sondern auch im Kandidieren fürs Stapi-Amt. Es ist nämlich schon sein dritter Anlauf.

zentralplus: André Wicki, sollten Sie im Oktober zum Stadtpräsidenten gewählt werden, wäre das eine kleine Sensation. Noch nie wurde die Stadt Zug von einem SVP-Politiker geführt. Ist auch das einer der Beweggründe, warum Sie das Amt übernehmen möchten?

André Wicki: Ich bin mir dessen zwar bewusst, frage mich jedoch, ob das eine Sensation wäre. Insbesondere, da es sich um Majorz-, also Kopfwahlen handelt. Demnach spielt es nicht unbedingt eine grosse Rolle, welcher Partei man angehört. Persönlich habe ich sehr gut mit dem früheren SP-Stadtpräsidenten Dolfi Müller gearbeitet, obwohl wir aus sehr unterschiedlichen politischen Lagern kommen. Wichtig ist, dass man die Bedürfnisse der Stadt Zug im Fokus hat.

zentralplus: Es ist nun schon das dritte Mal, dass Sie im Wahlkampf ums Stadtpräsidium mitmischen. Ich gehe nicht davon aus, dass Sie dies mittlerweile aus schierer Gewohnheit tun. Was sind Ihre Beweggründe?

Wicki: Ich bin sehr verwurzelt in Zug und habe als Stadtrat verschiedene Projekte initiiert und einiges für die Stadt Zug bewegt. Nachdem ich zuerst das Baudepartement und nun das Finanzdepartement geführt habe, habe ich während zwölf Jahren die städtischen Schlüsseldepartemente geführt. In Kombination mit meiner langjährigen Führungserfahrung in der Privatwirtschaft bin ich überzeugt, dass es jetzt die richtige Zeit ist, als Stadtpräsident das Ruder zu übernehmen. Zudem glaubt die Partei an mich und hat mich einstimmig gewählt, das ist für mich ein grosser Vertrauensbeweis!

zentralplus: Was heisst das konkret? Warum sollte man Sie wählen?

Wicki: Verschiedene Punkte finde ich besonders wichtig in diesem Amt. Erstens muss man Menschen mögen und ihnen zuhören können. Ob im Kontakt mit dem Gewerbe, mit Vereinen oder abends, wenn man unterwegs ist in der Stadt. Diese Qualität bringe ich mit und dies ist nicht zuletzt meiner lieben Familie zu verdanken. Zweitens braucht es Kontinuität. Diese konnte ich in den Jahren als Stadtrat unter Beweis stellen. Drittens bringe ich auch Durchhaltewillen mit. Es ist gut und recht, einen Zehn-Jahres-Plan zu haben. Der nützt jedoch nur etwas, wenn man aktiv dranbleibt. Gleichzeitig braucht es die Flexibilität, um auf stetige Veränderungen einzugehen. Was heute passiert ist, ist nur ein Beispiel dafür. (Das Interview wurde an dem Tag geführt, als Russland die Ukraine angriff.)

«Wenn ich im Leben bisher eines gelernt habe, dann Situationen nicht zu über-, aber auch nicht zu unterschätzen.»

André Wicki, Stadtpräsidiums-Kandidat

zentralplus: Dieses Mal sind Ihre früheren Hauptkonkurrenten Karl Kobelt und Vroni Straub-Müller, die sich letztes Mal vor Ihnen platzierten, nicht mehr dabei. Glauben Sie sich deshalb schon in Sicherheit?

Wicki: (wie aus der Pistole geschossen) Nein, ganz sicher nicht. Wenn ich im Leben bisher eines gelernt habe, dann Situationen nicht zu über-, aber auch nicht zu unterschätzen. Dazu kommt ein pragmatischer Ansatz darüber, wo ich selbst in diesem politischen Umfeld stehe. So handhabe ich auch die Geschäfte, früher im Bau-, heute im Finanzdepartement. Wer mich kennt, weiss, dass ich meine Geschäfte mit Durchhaltewillen und Kontinuität behandle. Ich habe während acht Jahren das Baudepartement geleitet und bin nun seit vier Jahren Finanzchef. Sollte ich ins Präsidium gewählt werden, ist für mich klar, dass ich dieses Amt nicht nur vier Jahre lang ausführen möchte.

zentralplus: Ist das ein Seitenhieb an den amtierenden Stadtpräsidenten Karl Kobelt, der nach vier Jahren bereits aufhört?

Wicki: Dass eine Präsidialzeit mehr als vier Jahre dauern sollte, ist eine Erwartung, die ich auch an mich selbst stelle. Trotzdem muss ich offen zugeben, ich war tatsächlich anfangs überrascht von seiner Rücktritts-Ankündigung und zugegebenermassen etwas resigniert. Karl Kobelt hat vor vier Jahren einen sehr guten Wahlkampf gemacht und wurde dafür vom Stimmvolk gewürdigt.

Die Frage, welche Themen er als Stadtpräsident gern vorantreiben würde, beantwortet der Zuger Finanzchef im Video:

zentralplus: Um die Stadtzuger Finanzen steht es gut. Fürs laufende Jahr rechnet die Stadt mit einem Überschuss von 6,5 Millionen Franken, grosse Investitionen sind geplant (zentralplus berichtete). Ausserdem wurden im letzten Jahr, also mitten in der Corona-Krise, keck die Steuern gesenkt. Wie viel von dieser erfreulichen Tendenz ist Ihnen zu verdanken, wie viel der Vorarbeit des ehemaligen Finanzchefs Karl Kobelt? Und wie viel davon ist Glück?

Wicki: Es ist wohl eine Mischung aus allem, primär jedoch ein Ergebnis steigender Steuereinnahmen aufgrund guter Standortpolitik. Karl Kobelt hat sicherlich einen guten Job gemacht. Als Betriebswirtschafter habe ich jedoch sicherlich einige gute Inputs einbringen können. So etwa die Einführung eines Zehn-Jahre-Plans in der Investitionsrechnung und die Tatsache, dass ich sehr auf ein gutes Kostenmanagement setze. Dass wir finanziell gut durch die Coronazeit kamen, ist sicher auch den Firmen geschuldet, die hier ansässig sind. Insbesondere Pharmaunternehmen, denen es aktuell gut geht.

«Die Steuersenkung war ein wichtiges Zeichen für alle.»

André Wicki

In der Coronazeit war wichtig, dass neben der Unterstützung von Bund und Kanton der Coronafonds von 10 Millionen Franken für die Stadt Zug erstellt werden konnte. Daraus ergaben sich auch die Pro-Zug-Gutscheine von 100 Franken für alle Stadtzugerinnen und -zuger. Ein Totalbetrag von 3 Millionen Franken. Die Gutscheine wurden gut gebraucht und haben den Einzelhandel unterstützt. Die Steuersenkung war zudem ein wichtiges Zeichen für alle. Sie hilft dem Gewerbe, den Unternehmen und schlussendlich uns allen mit guten Arbeitsplätzen und guten Ausbildungsstätten.

zentralplus: Apropos Finanzen: Wie ist Ihre Haltung zum Zuger Finanzausgleich?

Wicki: Dort zahlt die Stadt Zug jährlich rund 60 Millionen hinein. Das Thema ist jedoch soweit abgeschlossen und wurde sowohl von den Gemeinden als auch der Regierung abgesegnet und in der letzten Legislatur Ende 2018 abgeschlossen. Viel mehr beschäftigt mich dagegen, dass im Kanton Zug die 11 Gemeinden mit 47 Millionen – davon die Stadt Zug 20 Millionen – einen Beitrag zum nationalen Finanzausgleich dem Kanton entrichten müssen. Es wäre viel sinnvoller, wenn die Gemeinden dieses Geld in eigene Infrastrukturprojekte, also etwa Schulhäuser, investieren könnten. In der Finanzchefenkommission habe ich diesen Punkt eingebracht und wir sind mit dem Kanton in der Diskussion, hier eine Änderung vorzunehmen.

zentralplus: Blicken wir zurück auf Ihre fast zwölf Jahre Exekutiv-Erfahrung. Was waren Ihre bisher grössten Erfolge?

Wicki: Da würde es einiges zum Aufzählen geben. In meiner Zeit als Bauchef sicher mit grossem Herzblut die Sanierung des Theater Casino Zug, da ich schon als Kind sehr viel dort war. Aber auch das Geviert bei der ehemaligen Brandruine am Kolinplatz, das meines Erachtens sehr gut umgesetzt wurde mit einem Café und Studentenzimmern. Zu den wirtschaftlichen Erfolgen zähle ich, dass wichtige Firmen wie V-Zug und Siemens in der Stadt gehalten werden konnten. Der Bebauungsplan für den Technologiecluster der V-Zug war ein Riesenprojekt und wurde schlussendlich im GGR gar einstimmig angenommen. Der Technologiecluster ist ein Vorzeigeprojekt, da geht auf allen Ebenen die Post ab.

«Die unglückliche Abstimmung zur Überbauung des Unterfelds habe ich sehr bedauert.»

André Wicki

zentralplus: Wo liegen Ihre Erfolge als Finanzchef?

Wicki: Zum einen habe ich vor rund zwei Jahren den Corona-Fonds initiiert und daraus den Pro-Zug-Gutschein für die Zuger Bevölkerung. Auch die grossen Investitionen in die Sportmeile im Herti bei den Fussballplätzen und den Leichtathletikanlagen sind mir ein wichtiges Anliegen. Weitere grosse Investitionen werden noch folgen. Ausserdem: Die Abstimmung zur Veräusserung der Frauensteinmatt. Diese wurde von der Bevölkerung mit rund 87 Prozent angenommen. Last but not least der neue sehr aufwendige Konzessionsvertrag mit der WWZ, der mit allen Gemeinden abgestimmt werden musste. Der Zurlaubenhof liegt ja noch vor uns.

zentralplus: Hand aufs Herz: Wo verorten Sie Ihre grössten Niederlagen?

Wicki: Nun, es wäre wohl vermessen zu sagen, dass es keine Niederlagen gegeben habe. Darum: Die unglückliche Abstimmung zur Überbauung des Unterfelds habe ich sehr bedauert. Weil das geplante Quartier auf Baarer und Zuger Boden entstanden wäre, stimmten beide Gemeinden darüber ab. Die Zuger nahmen die Vorlage an, die Baarer Stimmbevölkerung sagte jedoch völlig überraschend Nein. Das war sehr schade, da wir uns mächtig ins Zeug gelegt hatten bei der Planung und die Korporation Zug sehr viele preisgünstige Wohnungen dort bauen wollte. Auch über das Nein zum Stadttunnel 2015 war ich sehr enttäuscht. Dieses Projekt war eine unglaubliche Übung. Und zugegeben, vielleicht auch etwas überladen für die damalige finanziell schwierige Zeit. Doch bin ich umso glücklicher, dass das Thema nun wieder ins Rollen kommt.

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