Regierung gibt jahrzehntelangen Widerstand auf

Also doch: Kanton Luzern will Tempo 30 zulassen

Auch auf der Bernstrasse in Luzern forderten Anwohner und Parlamentarier die Einführung von Tempo 30.

(Bild: giw)

30 Jahre lang wehrte sich der Kanton – nun gibt er nach. Der Luzerner Regierungsrat will grundsätzlich Tempo 30 auch auf Kantonsstrassen ermöglichen. Nicht zuletzt erhofft er sich damit, weitere Kosten sparen zu können.

«Tempo 30 soll grundsätzlich auch auf Kantonsstrassen möglich sein.» Dies schreibt der Luzerner Regierungsrat in einer am Dienstag veröffentlichten Antwort auf drei parlamentarische Vorstösse. Der Entscheid überrascht, denn jahrzehntelang hat sich der Kanton gegen Geschwindigkeitsreduktionen auf den Kantonsstrassen gewehrt.

Dies zum Missfallen des Stadtrates. Da die vom Bund gesetzlich festgelegten Maximalwerte für Lärmemissionen  auf den Kantonsstrassen im Gebiet der Stadt Luzern überall überschritten wurden, forderte die Linke die Einführung von Tempo 30. Der Stadtrat wollte nachziehen – weil die Strassen jedoch im Besitz des Kantons sind, waren ihm die Hände gebunden.

Der Kanton kam zunehmend unter Druck. Das Bundesgericht verdonnerte in diversen Urteilen die Kantone Basel, Zürich und Zug zur Einführung von Tempo 30. Und immer mehr Luzerner Gemeinden fordern immer vehementer Tempo 30 auf den Tempo-50-Hauptstrassen (zentralplus berichtete). Nicht zuletzt drohte Stadtrat Adrian Borgula, als ultima ratio, den Kanton vor Gericht zu ziehen, sollte man sich nach wie vor dagegen sträuben (zentralplus berichtete).

Kanton hat weitere Vorbehalte

«Wir werden unsere bisherige Praxis vor diesem Hintergrund anpassen», schreibt nun die Regierung, «und künftig deshalb auch auf Kantonsstrassenabschnitten vertieft prüfen, ob die Voraussetzungen für Tempo 30 erfüllt sind.» Dies sei jedoch nur unter Abwägen aller Interessen im Einzelfall erfüllt. Das bedeutet, dass vor Festlegen der Höchstgeschwindigkeit durch ein Gutachten abzuklären ist, ob die Massnahme nötig, zweck- und verhältnismässig ist – oder ob andere Massnahmen vorzuziehen sind. Insbesondere soll überprüft werden, ob die Verkehrssicherheit und der Verkehrsfluss nach wie vor gewährleistet sind.

«Über 30 Jahre lang hat sich der Kanton Luzern gewunden und gedreht, um sich dieser Pflicht zu entziehen.»

Verkehrs-Club der Schweiz

Sichtlich erleichtert über diesen Entscheid gibt sich der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS): «Der unermüdliche Kampf des VCS trägt Früchte.» Der Kanton habe jahrelang tatenlos zugesehen, obwohl es seine Aufgabe sei, die Bevölkerung vor schädlichem Lärm zu schützen. «Über 30 Jahre lang hat sich der Kanton Luzern gewunden und gedreht, um sich dieser Pflicht zu entziehen», schreibt der VCS. So sei der Kanton nun auch gefordert, «schnell vorwärts zu machen».

Tempo 30 kostengünstiger als lärmmindernde Beläge

Monique Frey (Grüne), die frühere Geschäftsführerin des VCS, reichte einen Vorstoss ein und habe laut VCS dem Kanton «den noch nötigen Schub verliehen». Frey wollte unter anderem wissen, ob der Regierungsrat weitere Massnahmen plant, um die Lärmimmissionen an der Quelle zu bekämpfen.

In den letzten Jahren wurden im Kanton Luzern mehr als 80 Prozent der rund 370 Kilometer sanierungsbedürftigen Strassen saniert. Dies, weil übermässig viele Strassen lärmbelastet waren. Alleine in der Stadt Luzern ist es nach wie vor auf 39 Strassen zu laut. Um dagegen vorzugehen, werden Strassen mit lärmmindernden Belägen ausgestattet. Das Problem dabei: Bereits nach 15 Jahren müssen diese erneuert werden, ein Standardbelag hält doppelt so lange.

«Eine kostengünstigere Massnahme an der Quelle kann bei Lärmsanierungen auch die Einführung von Tempo 30 sein.»

Luzerner Regierungsrat

Wegen dieser kürzeren Lebensdauer habe man lärmmindernde Beläge bei der Prüfung von Kantonsstrassen regelmässig «als nicht verhältnismässige Lärmschutzmassnahme an der Quelle beurteilt», schreibt die Regierung.

Die Regierung sei jedoch bereit, die Entwicklung weiterzuverfolgen. Sobald «belastbare Erkenntnisse» vorliegen und sich zeige, dass die Dauerhaftigkeit dieser Flüsterbeläge gegeben sei, sollen diese bei der Erneuerung von Belägen künftig zum Einsatz kommen. Der Regierungsrat erhofft sich weiter, durch Tempo 30 Kosten sparen zu können. Denn er hält fest: «Eine kostengünstigere Massnahme an der Quelle kann bei Lärmsanierungen auch die Einführung von Tempo 30 sein.»

Weniger Unfälle durch Tempo 30

Die Strassen sollen durch Tempo 30 nicht nur weniger laut werden – sie sollen auch sicherer werden. Durch das Einführen dieser Temporeduktionen möchte der Regierungsrat das Unfallrisiko verringern. Denn die Stadt bildet ein Unfall-Hotspot. Mehr als die Hälfte aller kantonaler Unfallschwerpunkte befinden sich in der Stadt Luzern. Zugleich sind die zehn gravierendsten Plätze hier, so etwa beim Bahnhofplatz, beim Kreisel Kreuzstutz oder beim Bundesplatz-Kreisel.

Da das Unfallrisiko und die Schwere eines Unfalls mit höherer Geschwindigkeit zunehmen, soll durch eine Geschwindigkeitsreduktion das Unfallrisiko abgeschwächt werden, hält der Regierungsrat fest.

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