Zu Gast bei einer virtuellen Kafipause

Alleine im Homeoffice? Luzerner Coachs stehen dir mit Rat und Tat zur Seite

Laden dreimal die Woche zur virtuellen Kafipause: Claudia Winkler (links) und Martina Zeier. (Bild: Archivbild/zvg)

Von einem Tag auf den anderen sind zahlreiche Menschen ins Homeoffice geschickt worden. Wie kommt man damit klar? Die Expertinnen Claudia Winkler und Martina Zeier beantworten die drängendsten Fragen in einer virtuellen Kafipause.

«Herzlich willkommen», eröffnet Claudia Winkler an diesem Donnerstagmorgen die illustre Runde von Menschen, die sich per Videoschaltung in die Kafipause eingeschaltet haben. Die meisten der Anwesenden kennen sich nicht. Und doch eint sie eine Sache: dass sie neuerdings zum Homeoffice verdonnert sind.

«Von einem Tag auf den anderen wurden wir alle in die Arbeitswelt der Zukunft katapultiert.»

Claudia Winkler

Die beiden Frauen, die zum virtuellen Kaffee eingeladen haben, beraten und begleiten sonst Menschen, Firmen und Organisationen in den Bereichen Gesundheits- und Eingliederungsmanagement. Viele ihrer Verpflichtungen wurden in den letzten Wochen abgesagt. Dabei werden Themen wie Zeitmanagement, Kommunikation und psychische Gesundheit am Arbeitsplatz gerade jetzt besonders drängend.

«Von einem Tag auf den anderen wurden wir alle in die Arbeitswelt der Zukunft katapultiert», sagt Claudia Winkler. Die Menschen müssen sich die Arbeit plötzlich alleine einteilen, sie haben keine Arbeitskollegen mehr, mit denen sie sich rasch austauschen können und die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben verschwimmen im Homeoffice noch stärker.

«Hinzu kommen bei vielen Menschen Unsicherheit und Ängste, weil nur schwer abzusehen ist, wie lange diese Krise andauert und wie sie sich noch weiterentwickelt», meint Martina Zeier. Die beiden Expertinnen laden deshalb immer von Dienstag bis Donnerstag jeweils um 9.40 Uhr zum virtuellen Treffen, bei dem man Tipps austauschen und Fragen an die Coaches stellen kann.

Es fühlt sich an wie in einem Science-Fiction-Film

Es ist eine interessante Runde, die sich da via «Teams» zusammengefunden hat. Da ist eine Frau, die gerade von einer Weltreise zurückgekehrt ist. Nach einem Jahr in purer Freiheit kommen ihr die eigenen vier Wände fast ein bisschen wie ein Gefängnis vor.

Eine Coiffeuse erzählt, wie sie ihren Laden von einem Tag auf den anderen schliessen musste. Und wie sie nun sicherstellt, dass ihre Kunden mit Haarkolorationen versorgt werden, damit sie den Ansatz wenigstens selber nachfärben können. Wie soll es für sie weitergehen? Die Existenzängste sind gross. «Es geht mir gut, aber es fühlt sich immer noch an, als wäre ich in einem Science-Fiction-Film», sagt sie.

«Wer sich schon immer flexiblere Arbeitszeiten gewünscht hat, kann jetzt den Tatbeweis antreten, dass Homeoffice funktioniert.»

Claudia Winkler

In der Kafipause treffen sich per Zufall sogar zwei, die nur wenige Häuser nebeneinander aufgewachsen sind. Erstmals seit fast zehn Jahren sehen sie sich wieder – wenn auch nur am Bildschirm. Eine andere Frau hat die Leguane ihrer Mitarbeiterin nun dank einer Videokonferenz endlich mal gesehen, von denen diese immer so viel erzählt hatte.

Diese sechs Tipps machen Dir das Leben leichter

Die aktuelle Situation hat ihre lustigen und positiven Seiten, da ist man sich in der Runde einig. «Es ist eine gute Gelegenheit, was Neues auszuprobieren», findet Claudia Winkler. «Wer sich schon immer flexiblere Arbeitszeiten gewünscht hat, kann jetzt den Tatbeweis antreten, dass Homeoffice funktioniert.»

«Wir sind jetzt dauernd online: Whatsapp, Mails, Push – ständig brechen neue Informationen über uns herein.»

Martina Zeier

Die Expertinnen haben wertvolle Tipps parat, wie dies gelingen kann. «Wenn du im Homeoffice bist, hast du plötzlich mehr Freiheiten. Damit ist aber auch mehr Selbstorganisation verbunden», meint Martina Zeier.

  • Zeier rät, sich einen Arbeitsplan zu machen, aber nur drei Dinge auf die To-do-Liste zu setzen. «Das ist ein realistisches Ziel. Durch die zunehmende Digitalisierung der Arbeit reduziert sich die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsspanne. Es ist nicht möglich, acht Stunden hocheffizient und produktiv im Homeoffice zu arbeiten», sagt die Expertin.
  • Pausen sollte man bewusst planen. «Es besteht sonst die Gefahr, dass das Daheim komplett zum Büro wird und man gar nicht mehr aufhört zu arbeiten. Es ist deshalb eine gute Idee, die Pausen in einem anderen Raum zu verbringen und auch das Handy nicht mitzunehmen», so Zeier.
  • Es hilft, unter der Woche eine Morgenroutine zu entwickeln, die sich vom Wochenende unterscheidet. «So stellt ihr euch morgens auf den Arbeitstag ein – und schafft so eine klare Trennung zwischen Freizeit und Arbeit», erklärt Winkler. «Das menschliche Gehirn sucht immer nach Struktur – in hoch emotionalen und angespannten Zeiten geben Alltagsrituale Halt und helfen die Anspannung abzubauen.»
  • Ein guter Nebeneffekt von Homeoffice: Endlich sind wir nicht mehr dem «sozialen Jetlag vorgegebener Arbeitszeiten» unterlegen. Zeier erklärt: Bei der Tages- und Wochenplanung können wir uns nun dem eigenen Biorhythmus anpassen. Dieser beeinflusst die Effizienz und Leistungsfähigkeit massgeblich.
  • Digital ist Standard, analog ist Kunst: Die Fachfrauen raten, immer mal wieder analoge Instrumente (Notizheft, Papier und Stift) zu nutzen. Handschriftliches Brainstorming regt die Kreativität an. Zudem kann sich unser Gehirn Handschriftliches besser merken als digital Notiertes.
  • Soziale Kontakte kann man planen und organisieren. Dabei gibt es durchaus analoge Kontaktmöglichkeiten. «Man könnte vielleicht bewusst mal wieder einen Brief schreiben – oder jemandem eine Freude machen, indem man ein Überraschungspaket verschickt», so Winkler.

Stets online – weniger konzentriert

Gerade die Media-Life-Balance sei im Moment eine «Mega-Herausforderung», findet Martina Zeier. «Wir sind jetzt dauernd online: Whatsapp, Mails, Push – ständig brechen neue Informationen über uns herein.» Die Onlinepräsenz reduziere die Konzentrationsspanne. «Es macht deshalb Sinn, Zeitfenster für News festzulegen. Bei uns zu Hause haben wir inzwischen sogar handyfreie Zonen eingerichtet, damit wir unserem Hirn wenigstens in den Pausen eine Auszeit gönnen», erzählt Zeier.

Es sind solche Tipps aus dem Alltag, welche die virtuelle Kafipause wertvoll machen. Und nicht zu unterschätzen: Der regelmässige Kontakt mit Menschen, der etwas sehr Tröstliches hat in der Einsamkeit des Homeoffice.

Claudia Winkler und Martina Zeier arbeiten bei Hiestand & Winkler seit mehr als zehn Jahren im Gesundheits- und Eingliederungsmanagement. Zusätzlich sind sie als Coach für Einzelpersonen tätig. Wer gratis an der virtuellen Kafipause teilnehmen will, meldet sich unter [email protected] oder telefonisch unter 079 286 39 75.

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