Zug: Was macht eigentlich… Cäsar Rossi?

«Ah, der Rossi! Sagen Sie dem einen Gruss!»

Cäsar Rossi gilt als Dinosaurier der Zuger Medienwelt – und als wichtiger Akteur beim lokalen Theatergeschehen. (Bild: wia)

Er ist der Dinosaurier der Zuger Zeitungswelt. Cäsar Rossi lenkte während drei Dekaden die Geschicke verschiedener Zuger Medien, nicht zuletzt als Mitbegründer und Redaktionsleiter der «Neuen Zuger Zeitung». Heute ist Rossi 85 Jahre alt und pensioniert. Kennen tun ihn trotzdem noch alle. 

Mit unserem Besuch bei Cäsar Rossi in seiner Wohnung in Hünenberg überbringen wir gleich drei Grüsse. Ein Politiker schickt sie, ein Arzt und ein ehemaliger Redaktionsmitarbeiter. Der 85-Jährige scheint noch immer stark in den Zuger Hirnen präsent zu sein. Und das ist auch kein Wunder. Rossi war während über 30 Jahren im Zuger Zeitungswesen tätig, darüber hinaus ist er der Mitbegründer der Theatergruppe «Zuger Spillüt». Wir finden, es ist Zeit, gemeinsam mit Rossi zurückzublicken auf dieses bewegte Leben.

Wir treten ein in die Wohnung der Rossis und werden gleich ins Büro geführt. «Diese Umgebung passt besser zum Interview als das Wohnzimmer», sagt der Senior. Recht hat er. Die Atmosphäre ist «gschaffig», ein Computer steht auf dem Pult, ebenso ein kleiner dicker Buddha. Die Wände sind mit Gemälden verziert, die Regale sind vollgestellt mit Fotoalben und Büchern. Hier wird offenkundig noch gearbeitet.

Als Schaffhausen 1944 bombardiert wurde

Tatsächlich hat Rossi nach seiner Pensionierung eine Autobiografie verfasst. «Ich bin jedoch noch nicht sicher, ob ich sie veröffentlichen lassen soll.» Beim Buch handelt sich um Erinnerungsfragmente Rossis, beginnend mit Kindheitsszenen aus Schaffhausen, wo der spätere Journalist aufwuchs.

Darin zu lesen ist unter anderem, wie Rossi als 12-Jähriger den Krieg hautnah miterleben musste. Während er 1944 im Schulzimmer sass, ertönte der Fliegeralarm. «Damals war das eine alltägliche Sache und wir schauten fasziniert zum Fenster raus. Erst sehr spät wechselte die Stimmung», erzählt Rossi heute. Denn die Flugzeuggeschwader, die sich der Stadt näherten, begannen Bomben auf die Stadt am Rhein zu werfen.

Rossi und seine Mitschüler wurden vom Lehrer in den Luftschutzkeller gescheucht, den Kindern passierte nichts. Viele Menschen verloren jedoch an diesem Tag ihre Arbeit, ihr Obdach oder gar ihr Leben. Als «Chaos, das sich im Erinnerungsbewusstsein eines jeden unauslöschlich einnistet» beschreibt Rossi seinen Heimweg an dem Tag.

Das Schreibfieber ergreift Besitz von Rossi

In der Tat bekommt man beim Durchblättern der Biografie den Eindruck, dass der heute 85-Jährige ein bewegtes Leben hatte. Heute nimmt er es deutlich gemütlicher. Rossi ist zu Fuss nicht mehr der Schnellste, mittlerweile geht er am Stock. Den Journalismus hat er hinter sich gelassen, das Theater ebenfalls. «Ich verbringe viel Zeit mit meiner Frau», um aufzuholen, so erklärt er, «denn die Familie ist durch meine Arbeit und das Theater wohl etwas zu kurz gekommen. Obwohl ich immer versucht habe, meine Frau so gut als möglich einzubinden.»  

«Ich habe dafür gesorgt, dass die ‹Zuger Nachrichten›, eine Zeitung, welche damals CVP-lastig war, neutral wurden.»

Ursprünglich lernte Rossi Buchdrucker. «Das war damals ein lukrativer Job und weil mein Vater früh verstarb, brauchten wir das Geld», erklärt er gelassen. «Auch, wenn ich viel lieber Lehrer geworden wäre.» Durch einen Arbeitsunfall, «der mich fast den Daumen gekostet hätte», fand er den Weg in den Journalismus. «Ich konnte als Buchdrucker während mehrerer Wochen nicht arbeiten und begann darauf, Reportagen und Theaterkritiken für die ‹Schaffhauser Arbeiter Zeitung› zu verfassen. Und schon ist es um ihn geschehen. Das Schreibfieber ergriff Besitz von Rossi – und sollte ihn bis in die 2000er-Jahre nicht mehr wieder loslassen.

Eifrig arbeitend und mit schicker Brille. So kennen wohl die meisten Zuger Cäsar Rossi. (Bild: Archiv Cäsar Rossi)

Eifrig arbeitend und mit schicker Brille. So kennen wohl die meisten Zuger Cäsar Rossi. (Bild: Archiv Cäsar Rossi)

Eine erste Journalistenstelle im Fricktal führte zur nächsten: Rossi kam 1967 nach Zug, um dort als Chefredaktor der «Zuger Nachrichten» zu fungieren. «Ich habe dafür gesorgt, dass die Zeitung, welche damals CVP-lastig war, neutral wird», sagt Rossi. 

Immer wieder Theater

Vom Buchdrucker in nur wenigen Jahren zum Chefredaktor. Ob er denn keinen Bammel hatte vor der neuen Herausforderung? «Ich war glaub damals ein frecher Siech. Aber es war auch nicht so, dass ich keine Ahnung hatte. Ich hatte zuvor externe Kurse an der Universität Zürich besucht, ausserdem war mir wichtig, dass ich meine Mitmenschen fair behandle und gute Kontakte knüpfe.»

Doch nicht nur für die Zeitung schlägt Rossis Herz, sondern, seit er jung ist, auch fürs Theaterspielen. In Schaffhausen war er Teil des «Cabaret Stacheldraht» und in verschiedenen Theaterproduktionen und auch in Zug liess Rossi nichts anbrennen.

«Jeden Morgen vor der Arbeit war ich im gleichen Café zu Gast wie die Gewerbler. Die wussten immer alles. Das war sehr wertvoll.»

Kaum hatte er sich niedergelassen, gründete er – gemeinsam mit Adolf Meyer und Paul Stadelmann – die «Zuger Spiillüüt» (zentralplus berichtete). Alsbald wurde er zudem vom Stadtrat in den Stiftungsrat des neu gegründeten «Theater im Burgbachkeller» gewählt. «Ich hatte immer schon den Drang, Theater zu spielen. Ein Psychologe hat einmal gesagt, dass dieses Bedürfnis daher rühren könnte, dass ich in meiner Jugend nicht so glücklich gewesen bin und gerne beweisen möchte, dass ich auch jemand bin. Aber das ist nur Geschwätz. Ich kenne den Grund nicht.»

Rossi für einmal sportlich als Werbeträger unterwegs. (Bild: Archiv Cäsar Rossi)

Rossi für einmal sportlich als Werbeträger unterwegs. (Bild: Archiv Cäsar Rossi)

Ein Bier hier, ein Znüni dort – aber immer mit offenen Ohren

Rossi bleibt in Zug nicht lange ein Fremder. Er begann, Beziehungen zu knüpfen, die ihm über sein Arbeitsleben hinaus nützlich sind. «Jeden Morgen vor der Arbeit war ich im gleichen Café zu Gast wie die Gewerbler. Die wussten immer alles. Das war sehr wertvoll.» Rossi war immer dort, wo die Büezer Znüni assen, wo die Zuger Wirtschaftler ihr Bier tranken. «Auch habe ich gute Kontakte gepflegt mit Politikern. Das war enorm hilfreich, um informiert zu sein. Dennoch war ihnen auch bewusst, dass bei mir nichts zu holen sei und dass ich auch durchaus kritisch gegen sie schreiben würde.»

«Es ist schade, dass nicht mehr so fundiert über Lokales berichtet wird wie früher.»

Zudem habe er immer dafür gesorgt, dass ihm in jeder Gemeinde ein Korrespondent zur Verfügung stand. Ein Punkt, den er bei der Lektüre der heutigen «Neuen Zuger Zeitung» kritisiert. «Es ist schade, dass nicht mehr so fundiert über Lokales berichtet wird wie früher. Aber das scheint der heutige Zeitgeist zu sein. Und ich bin nun zu alt, um mich da einzubringen», sagt Cäsar Rossi.

Rossi baut die «Neue Zuger Zeitung» auf

1985 – nachdem der Schaffhauser 18 Jahre lang die «Zuger Nachrichten» geleitet hat – wird er von der Landis & Gyr abgeworben. «Es war gerade ein guter Zeitpunkt», erklärt er, «denn eigentlich wollte die Redaktion ein neues Redaktionskonzept durchsetzen, womit wir jedoch beim Direktor des Verlages Zürcher AG auf taube Ohren stiessen.» Die Ära Landis & Gyr, wo Rossi in der Kommunikation arbeitete, dauerte fünf Jahre. Bis der Journalismus erneut rief. Rossi folgte dem Ruf.

«Wir haben gut gearbeitet.»

«Der damalige Zuger CVP-Ständerat Markus Kündig hat mich 1991 informiert, dass die Kopfblätter ‹Zuger Zeitung› und ‹Zuger Tagblatt› zu einer neuen Zeitung fusionieren sollen. Und für ebendiese ‹Neue Zuger Zeitung› suche man noch einen Chefredaktor. Da habe ich zugesagt.» Rossi und sein Team baute also eine neue Zeitung auf. «Wir haben gut gearbeitet», befindet Rossi, ohne dass es prahlerisch klingt. Doch nur zwei Jahre später muss Rossi wegen Herzproblemen – «ich habe heute drei Bypässe» – kürzertreten. «Ich habe noch eine Weile als Redaktor gearbeitet, später noch als freier Mitarbeiter. 1996 wurde ich ganz pensioniert.»

Bereits seit einigen Jahren ist nun also diese mitunter turbulente Zeit vorbei. Langweilig scheint es Rossi jedoch nicht zu sein. All die Reisen und Ausflüge, die der Schaffhauser aufgrund seines Eingespanntseins früher womöglich nicht tätigte, wurden nachgeholt, wie das Dutzend Fotoalben beweist, das fein säuberlich nach Datum geordnet im Regal prangt. «Die Alben mache ich jeweils selber mit dem Computer», erklärt Rossi. Und scheint tatsächlich ein wenig stolz zu sein.

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