Zug: Neues Planungs- und Baugesetz unter Beschuss

Äusserst uneiniger Kantonsrat setzt Regierung unter Druck

Der Zuger Kantonsrat kommt am Donnerstag in Sachen kantonales Bau- und Planungsgesetz auf keinen grünen Zweig.

(Bild: Kilian Bannwart)

Das grosse Thema im Zuger Kantonsrat am Donnerstag: Die Anpassung des kantonalen Planungs- und Baugesetzes, Teil 1. Bloss. Das Thema birgt dermassen viel Zündstoff, dass es der Rat zeitlich gar nicht erst über die Eintretensdebatte hinaus schaffte.

Vor vier Jahren sagten die Schweizer Stimmberechtigten Ja zum Raumplanungsgesetz. Insbesondere geht es darin darum, die Zersiedelung zu bremsen und Verdichtung anzustreben. Nun liegt es an den Kantonen, ihre Raumplanungsgesetze entsprechend anzupassen. So hat sich auch die Zuger Regierung intensiv mit dem Thema befasst und eine Vorlage geschaffen. Bloss: Eine Einigung dazu scheint in weiter Ferne zu sein.

Dies zeigte sich im Kantonsrat am Donnerstagmorgen nicht zuletzt daran, dass die Politiker nach eineinhalb Stunden Vordebatte noch nicht einmal die Eintrittsdebatte hinter sich gebracht hatten.

Uneinigkeit auch in der Kommission: Ein schlechtes Omen

Heini Schmid, Präsident der Kommission für Raumplanung und Umwelt, gibt bereits einen Vorgeschmack davon, wie schwierig es offenbar ist, in der Sache Einigkeit zu erlangen. Denn bereits in der Kommissionsdebatte habe man nur eine sehr knappe Mehrheit erlangt, ja der Präsident habe gar per Stichentscheid einen Konsens erringen müssen.

Die Eintretensdebatte des Geschäfts bestätigt diesen Eindruck. An der Anpassung des kantonalen Planungs- und Baugesetzes beissen sich die Ratsmitglieder die Zähne aus.

Hauptproblem ist die Mehrwertabgabe

Als Hauptproblem sehen die meisten die Mehrwertabgabe. Will heissen: Grundstücke, die von den Gemeinden neu als Baulandd eingezont werden, gewinnen durch diesen Entscheid stark an Wert. Durch die Revision des Raumplanungsgesetzes werden die Kantone verpflichtet, mindestens 20 Prozent dieses Mehrwerts abzuschöpfen. Mit diesem Geld sollen Entschädigungen finanziert werden, die aufgrund einer Rückzonung von Bauland zu zahlen sind.

«Der Regierungsrat schiesst damit gewaltig übers Ziel hinaus und legt in seinem Gesetzesvorschlag noch Brikett um Brikett nach.»

Manuel Brandenberg, SVP-Kantonsrat

Die SVP wehrt sich gegen den Vorschlag der Regierung, welche im Gegensatz zum Bund nicht nur auf Einzonungen eine Mehrwertabgabe von 20 Prozent erheben will, sondern auch bei Um- und Aufzonungen. Manuel Brandenberg kritisiert: «Der Regierungsrat schiesst damit gewaltig übers Ziel hinaus und legt in seinem Gesetzesvorschlag noch Brikett um Brikett nach.» Die SVP ist dermassen empört darüber, dass sie gar nicht erst auf die Debatte eintreten möchte.

Auch die FDP wehrt sich gegen den Vorschlag der Regierung. Zudem wehrt sie sich gegen eine geplante rechtliche Grundlage, welche die Enteignung von Privaten ermögliche.

«Doch was auf dem Tisch liegt, ist ein zahnloser Tiger!»

Barbara Gysel, SP-Kantonsrätin

Die Sozialdemokraten halten ebenfalls wenig von der Vorlage. Sie sei absolut unausgeglichen und nicht ausgereift. SP-Frau Barbara Gysel betont: «Es geht bei der vorliegenden Revision übergeordnet um grosse Fragen mit teilweise enormen Folgen für die Gemeinden. Doch was auf dem Tisch liegt, ist ein zahnloser Tiger!», ist sie sich sicher. So würde die Mehrwertabschöpfung in Verdichtungsgebieten bei Bebauungsplänen auf einem Minimalsatz belassen, wodurch den Gemeinden oder der Stadt Zug Millionen durch die Lappen gingen.

Gysel bezieht sich dabei auch auf eine schriftliche Ausführung seitens des Stadtrates, wobei er die Forderung stellt, dass nicht nur auf Ein-, sondern auch auf Um- und Aufzonungen eine Mehrwertabgabe erhoben wird.

Der Stadtrat mischt sich ein

Wie Stadträtin Vroni Straub erklärt, seien ja insbesondere die Gemeinden Zug und Baar von der Verdichtung betroffen. «Und für uns wäre es kurz gesagt eine Katastrophe, wenn wir nur auf Einzonungen nicht aber auf Um- und Aufzonungen eine Mehrwertabgabe von 20 Prozent hätten, wie das in den Kommissionen vorgeschlagen wurde.» Und sie führt aus: «Stellen Sie sich vor, da wird ein Landwirtschaftsland zu Bauland umgezont, und es entstehen zig Wohnungen. Entsprechend ziehen viele Leute zu, die alle auch Infrastrukturen wie Schulen oder zu einem späteren Zeitpunkt Altersheime benötigen.» Neu eingezont werde laut Straub heute kaum mehr. Um- und aufgezont hingegen sehr wohl. Und die Gemeinden müssten, so ist sich der Stadtrat einig, von entsprechenden Mehrwertabgaben profitieren.

Je länger debattiert wird, desto grösser die Furcht bei der betroffenen Kommission und in der Regierung, dass die Vorlage eiskalt zurückgewiesen wird.

Erhebliche Konsequenzen bei einer Rückweisung

Baudirektor Urs Hürlimann betont, dass es bei einer Rückweisung wiederum 16 Monate dauern würde, um eine neue Vorlage zu erarbeiten. Insbesondere, da der Kanton Zug vom Bund aufgefordert wurde, innert fünf Jahren ein angemessenes Gesetz zu schaffen, habe dies erhebliche Konsequenzen.

«Solche unehrwürdigen Ehrenrunden sind keine wirklich sinnvolle, effiziente Gesetzesarbeit.»

Heini Schmid, Präsident der Bau- und Planungskommission zur allfälligen Rückweisung

Und auch Heini Schmid versucht dem Rat noch einmal gut zuzureden: «Wir müssen Regelungen finden, welche die Bedürfnisse unserer Bevölkerung befriedigt.»  Und wenn man keinen Konsens finde, könne man dies nicht tun. Zudem warnt Schmid davor, dass bei einer Rückweisung und nach weiterer langer Arbeit ja wieder neue Änderungswünsche angebracht werden könnte. «Solche unehrwürdigen Ehrenrunden sind keine wirklich sinnvolle, effiziente Gesetzesarbeit.»

Ein Warnruf an den Regierungsrat

Und nachdem Barbara Gysel dem Regierungsrat vor der Abstimmung noch einen Antrag stellt, womit die Exekutive bis vor der zweiten Lesung mit den Auswirkungen für die Gemeinden auseinandersetzen muss, lassen sich die Parlamentarier denn auch etwas besänftigen.

34 Räte wollen eine Rückweisung der Vorlage, 35 sind dagegen. Weil es für eine Rückweisung eine Zweidrittelmehrheit bräuchte, ist dies zwar kein haarscharfer Entscheid. Dennoch hat der Kantonsrat damit einen deutlichen Warnruf in Richtung Regierung ausgestossen.

Die kommende Lesung, welche zeitlich am Donnerstag nicht mehr geführt werden konnte, dürfte eine langwierige werden. Und der Regierungsrat steht nun unter ziemlichem Druck.

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