Ruedi Blattmann braut in früherer Käserei

«Ägeri hell» erlebt eine Renaissance

Ruedi Blattmann.

(Bild: mam)

Zuletzt war er IT-Techniker der Hochschule Luzern, jetzt setzt er ganz auf seine eigene Kleinbrauerei. Der in Unterägeri aufgewachsene Ruedi Blattmann macht, was er mag – und nun ist es Bier. Dessen Name «Ägeri hell» dürfte vor allem ZVB-Kunden bekannt vorkommen, die dem Nebel im Unterland entfliehen wollten.

In der Käserei Wissenschwändi in Unterägeri wird gehämmert, gebohrt und gespitzt. Nicht etwa, weil die Käserei modernisiert wird – nein, die Genossenschaftsbauern, denen die Käserei gehört, investieren für ihren Mieter, dessen Erzeugnisse sie selber schätzen. Es ist Ruedi Blattmann, der hier seit Anfang 2017 eine Kleinbrauerei betreibt.

«Vergangenes Jahr hatte ich genau fünf Stunden Ferien», sagt Blattmann. Da ging er nach Feusisberg ins Wellness. Sonst war er in seiner Brauerei eingespannt oder ging einem 80-Prozent-Job nach – als IT-Fachmann bei der Hochschule Luzern.

«Seit vier Monaten bin ich aber nur noch Brauer», sagt er. Und um als vollberuflicher Brauer überleben zu können, braucht er mehr Gärtanks. Die brauchen allerdings mehr Fläche. Deswegen wird nun erweitert und saniert.

Erfrischung für die eigenen Konzerte

Angefangen hat Blattmann die Brauerei aus Jux – als Musiker. Für Auftritte begann er vor über 20 Jahren mit einem Mitmusiker eigenes Bier zu brauen – was mit einer Hobbybrauanlage von 20-Litern keinesfalls ausreicht. Also vergrösserte er sein Sudhaus erst auf 80 Liter, dann auf 150 Liter und vertickte die eine oder andere Flasche bei seinen Konzerten auch an Nachfrager.

«Die Musik ist das, was mir zurzeit am meisten fehlt», sagt Blattmann, der nach eigenem Bekunden jahrzehntelang zwischen fünf und 53 Auftritte jährlich hatte. Mit Bands, die Pop, Rock und Blues spielten. «Meist Americana und in den letzten Jahren vorwiegend eigene Mundartsongs», sagt Blattmann, der singt und in die Tasten haut – sei es am Piano oder an der Handorgel.

Ruedi Blattmann bei einem Auftritt in Tschuppis Wonderbar in Luzern:

 

Abfüllanlage entsteht als Nebenprodukt

Auch sonst ist Ruedi Blattmann ein Tausendsassa. Nach einer Lehre als Dentaltechniker arbeitete er als Bauakustiker, dann als Gastronom, wurde Programmierer und später IT-Verantwortlicher. Auch als Brauer mag er sich nicht nur aufs Produzieren von Bier festlegen.

«Ich bin auch ein wenig Konstrukteur», sagt Blattmann. Mit einem Baarer Feinmechaniker zusammen baute er eine Abfüllanlage, die er nun an Kleinbrauereien in aller Welt verkauft. «Andere Projekte werden folgen», meint er.

Als Brauer braut er Biere, die nicht einfach sind. Ein bernsteinfarbiges Amber-Bier zum Beispiel, von dem in der Schweiz nur wenig gute Versionen hergestellt werden, wie die Bewertungen am ersten Swiss Beer Award zeigten (zentralplus berichtete).

Wenn in Ägeri die Sonne scheint

Die Brauerei Baar fertigt eines der besseren Biere dieses Stils und auch Blattmann lässt sich nicht abschrecken. Sein «Ambär» ist kerniger – obergärig und mit Spezialmalzen gebraut. Ausserdem stellt er ein dunkles Dessertbier im belgischen Stil her. «Diese beiden Sorten habe ich auch schon immer für mich selber gebraut», sagt er.

Die meisten Leute mögen indes helles Bier – und für sie braut Blattmann ein blumiges Ale. «Ägeri hell» heisst es und ist eine Hommage an die Zeiten, als die Saurer-Busse, die von Zug ins Ägerital fuhren, an der Frontscheibe ein Schild mit der Aufschrift «Ägeri hell» befestigten, wenn in der Höhe die Sonne schien.

Von Luzern zurück zu den Wurzeln

Es ist auch eine Reminiszenz an Blattmanns Kindheit. Denn der 60-Jährige ist viel gereist und hat lange Zeit im Kanton Luzern gelebt, wo er eine 150-Liter-Hobbybrauerei in Eich am Sempachersee unterhalten hat.

Seit er in der Wissenschwändi tätig ist, hat er seinen Lebensmittelpunkt an den Ort zurückverlegt, an dem er aufgewachsen ist. Hier ist es echt.

«Von hier scheint das Ägerital noch so, wie es früher ausgesehen hat», sagt Blattmann und linst von seiner Brauerei ins Grüne, durchs Landwirtschaftgebiet in Richtung Gottschalkenberg.

Weizenbier statt IPA

Hier braut Blattmann nun, was ihm selber mundet. IPAs, die Aushängeschilder der Craft-Bier-Bewegung, gehören nicht dazu.

«Ich mag eigentlich keine stark gehopften Biere», sagt er. Er ist aber dennoch daran, seine Produktpalette zu erweitern – mit einem Weizenbier, das noch im Gärtank reift und vortrefflich zum langen heissen Sommer passt, der ihn beim Austüfteln des Rezepts begleitet hat.

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