Schauspieler Matthias Britschgi im Interview

Achtung, fertig, Britschgi

Shootingsstar des Schweizer Kinos: Der Luzerner Matthias Britschgi (28) (Bild: Tomas Dikk)

Der Luzerner Schauspieler Matthias Britschgi spielt die Hauptrolle in «Achtung, fertig, WK!». zentral+ verabredete sich mit dem 28-jährigen zum Skype-Interview, von Bildschirm zu Bildschirm, von Luzern nach Berlin. Ein Gespräch über das Mann-Werden, das beste Bier Luzerns, Lego-Werbespots und Antworten ohne Worte.

zentral+: Matthias Britschgi, am 24. Oktober kommt «Achtung, fertig, WK!» in die Schweizer Kinos. Das Medieninteresse an Ihrem dritten Kinofilm ist gross. Was war das Dümmste, das Sie in letzter Zeit über sich gelesen haben?

Matthias Britschgi: Es gibt immer wieder unpassende Schlagzeilen. Bei meinem ersten Film, dem Liebesdrama «Hard Stop» gab es sehr viele komische Medienberichte. Aufgrund einer Sexszene, die für ziemlich grossen Wirbel in den Medien sorgte, las ich in einer Zeitung den Titel: «Pornodarsteller Matthias Britschgi versucht sich als Schauspieler». Ich verstehe, dass man pointierte Titel setzen muss, damit ein Artikel gelesen wird. Aber als ich das las, fühlte ich mich schon etwas veräppelt.

zentral+: In Schauspieler-Interviews liest man stets wie viel Spass die Dreharbeiten gemacht haben und wie toll die Arbeit mit den anderen Schauspielern war. Mal ehrlich, wie ist es in Wirklichkeit?

Britschgi: Grundsätzlich trifft das schon zu. Gerade aber bei Filmarbeiten kann der Zeitdruck Spannungen auslösen. Ein Drehtag kostet viel Geld und die gesamte Filmcrew steht unter grosser Anspannung. Wenn dann etwas schief läuft, können die Nerven auch mal blank liegen. Ich habe bei früheren Filmen erlebt, dass schon mal eine Kamera zu Bruch gehen kann. Aber schliesslich sitzen alle im gleichen Boot und müssen miteinander klar kommen. Gerade unter den Schauspielern sollte eine gute Stimmung herrschen. Wenn nicht, dann wirkt sich das auf die Arbeit aus und der Film leidet darunter.

«Marco Rima ist einfach ein guter Mensch»

zentral+: Wie war das bei «Achtung, fertig, WK!»?

Britschgi: Bei diesen Arbeiten herrschte tatsächlich grosse Harmonie. Auch wenn wir unter sehr grossem Zeitdruck standen – der Film wurde innert 30 Tagen gedreht – hatten wir sehr viel Spass. Wenn beispielsweise Marco Rima schon frühmorgens Sprüche reisst, dass dir der Bauch vor Lachen wehtut, dann wirkt sich das auf das ganze Team aus.

zentral+: Wie war es mit Marco Rima zu drehen?

Britschgi: Was mich an Marco Rima am meisten fasziniert, ist seine natürliche Spontanität und Offenheit. Trotz seiner Erfolge hat er keine Allüren. Marco ist ein bodenständiger Typ, der alle zum Lachen bringen kann. Einfach ein guter Mensch.

zentral+: Was hat Ihre Filmfigur Alex Stüssi mit Ihnen gemeinsam?

Britschgi: Einiges. Wir sind beide an einem Punkt im Leben, wo man Verantwortung übernehmen muss. Zuvor lebten wir beide etwas in den Tag hinein und träumten vor uns her. Bei Alex Stüssi endete das aber mit der Schwangerschaft seiner Freundin…

zentral+: Wie bei Ihnen?

Britschgi: Nein! Aber mein Baby, wenn man das so sagen will, sind die Projekte, die ich machen durfte und noch machen darf. Dabei geht es auch darum, ein Mann zu werden. Das merke ich nur schon, bei meinen Rollenangeboten: Zuvor bekam ich eher die Rolle des Jungen. Mittlerweile werde ich aber für erwachsene Charaktere angefragt. Dieser Prozess ist gerade sehr spannender für mich, da ich nun auch mein Spiel verändern und anpassen muss.

«Wie viel ich verdiene interessiert doch niemanden»

zentral+: Der Vorgängerfilm, «Achtung, fertig, Charlie» ist bis heute der dritterfolgreichste Schweizer Film. Da muss doch auch eine ordentliche Gage für Sie drin gelegen haben. Wie viel haben Sie bei diesem Film verdient?

Britschgi: Das interessiert doch niemanden.

zentral+: Da wäre ich mir nicht so sicher…

Britschgi: Ach, Geld… Schauen Sie, ich trage keine Uhr, mein Pullover ist von H&M, in meiner Wohnung habe ich kein Internet. Sagen wir es so: Meine Gagen reichen zum Leben.

zentral+: Vor eineinhalb Jahren sind Sie von Luzern nach Berlin gezogen. Was vermissen Sie am meisten?

Britschgi: Die Möglichkeit im See zu baden. In Berlin muss man zuerst 40 Minuten mit der U-Bahn aus der Stadt fahren, bis man an einen geeigneten Ort zum Baden gelangt. Das hat mich den ganzen Sommer über gestresst.

zentral+: Welchen Ort würden Sie einem Luzern-Besucher auf jeden Fall zeigen wollen?

Britschgi: Als erstes gehe ich mit Besuchern in die Rathausbrauerei, weil dort das beste Bier gebraut wird. Danach gehts in die wunderschöne Luzerner Altstadt. Die alten Häuser und engen Gassen versprühen einen einzigartigen Charme, den man einfach erleben muss. Zudem ist bei schönem Wetter ein Besuch am See, in der Ufschötti oder in Horw, Pflicht.

zentral+: Wären Sie nicht prädestiniert für eine Rolle in einem «Luzerner Tatort»?

Britschgi: Ja, klar. Für mich als Luzerner wäre das eine Ehre. Tatsächlich wurde ich auch schon angefragt, aber da hatte ich gerade ein Engagement an einem Theater in Italien. Aber ich kann es mir sehr gut vorstellen in einem künftigen Tatort mitzuspielen.

«Ich bin die Schweizer Stimme von Lego Star Wars»

zentral+: Hatten Sie einen Plan B, falls das mit der Schauspielerei nicht hinhaut?

Britschgi: Ja, ich wollte Lehrer werden. Als Snowboard-Lehrer habe ich gemerkt, dass ich sehr gerne mit Kindern arbeite. Deshalb habe ich ein Studium an der Pädagogischen Hochschule Luzern begonnen. Dabei hatte ich jedoch bereits die Schauspielerei im Hinterkopf. Die Ausbildung sollte mir die nötige Rückendeckung geben, um mich als Schauspieler zu versuchen.

Zur Person:

Matthias Britschgi wurde am 7. August 1985 in Luzern geboren. Seit eineinhalb Jahren lebt er in Berlin. Zuhause ist der 28-Jährige jedoch auf den Theaterbühnen in ganz Europa. Zudem spielte Britschgi bisher in drei Kinofilmen mit. Im 3D Horrorfilm «One Way Trip» ist er neben Melanie Winiger zu sehen, in der Low-Budget-Produktion «Hard Stop» hatte er seine erste Hauptrolle und mit «Achtung, fertig, WK!», der am 24. Oktober in den Schweizer Kinos startet, spielt er seine erste grosse Filmrolle. 

zentral+: Aber Sie haben die Lehrer-Ausbildung wieder abgebrochen…

Britschgi: Ja, weil ich gemerkt habe, wenn ich zweigleisig fahre, bleibt das schauspielern ein Hobby. Wenn man sich in diesem Geschäft durchsetzen will, muss man sich zu 100 Prozent darauf fokussieren. Dennoch braucht man – vor allem am Anfang – ein zweites Standbein, von dem man leben kann. Bei mir ist das die Synchronisation von Fernsehwerbungen.

zentral+: Ach, in welchem Werbespot sind Sie denn zu hören?

Britschgi: Zurzeit bin ich die Schweizer Stimme für die Spots von Lego Star Wars.

zentral+: Wer war bisher Ihr bester Film- oder Theaterpartner?

Britschgi: Da gibt es zwei. In meinem allerersten Theaterstück als professioneller Schauspieler spielte ich in Solothurn neben Mario Gremlich in Oscar Wildes «The Importance of Being Earnest». Gremlich hatte die Rolle meiner Mutter im Stück. Es war sehr beeindruckend zu sehen, wie er der Figur Leben eingehaucht hat und wie er sich voll in die Rolle einer Frau hineinversetzen konnte.

zentral+: Und als zweites?

Britschgi: Das war die 83-jährige österreichische Schauspielerin Julia Gschnitzer. Mit ihr spielte ich im Südtirol das Theaterstück «Harold und Maude». Die Energie, die Impulsivität und Fitness dieser Frau haben mich schlicht umgehauen.

zentral+: Haben Sie einen Leinwandhelden?

Britschgi: Die Filme mit dem dänischen Schauspieler Mads Mikkelsen mag ich sehr gerne. Allgemein faszinieren mich skandinavische Produktionen. Die Kombination einer meist kalten Atmosphäre, mit Charme und einer gewissen Bitterkeit finde ich sehr schön.

zentral+: Bei welchen Schauspielern schalten Sie um?

Britschgi: Da gibt es den einen mit der Pudelfrisur und der Porno-Sonnenbrille.

zentral+: Atze Schröder?

Britschgi: Ja genau. Den muss ich nicht sehen.

zentral+: Haben Sie einen Geheimtipp, wie man Texte auswendig lernen kann?

Britschgi: Ich teile meine Texte in Sinnblöcke ein, die ich auswendig lerne. Dabei lese ich den Abschnitt immer laut vor und bewege mich im Raum auf und ab, bis er sitzt. Dann hänge ich den nächsten Block an, beginne aber immer wieder von vorne, bis ich schliesslich den ganzen Text auswendig sprechen kann. Zum Abschluss schaue ich Fern, höre Musik oder gehe Joggen. Wenn ich den Text auch unter Ablenkung abrufen kann, dann bin ich bereit.

«Im wahren Leben schauspielern wir doch alle»

zentral+: Schauspielern Sie auch manchmal im wahren Leben?

Britschgi: Das machen wir doch alle. Wenn man zum Beispiel neue Menschen kennenlernt, zeigt man sich ja gerne von seiner Schokoladenseite. Das ist bei mir nicht anders, wie bei allen anderen auch. Einem Schauspieler fällt das vielleicht etwas einfacher.

zentral+: Stichwort roter Teppich. Geniessen Sie solche Auftritte oder ist es eine Qual?

Britschgi: Das erste Mal, bei der Premiere von «One Way Trip», war sehr unangenehm. Ich wusste nicht was ich machen, wo ich stehen oder wie ich die Fragen der Journalisten beantworten sollte. Das war eine Qual. Mittlerweile kenne ich die Abläufe aber und kann solche Auftritte geniessen.

zentral+: Sie sind nach Berlin gegangen, um sich weiterzuentwickeln. Ist das nicht gleichzeitig auch eine Absage an den Schauspiel-Standort Schweiz?

Britschgi: Jein. Eine Absage an die Schweiz ist es sicher nicht. Ich bin sehr froh um jedes Angebot, das aus der Schweiz kommt. Schliesslich bin ich gerne in meiner Heimat und arbeite auch gerne für Schweizer Produktionen, sei es im Film oder im Theater. Ab November werde ich übrigens in einem Theaterstück in Solothurn zu sehen sein. Der Hauptgrund, weshalb ich nach Berlin ging, ist das unglaublich vielfältige kulturelle Angebot. Und davon will ich profitieren. Ein weiterer Vorteil an Berlin beziehungsweise an Deutschland ist, dass es Schauspielagenturen gibt. In der Schweiz sucht man die vergebens, da sie, so viel ich weiss, als Menschenhandel gelten. Letztlich profitiere ich natürlich auch von der Sprache. Für einen Schweizer Schauspieler ist einwandfreies Hochdeutsch ein Muss.

zentral+: Berlin ist auch etwas Daily-Soap-Hauptstadt: Schon mal an eine Bewerbung bei «Gute Zeiten, Schlechte Zeiten» gedacht?

Britschgi: Nein, das ist nicht meine Welt. Ich habe aber grössten Respekt für die Schauspieler, die täglich neue Folgen drehen. Das ist ganz harte Arbeit. Aber für mich ist das nichts, irgendwann würde ich mich langweilen. Wie gesagt, ich liebe die Abwechslung und Vielseitigkeit meines Berufs. Eine Gastrolle für eine bestimmte Zeit könnte ich mir zwar noch vorstellen, aber danach muss ich wieder etwas anderes machen.

zentral+: Weshalb haben Schweizer Filme – mit ein paar wenigen Ausnahmen – einen eher bescheidenen Ruf?

Britschgi: Das verstehe ich auch nicht. Wenn man über Schweizer Filme spricht, hört man oft Floskeln wie «nicht schlecht für einen Schweizer Film» oder «den Film kenn ich nicht. Ist sicher ein Schweizer Film». Dabei werden in der Schweiz sehr wenige Filme gedreht und man bekommt es halt mit, wenn wieder ein neuer Streifen rauskommt. Gleichzeitig sind die Anforderungen des Publikums enorm hoch. Dabei gibt es doch so viele gute Schweizer Filme.

zentral+: Zum Beispiel?

Britschgi: «Die Schweizermacher» ist doch ein toller Film. Oder «Tannöd», «Sennentuntschi», «Jimmie» oder auch «Verdingbub», um nur einige weitere gute Schweizer Produktion zu nennen.

zentral+: Welches sind die besten Schweizer Schauspieler?

Britschgi: Andrea Zogg ist ein genialer Schauspieler. Seine urchige, bündnerische Art ist einmalig. Auch in der Generation der jungen Schauspieler gibt es sehr vielversprechende Talente: Aaron Hitz beispielsweise ist ein unheimlich wandelbarer Schauspieler.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Daniel Huber
    Daniel Huber, 28.09.2013, 09:55 Uhr

    Lustige Umsetzung. Ich fürchte nur, dass der Film damit auch nicht unbedingt besser wird…

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