Nach dem Kahlschlag beim Pharmaunternehmen Takeda

500 Jobs weg – für die Angestellten könnte es in Zug trotzdem weitergehen

Noch steht auch Shire angeschrieben am Zählerweg – doch nicht mehr lange.

(Bild: sib)

Im Kanton Zug fallen auf einen Schlag 500 Arbeitsplätze weg, da das Pharmaunternehmen Takeda seinen hiesigen Standort aufgibt. Die Volkswirtschaftsdirektorin macht Hoffnung, dass es für Betroffene trotzdem eine Zukunft in Zug geben könnte. Diese geben sich derweil wortkarg.

Im November 2013 gab das irische Pharmaunternehmen Shire bekannt, seinen Schweizer Standort von Eysins bei Nyon nach Zug zu verlegen. Die damalige Begründung von CEO Flemming Ørnskov: Die Flugverbindungen nach Boston und Philadelphia, wo das Unternehmen Standorte unterhält, seien näher. Und: Das Gebiet um Zug und Zürich biete bessere Möglichkeiten, wenn es darum gehe, neue Mitarbeiter zu finden.

Seither ist viel passiert. Im vergangenen Jahr wurde Shire durch den japanischen Pharmakonzern Takeda aufgekauft – für 62 Milliarden Dollar. Das japanische Unternehmen hat sich dadurch stark verschuldet.

Reden will niemand

Nun will man die Organisation «vereinfachen und verschlanken». Die Lösung: Der Zuger Standort vis-à-vis der Siemens wird auf Ende Jahr hin aufgelöst und mit demjenigen im zürcherischen Opfikon zusammengeführt (zentralplus berichtete). Davon betroffen sind rund 500 Angestellte, womit Takeda zu den grösseren Arbeitgebern im Kanton Zug gehört, respektive bald gehört hat.

«Da kann ich gar nichts zu sagen.»

Takeda-Mitarbeiter am Standort Zug

Ein Augenschein vor Ort am Zählerweg in Zug – Takeda ist dort gleich in mehreren Gebäuden einquartiert – zeigt: Die Betroffenen geben sich, auf die Sitzverlegung angesprochen, äusserst zugeknöpft. Reden möchte niemand. Man erntet einzig Sätze wie «da kann ich gar nichts zu sagen» oder «no comment». Andere laufen gleich weiter, wenn man sich erkundigt, wie es um die Atmosphäre innerhalb der Takeda steht. Egal ob Schweizerin oder Expat.

Hat hier jemand die Argumente kopiert?

Interessant ist: Die offiziellen Argumente von Takeda-Seite, weshalb man sich von Zug wieder verabschiedet, klingen ähnlich wie 2013, als man der Westschweiz den Rücken gekehrt hatte. Opfikon sei näher beim Flughafen. Zudem wird mit dem dortigen Lifescience-Cluster argumentiert. Obwohl dieser Zweig auch in Zug ziemlich ausgeprägt ist mit Firmen wie Johnson & Johnson (zentralplus berichtete).

Bereits bei der Ansiedlung von Shire in Zug wurde von der «Financial Times» ins Feld geführt, der Kanton sei von vielen Pharmaunternehmen der Ort der Wahl, wenn es um den europäischen Standort geht. Dies resultiere in einem grossen «Pool» von potenziellen Mitarbeitern. Hinzu käme die tiefe Steuerbelastung. Alles nur vorgeschobene Argumente also?

«Das Amt für Wirtschaft und Arbeit wurde vor rund zehn Tagen über den Grundsatzentscheid und ohne weitere Details informiert.»

Silvia Thalmann-Gut, Zuger Volkswirtschaftsdirektorin

Ein Takeda-Manager, der bereits weiss, dass er nicht weiterbeschäftigt wird, hat gegenüber der «NZZ» einen Verdacht geäussert, der in eine andere Richtung zielt. Aufgrund der Verschuldung Takedas durch den Kauf von Shire müssten unbedingt die Personalkosten gedrückt werden. Mit den Vorwürfen konfrontiert, war von Takeda selbst innert nützlicher Frist niemand für eine Stellungnahme erreichbar.

Amt wurde vor vollendete Tatsachen gestellt

Aus Sicht der Zuger Volkswirtschaftsdirektorin Silvia Thalmann-Gut (CVP) und des zuständigen Amtes für Wirtschaft und Arbeit kam der Takeda-Entscheid eher überraschend. Denn: Zwar sei man mit Takeda regelmässig in Kontakt gestanden, gerade auch was die Übernahme von Shire anbelangt.

Klar war, dass es Veränderungen geben würde. Was jedoch den Entscheid anbelangt, Zug zu verlassen, «waren wir nicht involviert», so Thalmann-Gut. Sie sagt: «Das Amt für Wirtschaft und Arbeit wurde vor rund zehn Tagen über den Grundsatzentscheid und ohne weitere Details informiert», erklärt sie gegenüber zentralpus.

«Es handelt sich um Arbeitsplätze mit guter bis sehr guter Qualifikation.»

Silvia Thalmann-Gut

Mangelhafte Kommunikation wirft sie dem japanischen Unternehmen mit dem Franzosen Christophe Weber an der Spitze jedoch nicht vor. «Es gilt, die teils gesetzlich vorgegebenen Interessen verschiedener Anspruchsgruppen zu wahren», so die 57-Jährige diplomatisch. Zudem habe Takeda den Kontakt mit dem Kanton seit Bekanntwerden des Entscheids aufrechterhalten.

In Zukunft ist Pendeln angesagt

Bei den betroffenen Arbeitsplätzen handelt es sich um Funktionen eines regionalen Hauptquartiers, sprich Jobs in den Bereichen Management, Finanzen, Lizenzen oder Marktbearbeitung, wie Thalmann-Gut erklärt. Sie sagt denn auch: «Wir bedauern den Wegzug der bisherigen Firma Shire sehr. Es handelt sich um Arbeitsplätze mit guter bis sehr guter Qualifikation.»

Takeda teilt sich manche der Gebäude mit Firmen wie Swiss Life oder Amgen.

Takeda teilt sich manche der Gebäude mit Firmen wie Swiss Life oder Amgen.

(Bild: sib)

Andererseits sei sie auch froh darüber, dass Takeda den EU-Hauptsitz in der Schweiz und gar in der Region («Greater Zurich Area») behält. «Betroffene Mitarbeiter, welche den Arbeitsort nach Zürich wechseln müssen, können dies tun, ohne privat umziehen zu müssen», gibt die neue Volkswirtschaftsdirektorin zu bedenken.

Es rumorte schon länger

«Darüber hinaus haben wir die gute Hoffnung, welche wir aus der Vergangenheit schöpfen. Dass die vielen im Wirtschaftsstandort Zug ansässigen Pharmafirmen mögliche betroffene Arbeitnehmer aufnehmen werden», spricht sie einen möglichen Cluster-Effekt an.

Nicht so überraschend wie für die Regierung dürfte der Entscheid für die Betroffenen selbst gewesen sein. So schrieb bereits vor knapp einem Jahr ein ehemaliger Shire-Mitarbeiter am Standort Zug auf der Unternehmensbewertungs-Plattform «Kununu», die Firma sei in ständigem und schnellem Wandel begriffen. Dies resultiere in grosser Ungewissheit. Ungewissheit, die nun zu Gewissheit wurde.

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