«Tramhüsli»-Rettung

300’000 Franken kostet die Verschiebung des Kleinods

Der «Ur-Emmer» Hans Schmid, Inhaber der Baufirma Schmid Gruppe, verbindet viele Kindheitserinnerungen mit dem «Tramhüsli». (Bild: mbe.)

Emmen will das «Tramhüsli» am Centralplatz in ein Begegnungszentrum für die Bevölkerung verwandeln. Doch dafür muss es zuerst vor dem Abriss gerettet werden. Die geplante Verschiebung des Gebäudes soll mit Spenden finanziert werden.

Der Bauboom rund um den Seetalplatz nimmt keine Rücksicht auf nostalgische Gefühle. Weil der Kanton im Juni 2015 die Gerliswilerstrasse verbreitert, soll ein historisches Gebäude dem Baggerzahn zum Opfer fallen. Das 1920 von der Viscose Emmenbrücke erbaute «Tramhüsli» ist einer der letzten Zeitzeugen der einstigen Trambahn.

Der Einwohnerrat hat dem Gemeinderat Emmen im letzten Mai aufgrund eines dringenden Vorstosses von Benedikt Schneider (CVP) den Auftrag erteilt, sich für den Erhalt des Gebäudes stark zu machen. Bereits damals machte die Exekutive klar, dass sie die Rettung nicht aus Gemeindemitteln finanzieren kann.

Verschiebung des Gebäudes

Seither ist eine Interessengruppe gegründet und Geld gesammelt wurden. Vor allem lokale Firmen und einige Gönner unterstützen das Vorhaben bisher. Geplant ist eine Verschiebung des Gebäudes um vier bis fünf Meter Meter nach hinten. Dadurch würde es den Strassenarbeiten nicht mehr im Wege stehen.

Eingang zur «Viscosi-Stadt»

Das ehemalige Tramhäuschen soll als historisches Denkmal eine Verbindung zwischen der industriellen Vergangenheit Emmens und der Zukunft schaffen und den Eingang zur neuen «Viscosi-Stadt» markieren. Im Viscosi-Areal entsteht ein Zentrum für die Kreativwirtschaft. Die Grundlage bildet der beschlossene Umzug der Hochschule Luzern Kunst & Design nach Emmen. Geplant ist ein Neubau für die Schule sowie ein Park. Ab 2016 werden die ersten Studierenden und Dozierenden der Hochschule im Viscosi-Areal einziehen, lernen und arbeiten. Im «Tramhüsli» sollen dann Ausstellungen und Veranstaltungen stattfinden.

An den heutigen Dreiköniggesprächen informierte der Emmer Gemeinderat über den Stand der Dinge. «Anders als Luzern haben wir keine historischen Zeitzeugen wie den Wasserturm oder die Museggmauer. Deshalb wollen wir das Häuschen als Zeitzeugen unbedingt erhalten», sagt Josef Schmidli, Direktor Bau und Umwelt. Die Verschiebung kostet gemäss Kostenschätzung rund 300’000 Franken. Gemäss Schmidli sind rund zwei Drittel des Geldes bereits beisammen. Darin inbegriffen sei auch ein Beitrag der Gemeinde von zirka 90’000 Franken an die Nutzung des Häuschens als neuer Bus-Unterstand. Für den Rest ist heute eine Sammelaktion zur Rettung des Tramhüsli lanciert worden.

Sammelfrist bis Ende Februar

Die Sammelfrist läuft bis Ende Februar. Dann fällt der definitive Entscheid – Rettung oder Abriss. Ist die Verschiebung erst einmal finanziell gesichert, will man weiteres Geld für die Renovation und Neugestaltung sammeln. Die Gesamtkosten werden auf 550’000 Franken geschätzt. Geplant ist ein Begegnungszentrum für die Bevölkerung. Das «Tramhüsli» soll weiterhin als Haltestelle des öffentlichen Verkehrs genutzt werden, und für Unternehmen, Institutionen, die Hochschule Luzern Kunst & Design, Vereine und Interessengruppe neue Nutzungsmöglichkeiten bieten. Eine geplante Stiftung, die das Gebäude übernehmen würde, soll für Betrieb und Unterhalt sorgen. Direkt hinter dem Häuschen ist ein Park geplant. Er gehört zum Neubau für die Kunsthochschule, die ins Viscosi-Areal nach Emmen ziehen wird. «Denkbar wäre auf dieser Seite des Häuschens zum Beispiel ein Gastronomiebetrieb», sagt Josef Schmidli.

Um die Emmer spendenfreudig zu stimmen, hat man sich einiges einfallen lassen: So wurde ein Kurzfilm mit einem roten Riesen kreiert, der das «Tramhüsli» verschiebt. Das Sujet findet sich auch auf einem Kuchen wieder, den die Bäckerei Bucher verkauft (siehe Bildergalerie unten). Zudem ist das Tramhäuschen diese Tage «verpackt» worden, und die Aktion hat eine eigene Webseite.

Emotionale Familiengeschichte

Das «Tramhüsli» habe einen emotionalen Wert für die Emmer Bevölkerung, hiess es an der Infoveranstaltung. Es stehe für den Aufbruch Emmens in den letzten 100 Jahren. Für den Spender Hans Schmid, der sich als «stolzer Ur-Emmer» bezeichnete, hat das Häuschen einen starken Familienbezug. Er hat einen namhaften Beitrag gespendet, will die Höhe seiner Spende aber nicht veröffentlichen. Der 74-jährige Schmid ist Inhaber und Verwaltungsratspräsident der Baufirma «Schmid Gruppe» mit Sitz in Buchrain und wohnt in Hergwil.

«Nicht nur motzen, sondern etwas tun»

Angefangen hat er aber ganz klein als Maurer in Emmen, wie er eindrücklich schilderte. Seine Mutter, bekannt als «Mammä Schmid», führte von 1956 bis 1976 den Kiosk im «Tramhüsli» und ernährte damit ihre ganze Familie. Der kranke Vater half mit, ebenso die Kinder. Kunden waren neben den Einheimischen die Tausenden von Arbeiter, die früher für die Textilindustrie in Emmen arbeiteten. «Früher wurde noch viel mehr Rauchzeug verkauft als heute», erinnert sich Schmid an jene Zeit. Er selbst habe jeden Samstag den Platz rund um das Häuschen mit dem Besen geputzt. Die WC-Reinigung habe dann glücklicherweise die Gemeinde Emmen übernommen. Auch heute verbindet er immer noch viele Emotionen mit dem Ort: «Als ich hörte, dass für die Verschiebung des Tramhäuschens Spender gesucht werden, habe ich mich gemeldet», sagt Hans Schmid. «Man sollte nicht immer nur motzen, sondern etwas tun.»

Jetzt seien grosse und kleine Spenden gesucht, appellierte Gemeinderat Josef Schmidli an die Spendenfreudigkeit der Bevölkerung. «Wenn es nicht klappt, ist der Abriss im Juni 2015 beschlossene Sache.» Andernfalls soll ab Herbst dieses Jahres die Instandstellung des heute geschlossenen Gebäudes beginnen.

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