Premiere in Luzern

3’000 Bravehearts küren den Meister

So siehts aus, wenn Claudio Lussi im Einsatz ist. (Bild: zVg)

Sie werfen Baumstämme, schleppen Gewichte und tragen einen Kilt. In Luzern wird die Allmend bald von 3’000 Schottenfans bevölkert: Die ersten Zentralschweizer Highlandgames stehen bevor.

Auf einem Hof in Emmen passiert Merkwürdiges. Baumstämme fliegen durch die Luft. Schwere Eisengewichte werden umhergeschleudert. Männer tragen Röcke. Für Florian Wey (26) und Claudio Lussi (29) ist das aber ganz normal. Beide bereiten sich derzeit intensiv auf die bevorstehenden ersten Zentralschweizer Highlandgames vom 12. und 13. September vor (siehe Kasten). Dann werden sich auf der Luzerner Allmend gegen 3’000 Schottenfans versammeln, um gemeinsam herauszufinden, wer der Stärkste und der Schnellste von ihnen ist.

Claudio Lussi (links) und Florian Wey in ihrem «Trainings-Stall» in Emmen.

Claudio Lussi (links) und Florian Wey in ihrem «Trainings-Stall» in Emmen.

(Bild: Andreas Bättig)

Die Highlandgames-Szene in der Schweiz ist noch jung. Einen offiziellen Verband gibt es erst seit zwei Jahren. Die ersten Games erst seit gut zehn Jahren. «Damals waren sie mehr eine Bauernolympiade», sagt Ok-Präsident Lussi. Auch an Mittelalterspektakel-Treffen wurden vereinzelt Highlandgames veranstaltet. Eines der grössten von ihnen findet noch immer mit jährlich 15’000 Besuchern in Fehraltdorf statt.

133 Kilo-Stein geschleppt

Lussi selber kam das erste Mal in St. Ursen, damals die Highlandgames-Schweizermeisterschaft, in Berührung. Weil sein Schwiegervater ein grosser Schottlandfan ist, begleitete ihn Lussi dorthin. Aus Spass und Neugier meldete er sich bei einem Zuschauerwettbewerb an: Dem Schleppen eines 133 Kilogramm schweren Steines. «Die meisten konnten ihn etwa fünf bis zehn Meter weit tragen», erinnert sich Lussi. Doch der kräftige Luzerner beeindruckte alle. 50 Meter weit schleppte er den Stein – weit aus der Arena hinaus. «Die Leute flippten aus», sagt er. Seitdem hat ihn das Highlandgames-Virus gepackt. Sein bestes Resultat ist ein dritter Platz an der Schweizermeisterschaft im Jahr 2014.

«Von Jahr zu Jahr wurden wir strenger und disziplinierter.»

Florian Wey vom Middlelander Clan Houly

Auch Wey kam indirekt über die Mittelalter-Szene zu den Highlandgames – daneben hatte ihn der Film «Braveheart», in dem Mel Gibson den schottischen Helden William Wallace spielt, als Jugendlicher schwer beeindruckt. «Anfangs machten wir nur ein bisschen zum Plausch bei den Wettkämpfen mit. Doch von Jahr zu Jahr wurden wir strenger und disziplinierter.» Bald darauf gründeten Wey und seine Freunde ihren eigenen Clan, den «Middlelander Clan Houly». Ganz nach schottischem Vorbild gibt es auch in der Schweiz unterschiedliche, sich rivalisierende Clans, die an den Spielen gegeneinander antreten. Auch Lussi ist in einem. «Claymore Clan», heisst dieser. «Wir hoffen, dass sich durch die Spiele in der ganzen Schweiz neue Clans bilden werden», sagt Wey.

Florian Wey übt sich im Beil werfen.

Florian Wey übt sich im Beil werfen.

(Bild: Andreas Bättig)

Schottland – die zweite Heimat

International gehören die Schweizer Clans nicht zur Weltspitze. «Die Kanadier und Amerikaner mit schottischen Wurzeln sind sehr stark», sagt Lussi. Natürlich zählen auch die Schotten selber zu den Favoriten. In Luzern werden vorwiegend Schweizer gegeneinander antreten. Einer der Topfavoriten ist jedoch ein Deutscher: Andreas Deuschle, ehemaliger Profi-Kugelstosser. Deuschle sei prädestiniert für den Highlandsport. Dort spielt nämlich neben der Kraft insbesondere auch die Technik eine grosse Rolle. Wey und Lussi trainieren deshalb beides. Sie bauen Muskeln und Kraft im Fitnessstudio auf, müssen aber die einzelnen Disziplinen wie Baumwerfen oder Steinstossen draussen üben. «Da braucht man Platz. Es ist nicht immer einfach, eine Trainingslocation zu finden», sagt Lussi. Drei bis vier Trainingseinheiten absolvieren die beiden in der Woche. Für die Kondition geht Lussi auch noch ins Boxtraining.

Sie wollen ein Highlander werden? In diesem Video sehen Sie, wie’s geht:

«Bei einigen Disziplinen lupft es den Rock. Deshalb tragen die Athleten meistens Radlerhosen drunter.»

Claudio Lussi vom Claymore Clan

Neben dem ganzen Schweiss geniessen die beiden aber auch die erholsameren Momente ihrer Schottlandbegeisterung. «Für mich ist Schottland zur zweiten Heimat geworden», sagt Wey. Die Gegend mit ihrer grünen Landschaft habe viele Gemeinsamkeiten mit der Schweiz. «Hier kannst du richtig abschalten. Schottland ist mit seinen Hügeln, den Mooren richtig mystisch», ergänzt Lussi, der in Schottland seinen Kilt für 500 Franken kaufte. Diesen wird er auch an den Highlandgames in Luzern tragen – wie alle Sportler. Und wer sich jetzt fragt, ob die Mannen dann auf der Allmend wie eigentlich üblich nackt unter dem Schottenrock sein werden, dem verrät der Oberstufenlehrer Lussi: «Bei einigen Disziplinen lupft es den Rock. Deshalb tragen die Athleten meistens Radlerhosen drunter.» Wie es ausserhalb des Wettkampfs aussieht, möchte er an dieser Stelle nicht verraten.

So siehts aus, wenn Claudio Lussi im Einsatz ist.

So siehts aus, wenn Claudio Lussi im Einsatz ist.

(Bild: zVg)

Hinweis:

Am 12. und 13. September finden auf der Luzerner Allmend die Highlandgames Luzern statt. Neben den Wettkämpfen gibt es ein Mittelaltermarkt, Auftritte von Pipebands, Konzerte von regionalen Bands und eine Whisky-Lounge. Weitere Informationen finden sich unter www.hglu.ch.

Keltische Tradition aus dem 10. Jahrhundert

Die ersten Highlandgames fanden in Schottland bereits im zehnten Jahrhundert statt. Ihr Ursprung liegt in der keltischen Tradition. Damals versammelten sich die schottischen Clans an so genannten «Gathering». Dort sollten mit Hilfe der Spiele die Stärksten und die Schnellsten des Clans auserkoren werden. Die Stärksten wurden zu Kriegern, die Schnellsten zu Botenläufern.

Von A-Heavys und B-Heavys

Bei den Highlandgames unterscheidet man zwei Kategorien: Die A- und B-Heavys. Die A-Heavys hantieren mit den schwereren Gewichten.

Putting the stone

Klassisches Steinewerfen. Ein Stein muss so weit wie nur möglich geworfen werden. Sowohl bei den A-Heavys als auch bei den B-Heavys ist der Stein 7,25 Kilogramm schwer.

Weight for distance

Bei dieser Disziplin muss eine Metallkugel, die an einer Kette befestigt ist, möglichst weit geworfen werden. Bei den A-Heavys ist das Gewicht 25,4 Kilogramm schwer, bei den B-Heavys 12,7 Kilogramm.

Weight for height

Ein Gewicht, das ein bisschen wie eine Kettlebell aussieht, muss möglichst hoch geworfen werden. Die A-Heavys hantieren mit einem 25,4 Kilogramm schweren Gewicht, die B-Heavys mit einem 19 Kilogramm schweren.

Scottish hammer

Ähnlich wie beim Hammerwurf in der Leichtathletik wird der schottische Hammer mit einer Drehbewegung geworfen. Der Hammer besteht aus seiner Metallkugel, die an einem langen Holzstab befestigt ist. Die A-Heavys werfen einen 10 Kilogramm schweren, die B-Heavys einen 7,5 Kilogramm schweren Hammer.

Caber toss

Die wohl bekannteste Disziplin der Highlandgames: Das Baumstammwerfen. Der Baumstamm muss dabei sich mindestens einmal überschlagen. Ziel ist, dass er danach möglichst grade auf dem Boden liegt. Bei den A-Heavys ist der Baumstamm 50 – 55 Kilogramm schwer und 5,5 Meter lang. Bei den B-Heavys 45 Kilogramm schwer und 4,5 Meter lang.

Gruppenwettkämpfe

Neben den Einzelwettkämpfen finden auch Gruppenwettkämpfe der einzelnen Clans statt. Hier gibt es unter anderem Disziplinen wie Bierkistenstabeln, Seilziehen, Bogenschiessen oder Axtwerfen zu meistern.

Mehr muskulöse Bilder vom Training der beiden Luzerner sehen Sie hier:

 

 

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