Nach versuchter schwerer Körperverletzung

20-jähriger Eritreer vor Zuger Obergericht: «Habe dem Alkohol abgeschworen»

Das Zuger Obergericht folgte nur in Teilen dem Urteil der Voristanz. (Bild: mbe)

Angefangen hat es mit einem simplen Streit an einer Party in Cham. Geendet hat es mit zwei üblen Platzwunden. Den Schuldspruch des Strafgerichts wollte der 20-jährige Angeklagte nicht akzeptieren. Er habe das Opfer einzig mit einer Glasflasche geschlagen. Der Fall fand nun am Obergericht seine Fortsetzung.

Obwohl das Thermometer am Montag auf rund 30 Grad stieg, erschien der Angeklagte mit Jacke im Gerichtssaal. Vielleicht war dem 20-Jährigen auch nicht aufgrund des Wetters kalt, sondern wegen seiner Aussichten vor dem Zuger Obergericht, wo das Beschwerdeverfahren behandelt wurde.

Denn die Beschwerde betraf einzig den Tatbestand des Raufhandels, von welchem sein Verteidiger einen Freispruch forderte. Der Vorwurf der versuchten schweren Körperverletzung blieb unangetastet.

Mit der Bierflasche zugeschlagen

Letzterer Vorwurf rührt daher, dass der gebürtige Eritreer am 2. Dezember 2017 an einer Party in Cham einem Landsmann nach vorausgehendem Streit auf der Tanzfläche in der Toilette mit einer Bierflasche gegen die Stirn schlug. «Im Affekt», wie der Angeklagte vor dem Strafgericht aussagte. Das Resultat: eine vier Zentimeter lange Rissquetschwunde (zentralplus berichtete). Diese Tat gestand er sowohl vor dem Straf- als auch nun vor dem Obergericht.

«Das Opfer setzte sich auf mich und schlug mich.»

Angeklagter

Nachdem der Angeklagte von Sicherheitskräften an besagtem Abend nach draussen manövriert worden war, traf er dort erneut auf das Opfer. Was anschliessend passierte, ist bis heute unklar.

Aus Eisen wird Holz

Einst war die Rede davon, der Angeklagte habe mit weiteren Leuten das Opfer mit einer Eisenstange traktiert. Später wurde aus der Eisenstange ein Ast. Am Obergericht erzählte der Angeklagte die Situation folgendermassen: «Ich habe das Opfer nicht mit einem Holzscheit geschlagen. Vielmehr setzte er sich auf mich und schlug mich.» Ausserdem sei er selbst alleine gewesen, das Opfer habe hingegen noch jemanden bei sich gehabt. Die Geschehnisse draussen taxierte die Vorinstanz als Raufhandel.

Gerade weil unklar ist, was draussen vor sich ging, pochte die Verteidigung auf einem Freispruch bezüglich Raufhandels. Es sei einzig klar, dass Angeklagter und Opfer aufeinander losgingen und das Opfer den Täter überwältigt habe. Dass das Opfer im Anschluss nochmals attackiert wurde – ob vom Angeklagten oder jemand anderem – und sich dabei eine zweite Rissquetschwunde am Hinterkopf zuzog, sei davon losgelöst zu betrachten.

«Klar, es handelt sich nicht um einen Härtefall.»

Anwalt des Angeklagten

Der Anwalt fasste zusammen: zwei beteiligte Personen, dazu jeweils nur ein Schlag. Nur dies sei gesichert und entspreche nicht der Definition eines Raufhandels. «Ausserdem muss strafmildernd berücksichtigt werden, dass mein Mandant geständig ist», ergänzte er. Die Forderung deswegen: Nur 18 statt 27 Monate Freiheitsstrafe, wie das Strafgericht entschieden hatte. Zudem soll der Landesverweis von sieben auf das gesetzliche Minimum von fünf Jahren reduziert werden.

Einigkeit bezüglich Härtefall

Der Staatsanwalt auf der anderen Seite sprach von einem «guten, angemessenen Urteil» von Seiten des Strafgerichts, welches er gerne bestätigt sähe. Die Berufung sei deshalb abzuweisen.

Er ging im Vorfeld davon aus, dass die Verteidigung sich gänzlich gegen einen Landesverweis aussprechen würde. Deshalb sein Votum: «Es handelt sich hierbei ganz bestimmt nicht um einen Härtefall. Der Angeklagte gab unter anderem selbst zu, vor allem mit Landsmännern zu verkehren und schloss vor dem Strafgericht nicht aus, irgendwann einmal nach Eritrea zurückzukehren.»

Der Verteidiger stimmte dem sogar zu. «Klar, es handelt sich nicht um einen Härtefall», so seine trockene Antwort.

Schulen haben aktuell Vorrang

Nach eigenen Angaben besuchte der junge Mann seit der Haftentlassung parallel eine Sprachschule sowie ein Brückenangebot, wo er in verschiedene Berufe reinschnuppern konnte. Dieses dauert noch ein weiteres Jahr, anschliessend wolle er sich eine Arbeitsstelle suchen, um auf eigenen Beinen zu stehen.

Der Angeklagte wechselte in der Zwischenzeit innerhalb von Zug die Asylunterkunft. «Mit meiner Familie in Eritrea telefoniere ich etwa einmal im Monat», ergänzte er. In die Schweiz kam er 2015, seither habe er das Land nie verlassen.

Der Alkohol als Ursache des Übels?

Was die drei Oberrichter allerdings viel hellhöriger werden liess, war die Aussage des Angeklagten, er habe dem Alkohol gänzlich abgeschworen. Denn dieser brachte ihn schon früher in Teufels Küche, als er im November 2016 in Cham betrunken in eine Schlägerei verwickelt war. Das Resultat: Ein Eintrag in den Vorstrafenregister wegen Raufhandels. Auch vor den Missetaten, wegen derer er nun vor Gericht stand, hatte er ordentlich Bier und Wodka getankt. Nun gelobte er also Besserung.

Am Schluss mochte er passend zu seiner generellen Wortkargheit jedoch nichts mehr hinzufügen. Bis zum Urteil muss er sich noch etwas gedulden. Laut Oberrichter sei immerhin das Ziel, dieses noch im Verlaufe des Augusts verkünden zu können.

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