Strassen und Gassen Luzerns – die Steinenstrasse

190 Kilogramm Farbe gegen die Wut

Das bekannte Wandbild in der bunten Steinenstrasse. (Bild: cha)

Die Steinenstrasse ist schon ein einzigartiges Stück Strassenpflaster. Kleine individuelle Geschäfte in bunten Häusern lassen die Passanten in eine andere Welt versinken. Das war allerdings nicht immer so.

Ob klein, schmal, kurz oder lang – viele Strassen und Gassen in der Stadt Luzern sind ein echter Hingucker. zentral+ hat die schönsten, vielseitigsten und geschichtsträchtigsten Passagen unter die Lupe genommen.

Wer Altstadt hört, denkt sofort an Pflastersteine sowie Uhren- und Schmuckläden. Dort, wo sich Touristen an die Schaufenster von Bucherer und Co. drücken und anschliessend jeder Dritte mit dem gleichen Schmuckstück wieder in Richtung Schwanen- oder Löwenplatz marschiert.

Individuell statt Kommerz

Doch die Altstadt kann auch anders. Denn die Steinenstrasse, versteckt als Parallelstrasse zur vielbefahrenen Zürichstrasse, ist das pure Gegenteil. Individuell statt kommerziell, Vielfalt statt Einheitsbrei – so präsentiert sich die Steinenstrasse. Wer dieser entlang geht, fühlt sich an einen anderen Ort versetzt. Und das nicht nur aufgrund des Parks inklusive Spielplatz und Tischtennis-Tisch.

Farbige Häuser reihen sich aneinander, in denen kleine Geschäfte untergebracht sind. So etwa die Schneiderei «Lieblingsstücke», die «Steinen Galerie» oder ein Malergeschäft als Familienbetrieb. Kommerz ist hier fehl am Platz. Unterstrichen wird dies durch das Jugendradio 3Fach, das am unteren Ende der Steinenstrasse eingemietet ist.

Marc Germann vom Quartierverein Hochwacht sagt zur einmaligen Strasse: «Die Steinenstrasse ist eine bunte Kleinstrasse mit Läden, Künstlern, Kleingewerberln und einem tollen Wandbild (Trompe-l’œil). In drei Worten beschrieben, ist sie bunt, charmant und durchmischt.»

80 Maler investierten 1’200 Stunden

Ihren heutigen Charakter hat die Steinenstrasse allerdings erst vor 30 Jahren erhalten. 1975 verpasste der Quartierverein Hochwacht zu seinem 100-Jahr-Jubiläum den Häusern einen bunten Anstrich. Dafür aufkommen mussten die Bewohner damals selber. 80 Maler investierten rund 1’200 Arbeitsstunden, während denen 190 Kilogramm Farbe verstrichen wurden.

«Leider steht die Steinenstrasse im Schatten der lauten und bekannteren Zürichstrasse.»

Marc Germann, Quartierverein Hochwacht

Bunte Erscheinung sollte der Jugend die Wut nehmen

Die farbige Gestaltung hatte grundsätzlich zwei Gründe: Einerseits war es die Strasse der Maler und das Malerarchiv ist heute in der Steinenstrasse beherbergt. Andererseits sollte zu jener Zeit, kurz nach der 68er-Bewegung und dem Unmut in der Bevölkerung, während der nächsten Jahre der Jugend die Wut genommen werden.

Farbe, soweit das Auge reicht.

Farbe, soweit das Auge reicht.

(Bild: cha)

Fest in der Steinenstrasse

«Der absolute Höhepunkt ist das Steinenstrassenfest, das seit Jahrzenten stattfindet und jeweils Hunderte von Gästen anzieht», sagt Marc Germann. Dieses findet dieses Jahr am 22. August statt. Dabei steht nicht nur das anliegende Gewerbe im Fokus. Bands sorgen für musikalische Unterhaltung und Getränke- und Essensstände stillen Hunger und Durst.

Die Steinenstrasse hat eine lange und wichtige Tradition und steht für den heutigen bunten sozialen Mix, der für das Hochwacht-Quartier quasi einen «Kleinkosmos» bilde, so Germann. «Dank der Begegnungszone und dem Verschwinden des Parkplatzsuchverkehrs hat die Strasse an Attraktivität gewonnen. Leider steht sie im Schatten der lauten und bekannteren Zürichstrasse.»

Heute oftmals vergessen: Die Steinenstrasse wäre einst beinahe zum Dreh- und Angelpunkt Luzerns geworden. Der erste Bahnhof der Stadt Luzern hätte im Rankhof – am oberen Ende der Strasse – gebaut werden sollen. Allerdings entschied man sich, den Bahnhof in den touristischen Gebieten der Stadt zu bauen – am heutigen Standort.

 

Marc Germann weiss von einer weiteren Geschichte: «Vor circa zwei Jahren hat die Stadt das ‹Steinengärtli› von den SBB gekauft. Dieses war im Besitz der Bahngesellschaft, weil darunter der SBB-Tunnel Richtung Meggen in ganz wenigen Metern Tiefe verläuft.» Beim Bau des Tunnels soll damals gar ein Stück Boden samt Bauarbeiter eingestürzt sein.

Indischer Kleiderladen wich Radio 3Fach

Die Namensgebung der Strasse hingegen ist wenig spektakulär. So war dort früher ein Steinbruch, wo heute die Steinenstrasse verläuft. Übrigens: In den Räumlichkeiten, von wo aus heute das Jugendradio 3Fach sendet, war vorher ein indischer Kleiderladen drin. Ob der Laden selber oder das Lager in den Räumen untergebracht war, ist jedoch unklar.

Die Steinenstrasse ist der erste Teil unserer Serie über Strassen und Gassen Luzerns.

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