Wer ist da gestorben?

11 Millionen: Der Tod lohnt sich für die Luzerner Stadtkasse

Eine Bestattung eines Menschen, von dem man nicht mehr als seinen Namen, das Geburts- und Todesdatum weiss.

Das kam unerwartet: Der städtische Steuerbeutel wurde im Jahr 2015 reich gefüllt – durch die Erbschaftssteuern. Weil so viele Reiche gestorben sind? Oder weil die Todeszahlen einen neuen Spitzenwert erreicht haben? Wir haben beim Teilungsamt nachgefragt.

Hansruedi Glanzmann, Leiter des Stadtluzerner Teilungsamts, hatte letztes Jahr alle Hände voll zu tun. Im 2015 sind 845 neue Erbschaftsfälle zur Bearbeitung angefallen – so viele wie seit Jahren nicht mehr. Das freut die Luzerner Finanzen: Der Zustupf für die Stadtkasse aus der Erbschaftssteuer beträgt 11 Mio. Franken. Das ist fast doppelt so viel wie erwartet. Was war ausschlaggebend?

«In der Regel verlaufen die Sterberaten über die Jahre mehr oder weniger gleichmässig», erklärt Glanzmann. Es komme auf die Anzahl Einwohner einer Gemeinde an sowie auf die Altersstruktur der Bevölkerung. Und manchmal können auch extreme Witterungsverhältnisse eine Rolle spielen. Je heisser ein Jahr, desto mehr Todesfälle. Aber: «Das Jahr 2015 war ein aussergewöhnliches Jahr.»

Warum? «Das kann man nicht einfach so erklären», so der Leiter des Teilungsamts. Meistens sei es reiner Zufall. «Wir beobachten etwa alle acht Jahre starke Schwankungen.» Klar ist: Luzern hat jedes Jahr mehr Einwohner; durch den positiven Saldo aus den Geburten minus Todesfälle und der Zuwanderung minus die Abwanderung. «Je höher die Basiszahl, desto höher in der Regel die Sterbefälle.» (Hinweis: Am Donnerstag wurden die neusten Zahlen publiziert).

 

Die letzte Spitze erreichte die Zahl der Erbschaftsfälle im Jahr 2009. Damals verzeichnete das Teilungsamt 854 Fälle, plus obendrauf noch 114 nach der Zusammenlegung der Zahlen mit Littau. «Vielleicht spielte das Wetter damals ein Rolle», so Glanzmann. Es war ein überdurchschnittlich heisser Sommer.

Reiche bringen viel

Interessant ist, dass für den Batzen aus den Erbschaftssteuern meistens nicht die Menge der Fälle ausschlaggebend ist, sondern deren «Gewicht». Salopp gesagt: Reiche Tote bringen mehr. Unter den 845 Todesfällen von 2015 befinden sich ein paar wenige, die zu den ausserordentlich hohen Erbschaftssteuern beigetragen haben. «Bei den Steuererträgen macht es nicht die Höhe der Anzahl Fälle aus», sagt Glanzmann. «Es kommt auf die Höhe des Vermögens und die Konstellation des Erbschaftsfalles an.» Zum Vergleich: 2014 flossen 8.7 Millionen Franken der Stadt zu. Vorher waren es pro Jahr durchschnittlich 6.5 bis 7 Millionen.

Hansruedi Glanzmann, Teilungsamt Stadt Luzern

Hansruedi Glanzmann, Teilungsamt Stadt Luzern

(Bild: zVg)

Für die Stadtkasse ist entscheidend, wie das Verwandtschaftsverhältnis des Verstorbenen aussieht und wie viele Einzelpersonen noch bleiben. Grundsätzlich gilt: Je weniger nahe verwandt die Hinterbliebenen sind, desto mehr Steuern fallen an.

Welche Todesfälle könnten etwa zu den 11 Millionen Franken am meisten beigetragen haben? Im März 2015 verstarb zum Beispiel der vermögende Luzerner Maler Hans Erni. Seine älteste Tochter ging im Erbstreit vor Gericht (siehe Artikel).

Namen und Einzelheiten darf der Abteilungsleiter keine nennen. Da kann man nur mutmassen. «Die Regelungen der Verstorbenen sind sehr individuell. Es kommt auf das Testament der Verstorbenen an.»

Steuer: Von 1 bis 20 Prozent

Sicher ist: Mit dem Todesfall von Hans Erni hat der Anstieg nicht viel zu tun. Da die Witwe noch lebt, kann man davon ausgehen, dass die Erbschaftssteuereinnahmen 2015 nicht wegen diesem Todesfall nach oben schossen. Ehegatten sind steuerbefreit, die direkten Nachkommen müssen maximal 2 Prozent des übertragenen Vermögens abgeben, und diese Steuerbelastung steigt, je entfernter man verwandt ist.

«Es macht einen grossen Unterschied, ob einem grossen Vermögen 2 Prozent abgenommen werden oder zirka 20 Prozent, falls es ganz entfernte oder gar keine Verwandte gibt», sagt Glanzmann. Übrigens: Wenn gemeinnützige Institutionen begünstigt werden, ist dies steuerfrei.

Ab 2017 gibt’s weniger zu erben

Wird es in Zukunft so lukrativ für die Stadt weitergehen? Nein. «Ab 2017 könnten die Erträge aus der Erbschaftssteuern wieder einbrechen», schätzt Glanzmann. Denn im Juni 2015 lehnte die Schweiz die Initiative zur Erbschaftssteuerreform ab. In der Initiative wäre eine Rückwirkungsklausel enthalten gewesen und eine gewisse Übergangfrist. Aus Furcht, die Initiative könnte angenommen werden, haben viele vermögende Personen ihren Nachlass in den letzten Jahren verteilt oder verschenkt.

Ab 2 Millionen Franken wären neu 20 Prozent Steuern angefallen, auch auf Schenkungen oder Vorempfänge der letzten fünf Jahre, das heisst ab 2012 bis Ende 2016. «Das ist wäre happig gewesen», sagt Glanzmann. So sei das neue Gesetz eigentlich kontraproduktiv: Man wollte mehr Steuern einnehmen und hat nun im Endeffekt weniger.

Und was wird mit dem Geld passieren? Die überdurchschnittlichen Erträge aus den Erbschaftssteuern tragen zum guten Gesamtergebnis 2015 der Stadt Luzern bei. Der geschaffene Handlungsspielraum soll laut Stadtrat unter anderem dazu genutzt werden, um die anstehende Schulraumoffensive oder den vorgesehenen Ausbau der familienergänzenden Kinderbetreuung im Schulalter zu bewältigen (zentralplus berichtete).

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