Professor zu Corona-Hilfe in Zug und Luzern

«Wichtig ist, dass die Betriebe bald wieder arbeiten können»

Christoph Schaltegger, Professor für politische Ökonomie und Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern. (Bild: zvg)

Anders als Zug knausert der Kanton Luzern mit subsidiärer Wirtschaftshilfe – der Bund solls allein richten. Gar nicht so falsch, findet Professor Christoph Schaltegger von der Uni Luzern. Kurzfristig brauche die Wirtschaft flüssige Mittel. Aber auf lange Sicht reiche dies nicht aus.

Der Kanton Luzern hat über 53 Millionen an Rechnungen sofort bezahlt. Er verlängert Fristen und kommt Gläubigern beim Zins entgegen. Ebenso wie Zug, das 40 Millionen Verbindlichkeiten beglich und sich ebenfalls sehr kulant zeigt.

«Das ist gut», sagt Christoph Schaltegger, Ordinarius für politische Ökonomie und Dekan der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern. «Zum Beispiel die Möglichkeit, Sozialversicherungsbeiträge später bezahlen zu können, ist für Unternehmen hilfreich und entlastet sie.»

«Wer könnte die Solvenz eines Unternehmens besser beurteilen als die Banken?»

Christoph Schaltegger, Professor für politische Ökonomie an der Universität Luzern und Dekan

Verlängerte Fristen und vorbildliches Verhalten im Zahlungsverkehr sind  indes die einzige Gemeinsamkeit zwischen den subsidiären Hilfspaketen für die eigene Wirtschaft. Während Zug einen 10-Punkte-Massnahmenplan aufgelegt hat (zentralplus berichtete) und unter anderem bis zu 30 Millionen Franken an nicht rückzahlbaren Beiträgen in Aussicht stellt, verlässt sich der Kanton Luzern gänzlich auf das 42-Milliarden-Franken-Hilfspaket des Bundes (zentralplus berichtete).

«Dem Bund kommt die Führungsrolle zu»

Schaltegger kann das nachvollziehen: «Wir befinden uns in einem Notstandsregime und dabei kommt dem Bund die Führungsrolle zu.»  Kurzfristig gelte es die Wirtschaft mit Liquidität zu versorgen und dies geschehe am besten übers Bankensystem – eben so wie der Bund derzeit für Überbrückungskredite bürge. «Im Moment können die Kantone gar nicht viel mehr unternehmen – und sie müssen es auch nicht», sagt Schaltegger.

«Mittelfristig droht indes ein Solvenzproblem», so der Professor. Langfristig werde «der Angebotsschock» für die Schweizer Wirtschaft nicht zu verkraften sein. Deswegen sei neben dem Zur-Verfügung-Stellen von flüssigen Mitteln das Wichtigste, dass die Betriebe baldmöglichst wieder arbeiten könnten – dass der Lockdown ein Ende finde.

Banken haben Entscheidungskompetenz

«Schweizer Unternehmen sind sehr stark vernetzt», sagt Schaltegger, «und ihre Fertigungstiefe ist geringer als in anderen Ländern.» Viele Betriebe stellten spezialisierte Produkte her, die Teil einer Fertigungskette seien. Fällt ein Glied der Kette aus, beeinträchtigt es auch die anderen Teile.

Dass Banken darüber entscheiden, ob sie Unternehmen einen vom Bund garantierten Überbrückungskredit gewähren, begrüsst Schaltegger. «Wer könnte die Solvenz eines Unternehmens besser beurteilen als die Banken?»,  fragt er. Diese seien dazu besser in der Lage als der Staat. «Mit Geld kauft man Zeit, aber man löst keine strukturellen Probleme.»

Jeder hat eine Bankverbindung

Entsprechend skeptisch ist der Wirtschaftsprofessor gegenüber À-fonds-perdu-Beiträgen. Bekanntlich stellt der Kanton Zug je fünf Millionen Franken aus dem Lotteriefonds für wohltätige und kulturelle Einrichtungen zur Verfügung. Und will mit 20 Millionen Franken Kleinbetrieben bis 10 Mitarbeitern helfen, die durch die Maschen des übrigen Auffangnetzes fallen. Die Frage für Schaltegger ist, welche dies sein sollen – und ob die Massnahme den Strukturwandel behindert.

«Die Steuersenkung könnte ein Kriterium sein für sehr gewinnintensive Unternehmen.»

Selbst ein Blumenladen habe eine Bankverbindung und somit eine Hausbank. «Und dem Blumenladen ist mit einem Überbrückungskredit innert 30 Minuten besser geholfen als mit einer kantonalen Notreserve.»

Für Betriebe mit wenig Argumenten

In seltenen Fällen kann sich Schaltegger aber vorstellen, dass das Auffangnetz Sinn mache. Ein Start-up etwa, das eben in grossem Stil investiert habe und nun auf erneutes Geld angewiesen sei, könne eventuell Mühe haben, die Hausbank vom Sinn eines neuen Kredits zu überzeugen.

Der umstrittenste Teil des Zuger Hilfspakets ist die beabsichtigte Senkung der Kantonssteuern von 82 auf 78 Prozent über eine Dauer von drei Jahren hinweg. Die Massnahme soll laut Zuger Regierung die Konjunktur nach der Corona-Krise ankurbeln.

Steuersenkung hat Symbolcharakter

«Die Steuersenkung könnte ein Kriterium sein für sehr gewinnintensive Unternehmen», sagt Christoph Schaltegger. Also für Grossbetriebe und Konzerne, während Kleinunternehmen, die wegen der Corona-Krise in Zahlungsschwierigkeiten geraten, davon wenig profitieren würden.

Der Wirtschaftsprofesser glaubt, dass die Massnahme eher mittel- und langfristig Wirkung haben könnte. «Es könnte ein positives Signal an die Wirtschaft aussenden. Nämlich, dass man sich um den eigenen Standort kümmert und ihn pflegt, noch bevor die Krise ausgestanden ist», sagt Christoph Schaltegger.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 30.03.2020, 15:43 Uhr

    Die wirtschaftlichen Massnahmen der Zuger Regierung sind völlig falsch in der Landschaft. Einmal mehr soll der Lotteriefonds zweckentfremdet werden, diesmal für die Unterstützung von Start-ups und Kleinbetrieben. Wenn schon, müsste der Kanton das Geld einer anderen Schatulle entnehmen oder Garantien für kantonale Bankkredite ausstellen. Eine weitere Steuersenkung durch die Zuger Steuerpiraten liegt völlig falsch in der Landwirtschaft. Wenn wir überlegen, dass die langjährige weltweite Schuldenwirtschaft im Verbund mit der Corona-Krise zu einem baldigen Zusammenbruch (wirtschaftliche Depression) führen wird, führen weitere Steuersenkungen in des Teufels Küche. Die jetzigen staatlichen Kredite an private Firmen (unter denen sich zahlreiche unrentable Zombie-Betriebe befinden), wird zu grossen Löchern in den Staatskassen führen, weil ein respektabler Teil der Kredite nicht mehr zurückbezahlt werden kann und etliche Betriebe Konkurs gehen werden. Eine stark zunehmende Zahl von Arbeitslosen wird die Wirtschaft und staatlichen Steuereinnahmen weiter bremsen. Die leeren Staatskassen sollen dann wohl mit weiteren Sparmassnahmen zulasten der Kleinverdiener und des Mittelstands abgefedert werden. Pfui! Die geplante Steuersenkung ist somit nur ein weiterer Schritt in der Umverteilung von Arm zu Reich. Beispiel unter vielen: Roche Diagnostics in Rotkreuz und seine Aktionäre werden als Gewinner aus der Corona-Krise hervorgehen. Die brauchen nicht noch einen zusätzlichen Gewinn durch Steuerdumping. Wer sich für wirtschaftliche Zusammenhänge interessiert, dem empfehle ich den lesenswerten Artikel «Willkommener Sündenbock» von Yves Wegelin: https://www.woz.ch/2013/weltwirtschaft/willkommener-suendenbock

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