Touristen sollen gelenkt werden

Luzern Tourismus testet fragwürdige Besucher-Sensoren

Touristen fluten den Schwanenplatz. Tourismusdirektor Marcel Perren will darum ein neues System testen, das die Besucherinnen besser in der Stadt verteilen soll.

Luzern Tourismus testet ab Juli ein Tool zur Besucherlenkung. Bei diesem Thema läuten beim Datenschutz die Alarmglocken.

Luzern hat seinen Ruf als Tourismus-Metropole mit der Corona-Pandemie auf einen Schlag verloren. Seither bemüht sich die Region – wie viele andere Destinationen der Welt – sich davon zu erholen. Die Zahl der Logiernächte in Luzern war 2021 halb so gross wie vor Corona. Die Zeiten, in denen Touristen massenhaft den Schwanenplatz in Beschlag nahmen, sind lange vorbei.

Das hält Luzern Tourismus nicht davon ab, diesen Sommer ein neues Tool zur Besucherlenkung auszuprobieren. Schliesslich rechnet das Unternehmen damit, dass die Zahl der Logiernächte bereits 2023 wieder 85 Prozent des Niveaus vor Corona beträgt. Und weil all diese Touristen sich nicht gleichzeitig vor dem Löwendenkmal auf den Füssen herumstehen sollen, will Luzern Tourismus sie besser über die Stadt Luzern verteilen.

Doch wie das gemacht wird, wirft Fragen auf – auch bei Luzern Tourismus selbst. So bleiben an einer auch zu diesem Zweck einberufenen Medienorientierung einige davon offen. Doch der Reihe nach.

Sensoren an Hotspots

Ab Juli testet das Unternehmen gemeinsam mit der Stadt Luzern in einem Pilotprojekt ein Tool zur besseren Besucherlenkung. An fünf bis sechs Standorten in der Stadt werden Sensoren installiert, welche die Anzahl der Besucher live messen und diese Daten in eine App übertragen. In dieser App erkennen Touristen dann, dass vor dem Löwendenkmal schon viele Leute sind – und gehen darum vielleicht zuerst die Kapellbrücke anschauen.

Marcel Perren (links) und Martin Büttikofer informieren über das Pilotprojekt von Luzern Tourismus.

Die Sensoren sollen vor dem Löwendenkmal, bei der Kapellbrücke, beim Schwanenplatz und beim Europaplatz zum Einsatz kommen. Den fünften und sechsten Standort konnte Tourismusdirektor Marcel Perren nicht auswendig mitteilen. Unklar ist auch, welche Sensoren zu diesem Zweck verwendet werden. Perren erklärte einzig, dass Luzern Tourismus verschiedene Sensoren ausprobieren wolle. So soll sich zeigen, welcher Typ für diesen Zweck am besten geeignet sind.

Datenschutz ist alarmiert

Was mit den Besucherdaten gemacht wird und wie die Touristen dazu gebracht werden sollen, nicht auch noch einen bereits überfüllten Ort zu besuchen, ist ebenfalls unklar. Es sei aber alles im Rahmen dessen, was der Datenschutz erlaube, betonte Verwaltungsratspräsident Martin Büttikofer.

Es ist kein Zufall, dass Büttikofer dies speziell erwähnt. Beim Stichwort «digitale Besucherlenkung» läuten bei Datenschützerinnen nämlich die Alarmglocken. Die Destinationen versuchen verstärkt, die Touristen zu tracken und gemäss deren digitalem Profil zu lenken (zentralplus berichtete). Weil das hinsichtlich Datenschutz teilweise fragwürdig ist, werden solche Systeme in der Schweiz kaum verwendet. Das Interesse daran steigt jedoch auch hierzulande, wie das Luzerner Pilotprojekt nun zeigt.

Idee aus dem Ausland

Der Versuch lehnt sich an eine Idee aus Norddeutschland an. In der Lübecker Bucht an der Ostseeküste gibt es seit 2020 einen «Strandticker», der die Besucherfrequenz an den Badestränden misst. Auch hier beobachten Kameras, wie viele Menschen es am Strand hat. Ist ein Strand überfüllt, erscheint in der App für besagten Abschnitt eine rote Ampel. In diesem Fall sollen die neu ankommenden Badegäste gezielt einen Abschnitt ansteuern, für den die Ampel auf Grün steht. Das System wurde 2020 gar mit dem deutschen Tourismuspreis ausgezeichnet.

Das digitale System ist nicht der einzige Versuch, die Tourismusströme in Luzern besser zu lenken. Mit Attraktionen wie dem Lichtfestival Lilu will Luzern Tourismus die Touristen auch im Jahresverlauf besser verteilen. Zudem will das Unternehmen stets auf neue Angebote und Sehenswürdigkeiten aufmerksam machen, damit nicht alle Gäste wegen der gleichen Attraktionen nach Luzern kommen.

Versuche stossen an Grenzen

Gleichzeitig räumt Martin Büttikofer ein, dass das ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen ist. In Zeiten der sozialen Medien gehen gewisse Bilder von Sehenswürdigkeiten millionenfach um die Welt. Das nimmt eine Eigendynamik an, die kaum noch zu steuern ist.

Ein bekanntes Beispiel in der Schweiz ist das Berggasthaus Äscher im Kanton Appenzell. Das Bild der spektakulär an die Felswand gebauten Hütte erschien plötzlich auf allen möglichen Reise-Seiten und sogar auf dem Cover von «National Geographic». Daraufhin wurde die Hütte dermassen von Touristen überrannt, dass das Wirtepaar prompt das Handtuch warf. Das berichtete «Watson» 2018.

So idyllisch wie auf diesem Bild ist es im Äscher nur noch selten.

Auch in der Innerschweiz gibt es ein entsprechendes Beispiel: Der Infinity-Pool der Villa Honegg am Bürgenstock erlangte dank der sozialen Medien internationale Berühmtheit. Die Besucherflut liess nicht lange auf sich warten, wie «Nau» berichtete. Dass es in Zukunft vor dem Löwendenkmal gemütlicher wird, ist darum anzuzweifeln.

Mit solchen Fotos machen Influencer alle Versuche der Besucherlenkung zunichte.

Hinweis: In einer ersten Version dieses Artikels war von Kameras die Rede, die Luzern Tourismus ausprobiert. Das stimmt nicht. Es handelt sich bei den Geräten um Sensoren. Text und Titel wurden dahingehend angepasst.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Peter
    Peter, 24.05.2022, 08:17 Uhr

    Und der Staureporter von Zentralplus? Wo ist denn da der Datenschutz? Die Aufregung scheint mir in diesem Artiekl arg herbeigeredet.

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  • Profilfoto von Michel von der Schwand
    Michel von der Schwand, 19.05.2022, 12:49 Uhr

    Der Perren kann doch einfach den Casagrande, den Bucherer, den Gübelin und den Bachmann anrufen und schon hat er die Zahlen.

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  • Profilfoto von Emil Kneubühler
    Emil Kneubühler, 19.05.2022, 03:59 Uhr

    Schwachsinn pur !

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  • Profilfoto von Vreni
    Vreni, 18.05.2022, 20:39 Uhr

    Was soll das Herr Perren?

    Kommt nicht in Frage

    Die Situation beobachten wir

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