Neue Fakultäten für Psychologie und Gesundheit

Ausbau Uni Luzern: Private Finanzierung sorgt für Kritik

In Zukunft soll in den Vorlesungsälen der Uni Luzern auch Psychologie und Medizin gebüffelt werden. (Bild: zvg)

Die Universität Luzern will zwei neue Fakultäten für Psychologie und Gesundheit gründen – und erntet dafür in der Luzerner Politik mehrheitlich gute Noten. Trotzdem gibt es kritische Stimmen, besonders in zwei Punkten.

Rund 20 Jahre nach der Gründung wächst die Universität Luzern. Studentinnen sollen in der Leuchtenstadt künftig auch Abschlüsse in Psychologie und Verhaltenswissenschaften sowie Medizin und Gesundheitswissenschaften erlangen können. Von den zwei neuen Fakultäten erhofft sich der Kanton rund 800 zusätzliche Studenten. Heute studieren rund 3200 Menschen an der Luzerner Uni.

«Die Universität Luzern wird attraktiver, weil sie ein besseres Angebot hat», sagte Bildungsdirektor Marcel Schwerzmann im Dezember vor den Medien (zentralplus berichtete). «Und die neuen Fakultäten leisten einen Beitrag an den Kampf gegen den Fachkräftemangel.

Auch bei den Luzerner Parteien stossen die Pläne mehrheitlich auf Zustimmung, wie die Vernehmlassung zeigt. Diese endet diesen Dienstag. zentralplus fasst zusammen, was die einzelnen Parteien positiv und negativ hervorheben.

FDP: Ist skeptisch gegenüber dem Nutzen

Die FDP bleibt ihrer Haltung, wonach sich die Bildung an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts zu orientieren hat, treu. Sie ist von der Notwendigkeit des Ausbaus der Universität nicht überzeugt. «Es ist fraglich, ob das Ziel, nachgefragte Fachkräfte auszubilden, umfassend erreicht werden kann», hält die Partei in ihrer Stellungnahme fest. «Teilweise ist zu befürchten, dass die Universität viele Studierende anziehen wird, welche später in anderen Bereichen tätig sein werden.» Das Phänomen geht laut FDP mit der fortschreitenden Akademisierung einher.

«Es fehlen Fachkräfte an der ‹Front› in den Spitälern, den IT-Unternehmen, den Handwerksbetrieben.»

FDP Luzern

Gegenüber der neuen Psychologiefakultät ist sie skeptisch eingestellt. Ihrer Meinung nach fehlen Fachkräfte «an der Front», zum Beispiel in den Spitälern, in IT-Unternehmen oder in Handwerksbetrieben. Statt solche aufzubauen, würden Absolventen für den Forschungsbereich und für Stabstellen gefördert. «Entsprechende Abschlüsse wird es auch in Zukunft brauchen, allerdings in kleinerer Zahl.»

Ähnlich die Haltung im Medizinbereich. Dass die Uni Luzern gezielt Hausärzte fördert, begrüsst die FDP zwar. Doch dass die Anzahl der später effektiv praktizierenden Ärzte nur den kleineren Anteil der geplanten Studenten ausmacht – 130 Medizinerinnen stehen demnach 230 Gesundheitswissenschaftlern gegenüber – werfe Fragen auf.

Die Partei würde den dualen Weg über die höhere Berufsbildung priorisieren. Wie die Bildungslandschaft im Kanton Luzern künftig aussieht, darüber entscheidet der Kantonsrat allerdings erst in einer der nächsten Sessionen im Rahmen des Planungsberichts zur tertiären Bildung. Für die FDP ist diese Reihenfolge nicht zielführend. Ob die Universität zwei neue Fakultäten für Psychologie und Medizin erhalten soll, lässt die Partei deshalb noch bewusst offen, so lange der Planungsbericht nicht politisch diskutiert worden ist.

GLP: Kritisiert private Finanzierung

Die Grünliberalen begrüssen hingegen die neuen Fakultäten. Man sehe das gesellschaftliche Potenzial der Gesundheits- und Verhaltenswissenschaften, hält die Partei kurz und knapp fest. Die GLP vermisst allerdings Aussagen über die mehrjährige Entwicklungsplanung und Strategie des Kantons bezüglich der Universität Luzern und der Hochschullandschaft.

Kritisch beurteilt die Partei die private Finanzierung in der Bildung. Denn wie in der Vergangenheit die Wirtschaftsfakultät soll auch jene für Psychologie und Verhaltenswissenschaften mit Drittmitteln aufgebaut werden – die Regierung rechnet mit Gesamtkosten für die Aufbauphase von rund 5 Millionen Franken.

«Wir gehen davon aus, dass der Einfluss der Geldgeber auf die Forschung nicht auszuschliessen ist», so die GLP. Somit sinke das Vertrauen in die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen. «Die private Finanzierung, auch nur zum Aufbau von Fakultäten, ist im Sinne der Unabhängigkeit der Forschung möglichst zu unterlassen.»

SP: Warnt vor Abhängigkeiten von Geldgebern

Auch die SP unterstützt die Gründung von zwei neuen Fakultäten. Der moderate Ausbau hin zu einer humanwissenschaftlichen Universität überzeuge, schreibt die Partei. Gesundheitswissenschaft sei angesichts der steigenden Lebenserwartung die «Schlüsseldisziplin des 21. Jahrhunderts».

«Eine Finanzierung der neuen Fakultät durch private Geldgeber muss vermieden werden, denn das schafft Abhängigkeiten.» 

Gisela Widmer Reichlin, SP-Kantonsrätin

Und: «Die Nachfrage nach entsprechenden Studiengängen seitens Studierender und Arbeitsmarkt ist gegeben. Der Fachkräftemangel ist in beiden Bereichen ausgewiesen.» Auch die SP streicht die drei Vertiefungen Rechtspsychologie, Kinderpsychologie und Gesundheits- und Rehabilitationspsychologie als Alleinstellungsmerkmale der Uni Luzern hervor.

Wie die Grünliberalen setzen auch die Sozialdemokratinnen ein Fragezeichen hinter die Finanzierung. «Eine Finanzierung der neuen Fakultät durch private Geldgeber muss vermieden werden, denn das schafft Abhängigkeiten», wird SP-Kantonsrätin Gisela Widmer Reichlin in einer Mitteilung zitiert. Die SP fordert deshalb Transparenz bei den Kosten und staatliche Mittel für die beiden Fakultäten.

Grüne: Vermisst Bekenntnis des Regierungsrates

Kritisch äussern sich auch die Grünen und Jungen Grünen mit Blick auf das Spender-Modell. Für sie ist die Finanzierung der Universität eine zentrale Aufgabe des Kantons. Doch dieser nehme sich zunehmend aus der Verantwortung, sodass die Universität sich die Mittel zur Weiterentwicklung selber beschaffen müsse.

«Die Universität ist dadurch gezwungen, sich verstärkt in ein Geflecht von Abhängigkeiten zu begeben.»

Grüne und Junge Grüne Luzern

«Wir vermissen hier ganz klar ein Bekenntnis seitens des Regierungsrates zu der Universität», so die Grünen und Jungen Grünen. «Die Universität ist dadurch gezwungen, sich verstärkt in ein Geflecht von Abhängigkeiten zu begeben.» Damit meint die Partei nicht nur die Donatoren, sondern auch den Umstand, dass die Universität aus finanzieller Sicht auf viele Studierende angewiesen ist.

Inhaltlich begrüssen die Grünen die Weiterentwicklung der Universität. Die geplante Fakultät für Gesundheit und Medizin decke wichtige, teilweise bisher unzureichend behandelte Themenfelder ab. «Zudem kann sie einen wichtigen Beitrag zum akuten Mangel an Fachpersonal im Gesundheitsbereich leisten.» Im Grundsatz unterstützen die Grünen auch die geplante Fakultät für Psychologie und Verhaltenswissenschaften. Die Partei will allerdings eine Konkurrenzsituation zu anderen Studiengängen vermeiden, ebenso wie zur Hochschule Luzern, die einen Bachelor in Wirtschaftspsychologie anbietet.

Mitte: Begrüsst humanwissenschaftliches Profil

Auch die Mitte befürwortet die Gründung der beiden neuen Fakultäten und die Entwicklung der Uni Luzern zu einer humanwissenschaftlichen Lehrstätte. «Mit der Umwandlung des bereits bestehenden und erfolgreich installierten Departements Gesundheitswissenschaften und Medizin in eine Fakultät wird ein nachfragestarker Bereich mit Forschung und Lehre noch besser verankert, der gute Ruf gefestigt und der universitäre Ausbildungsplatz Luzern gestärkt», schreibt sie in ihrer Stellungnahme.

«Nachweislich ist die Nachfrage im Bereich der Psychologie hoch und es besteht ein grosser Wachstumstrend.»

Die Mitte Kanton Luzern

Mit dem Fokus auf Verhaltenswissenschaften und Psychologie könnten dringende gesellschaftliche Herausforderungen aufgegriffen werden, beispielsweise in den Bereichen Inklusion oder Resilienz. Zudem begrüsst die Mitte, dass die Universität Luzern mit den drei Schwerpunkten Kinder- und Jugendpsychologie, Rechtspsychologie und Rehabilitationspsychologie ein schweizweites Alleinstellungsmerkmal schafft.

Anders als die FDP sieht sie damit einen Schritt in die richtige Richtung, um dem akuten Fachkräftemangel entgegen zu wirken. «Nachweislich ist die Nachfrage im Bereich der Psychologie hoch und es besteht ein grosser Wachstumstrend», so die Mitte. «Die Erwerbslosenquote bei diesem Berufsfeld ist entsprechend tief.»

Dass Private den Aufbau der neuen Fakultät finanzieren, erachtet die Mitte im Unterschied zu SP und GLP als sinnvoll.

SVP: Will lieber in Fachkräfte investieren

Die SVP hingegen lehnt die Schaffung zweier neuer Fakultäten als einzige Partei klar ab. Sie sehe zwar angesichts des «gravierenden Ärztemangels» dringenden Handlungsbedarf im Bereich der medizinischen Ausbildung von Ärzten. Die vorgeschlagene Ausrichtung einer Fakultät für «Gesundheitswissenschaften und Medizin» könne diesem Bedürfnis aber nicht Rechnung tragen. Stattdessen sähe die Partei lieber eine «schlanke Medical School ohne breite Forschungseinrichtungen», um mehr Medizinstudenten und damit angehende Ärztinnen auszubilden.

Ähnlich steht die SVP zur Fakultät für Psychologie und Verhaltenswissenschaften. Auch hier sieht sie am meisten Handlungsbedarf bei den klinisch ausgebildeten Psychologinnen, also Fachkräften für den Praxisalltag. «Es scheint uns, dass man hier die Strategie am Reisbrett entwickelt wurde, statt dass man dem notwendigen Bedarf in der Gesundheitsbranche gerecht würde», schreibt die Partei in ihrer Stellungnahme.

Hinweis: Der Artikel ist nach der ersten Publikation mit den Stellungnahmen der Grünen/Jungen Grünen und der SVP ergänzt worden, die am Montagabend noch nicht vorlagen.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Carl Solvedra
    Carl Solvedra, 21.03.2022, 11:09 Uhr

    Den amtierenden Regierungsrätinnen ist es Wurscht, woher das Geld kommt, Hauptsache sie können sich im Augenblick mit was brüsten. Als so genannte Macherinnen. Ist auch Wurscht, ob Bedürfnis oder nicht. Hauptsache neue Fakultät. Und dann hinters Projektmodell stehen und strahlen für die nächsten Wahlen.

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  • Profilfoto von Michel von der Schwand
    Michel von der Schwand, 16.03.2022, 08:47 Uhr

    Verwundert reibt man sich beim Lesen die Augen. Plötzlich soll der Einfluss von Geldgeber auf die Forschung ausgeschlossen sein resp. eine private Finanzierung soll im Sinne der Unabhängigkeit der Forschung möglichst unterlassen werden. Im korrupten Gesundheitssystem der Schweiz soll die Ausbildung nicht von Pharma und anderen Playern finanziert werden. Die GLP und SP übt sich in Satire. Da sitzt schon mal ein Verwaltungsratspräsident einer Krankenversicherung im Parlament oder im Verwaltungsrat eines Spitales oder gar eines Pharmaunternehmens. Pharmaunternehmen gründen Stiftungen, mit welchen diese dann wieder die Ausbildung oder die Forschung finanzieren. Nationalräte lassen sich von Krankenversicherungen sponsern und nehmen direkten Einfluss auf die Gesundheitspolitik. Und die FDP sieht sich auf einmal als Verfechter des einfachen Büezers, welchen die FDP-Vertreter nur schlecht bezahlen oder gar dessen Konkurrenz aus dem nahen Ausland engagieren. Und kommt dann doch noch ein Spender, werden es gewisse Klugscheisser wieder zu Stande bringen, dass der gesamte Stutz irgendwo im Treibsand verschwindet.

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  • Profilfoto von Stefan K.
    Stefan K., 15.03.2022, 10:34 Uhr

    Vielleicht finden sich ja ein paar russische Oligarchen, die hier ihre Rubel spenden möchten…

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