Dank dem Wahlkampf wissen wir ...

Luzerner Stadtrat dürfte auch Spange-Nord-Nachfolger ablehnen

Es deutet einiges daraufhin, dass der Stadtrat auch dem Nachfolgeprojekt zur Spange Nord skeptisch gegenübersteht. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Die Reussportbrücke ist bei der Bevölkerung ebenso umstritten wie zuvor die Spange Nord. Der Stadtrat hat sich offiziell noch nicht zum neuen Projekt geäussert – doch im Wahlkampf zeigt sich: Die Skepsis der fünf Exekutiv-Mitglieder ist gross. Alles andere als ein erneutes Veto wäre deshalb eine Überraschung.

Die Spange Nord erfuhr in der Stadt Luzern grossen Widerstand und rief Bevölkerung und Stadtrat auf den Plan. Letzten Herbst beerdigte der Kanton nach einer externen Überprüfung das Strassenprojekt. Neu schlägt er eine gestutzte Variante vor: Der Autobahnanschluss Luzern-Lochhof soll westseitig mit einer Brücke über die Reuss erschlossen werden – der Zubringer ins Maihof-Quartier entfällt hingegen (zentralplus berichtete).

Noch bis Ende Mai läuft die Vernehmlassung zu dieser Reussportbrücke. In den betroffenen Quartieren ist der Widerstand bereits spürbar: Die IG «Reussport Nein» hat letzten Dezember einen dringlichen Bevölkerungsantrag gegen das Projekt eingereicht und zuletzt mit einem externen Gutachten für Wirbel gesorgt.

Hält auch der Stadtrat an seiner Opposition fest? Das ist offiziell noch nicht klar, denn er hat seine Haltung noch nicht kommuniziert. Doch der Wahlkampf bietet bereits einen erhellenden Einblick.

Die linken Stadträte sind skeptisch ...

Wenn jemand gewählt werden will, macht sie oder er auf sich aufmerksam. Und so entlocken die Wahlveranstaltungen auch den Stadträten das eine oder andere Wort dazu.

Dem zuständigen Mobilitätsdirektor Adrian Borgula (Grüne) zum Beispiel. Er äusserte sich an einem Podium der «Luzerner Zeitung» Anfang März zum Thema: «Das Reussportprojekt ist nach wie vor ein massiver Eingriff», sagte er. Und tönte an, dass es verkehrstechnisch keine entsprechenden Gewinne liefert. Zudem kritisierte er, dass der Kanton der Planung nach wie vor ein Verkehrswachstum zugrunde lege – in der Stadt aber ein Reglement einen Anstieg des Autoverkehrs untersagt.

«Der minimale Zeitgewinn für den motorisierten Individualverkehr rechtfertigt nicht den enormen Eingriff in das Quartier.» 

Martin Merki, Stadtrat (FDP) an einem Podium

Hoffnung setzt Borgula in das Zukunftsbild zur Mobilität, das der Kanton derzeit vorantreibt. «Wenn der Kanton das Zukunftsbild erarbeitet hat in drei Jahren, ist vielleicht das Projekt dann auch Geschichte», so der städtische Mobilitätsdirektor am Podium.

So sieht die neue Brücke «Reussportbrücke» in der Visualisierung aus. (Bild: Visualisierung Swiss Interactive AG)

Auch Stadtpräsident Beat Züsli (SP) machte kürzlich keinen Hehl aus seiner nach wie vor ablehnenden Haltung. Er lobte an einem Podium, dass der Kanton die Spange Nord gestoppt habe – und fuhr mit einer unmissverständlichen Ansage zur Reussportbrücke fort: «Jetzt diskutieren wir über den letzten Rest, aber auch den werden wir irgendwann auf die Seite stossen können.» Die Stadt müsse anschliessend zusammen mit Kanton und Regionsgemeinden eine neue, urbane Verkehrspolitik entwickeln.

... der Vertreter der FDP genauso

Am selben Anlass äusserte sich auch Martin Merki, FDP-Stadtrat und Anwärter fürs Stadtpräsidium, öffentlich zur Reussportbrücke. Er wies zwar darauf hin, dass sich der Stadtrat noch nicht definitiv geäussert habe. Gleichwohl wurde deutlich, dass die Kritik nicht nur auf linker Seite geblieben ist. «Persönlich bin ich sehr skeptisch», sagte der Sozialdirektor. «Der minimale Zeitgewinn für den motorisierten Individualverkehr rechtfertigt nicht den enormen Eingriff in das Quartier.» 

Ob sich die beiden Frauen in der Stadtregierung, Manuela Jost (GLP) und Franziska Bitzi (CVP), im Rahmen des Wahlkampfs ebenfalls zur Reussportbrücke geäussert haben, ist nicht bekannt.

«Der Bypass macht auch ohne Autobahnanschluss Sinn.»

Manuela Jost, Stadträtin (GLP) auf Smartvote

Aufschlussreich ist diesbezüglich aber ein Blick auf die Online-Wahlhilfe Smartvote. Die Frage dort bezieht sich nicht nur auf die Reussportbrücke, sondern auf jedes mögliche Projekt an dieser Stelle. Im Wortlaut werden die Stadträte gefragt:

Soll sich die Stadt Luzern gegen den Bau des Autobahnanschlusses Luzern-Lochhof (im Rahmen Bypass-Luzern) einsetzen?

Die Haltung ist eindeutig: Drei von fünf amtierenden Stadträten antworten mit «Ja» (Züsli, Borgula und Jost), zwei mit «eher Ja» (Merki und Bitzi). Baudirektorin Manuela Jost (GLP) hat als Einzige einen Kommentar dazu verfasst. Sie führt aus, dass die Vorteile des Autobahnanschlusses evident sein müssen – was bislang nicht der Fall sei. «Deshalb rentiert ein solches Bauwerk nicht und muss auch grundsätzlich in Frage gestellt werden.» Der Bypass mache auch ohne den Autobahnanschluss Sinn.

Ausnahme für die Wahlen – aber offiziell ists noch nicht

Der Fall scheint also klar: Der Stadtrat wird auch die neue Variante des Autobahnzubringers bekämpfen. Oder ist das nur Wahlgeplänkel – weil man als Befürworter der Reussportbrücke in der Stadt Luzern kaum Stimmen gewinnt?

«Der Stadtrat hat vereinbart, dass sich die Mitglieder bei Wahlveranstaltungen zu gewissen politisch wichtigen und aktuellen Fragen äussern dürfen.»

Adrian Borgula, Stadtrat (Grüne)

Auf Anfrage beim Stadtrat äussert sich Mobilitätsdirektor Adrian Borgula – allerdings zurückhaltend. Dass die offizielle Haltung des Stadtrats zur Reussportbrücke ablehnend ausfällt, will der grüne Stadtrat weder bestätigen noch dementieren. Er verweist auf den 31. März: Dann veröffentliche der Stadtrat seine ausführliche Stellungnahme zum Bevölkerungsantrag der IG «Reussport Nein» – und lässt damit die Katze aus dem Sack, ob er gegen das Projekt opponiert oder nicht.

Dass dies erst nach dem Wahlsonntag der Fall sein wird, sei nicht beabsichtigt gewesen, so Borgula, sondern hänge mit den Fristen zusammen. 

Wo Vorstösse hängig sind, nimmt der Stadtrat üblicherweise keine Stellung. Laut Borgula wurden für den Wahlkampf Ausnahmen gewährt: «Der Stadtrat hat vereinbart, dass sich die Mitglieder bei Wahlveranstaltungen zu gewissen politisch wichtigen und aktuellen Fragen wie zum Beispiel betreffend Reussportbrücke äussern dürfen, auch um das jeweilige Profil zu zeigen.»

Die Aussagen seien in der Regel knapp ausgefallen. «Die konsolidierte und detaillierte Haltung präsentieren wir Ende März.» Denkbar, dass der Stadtrat also Bedingungen und Forderungen aufstellt. Aber von der Stossrichtung her käme etwas anderes als eine kritische Beurteilung einer Überraschung gleich, ja man könnte sogar sagen einer Verschaukelung der Wähler.

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