Umstrittene Sicherheitsmassnahme getestet

KKL-Schreck: Schriller Pfeifton im Kampf gegen Jugendliche

SP-Kantonsrat Hasan Candan empfindet den «KKL-Schreck» höchst bedenklich. (Bild: Emanuel Ammon/bic)

Mitten am Tag testet das KKL ein Gerät, das mit hohen Pfeiftönen junge Personen vom KKL-Gelände fernhalten soll. Doch ist der «KKL-Schreck» überhaupt rechtens? zentralplus hat nachgeforscht.

Der Europaplatz vor dem KKL ist an Wochenenden ein beliebter Treffpunkt für Jugendliche (zentralplus berichtete). Unter der Woche und tagsüber ist der Platz vergleichsweise ruhig. Eigentlich. Wie SP-Kantonsrat Hasan Candan erzählt, war er kürzlich mit seinem zweijährigen Sohn auf dem Weg zum Inseli. Auf der Höhe der Ecke des KKL-Gebäudes ertönte plötzlich ein sehr hoher, schriller Pfeif-Ton.

KKL testet Gerät als Sicherheitsmassnahme

Wie Candan vermutet, könnte es sich um eine Art «Schallschreckgerät» handeln, das auf Bewegungen reagiert. Also ein Gerät, das normalerweise bei Katzen eingesetzt wird, um sie aus fremden Gärten zu vertreiben. Nur im KKL-Fall anscheinend auch für Menschen.

Dabei handelt es sich nicht um eine Sicherheitsmassnahme der Stadt Luzern. Beim Sicherheitsmanager Christian Wandeler nachgefragt, erklärt er, «dass die Stadt Luzern keine solchen Schallschreckgeräte im Einsatz hat.»

Bleibt also noch das KKL. Auf die entsprechenden Fragen der Autorin antwortet KKL-Mediensprecherin Corinne Schneebeli lediglich, dass solch ein Gerät zum Sicherheitskonzept gehört. Und am Donnerstagnachmittag getestet wurde.

Stadt wusste von nichts

Der Einsatz des KKl-Schrecks wirft Fragen auf. Denn ist es dem KKL erlaubt, Personen vom Vorplatz zu verscheuchen? Eigentümerin des Europaplatzes ist nämlich die Stadt Luzern. Das bedeutet, es handelt sich letztlich um öffentlichen Grund.

Zwar hat die Stadt Luzern dem KKL aus sicherheitstechnischen Gründen bereits Ausnahmen erlaubt. So darf das KKL ausnahmsweise als private Institution Sicherheitskameras installieren, die den öffentlichen Grund filmen.

Mit den entsprechenden Beobachtungen konfrontiert, weiss weder Sicherheitsmanager Christian Wandeler noch Leiter Stadtraum und Veranstaltungen, Mario Lütolf, über den KKL-Schreck Bescheid.

Im Gespräch erläutert Lütolf, dass eine Installation eine Bewilligung brauchen würde, sofern diese öffentlichen Grund beansprucht. Anschliessende Gespräche mit dem KKL hätten jedoch ergeben, dass das KKL nichts auf öffentlichem Grund installiert hätte.

Nur: Ist die Sache damit wirklich gegessen? Der «KKL-Schreck» mag zwar nicht auf privatem Grund installiert sein. Der Lärm beschränkt sich jedoch nicht nur auf den KKL-Grund – womit wieder der öffentliche Grund tangiert wird. Auch Kantonsrat Candan bestätigt, dass er mittig auf dem Quai entlang gelaufen ist, als er den Pfeifton gehört hat.

KKL-Schreck gegen Junge ist keine neue Idee

Dafür findet der SP-Kantonsrat für das Gerät deutliche Worte: «Ich finde, das geht überhaupt nicht. Damit vertreibt man Spaziergänger, die ohne böse Absicht zum Inseli unterwegs sind.» Zudem findet er es auch bedenklich, dass mit solchen Geräten gezielt junge Menschen verscheucht werden sollen.

Solche «Schallschreckgeräte» sind nämlich in der Stadt Luzern kein neues Pflaster. Vor rund zehn Jahren ist ein entsprechendes Gerät auf dem Vorplatz der Universität Luzern installiert worden. Zwischen 22 und 4 Uhr stiess ein «Mosquito» damals Pfeiftöne im Frequenzbereich 16 bis 18 Kilohertz aus.

Damit zielt der Pfeif-Terror gezielt auf Jugendliche, da diese Frequenz nur von jungen Menschen bis etwa 25 Jahre hörbar ist. Einen Umstand, den Candan damals wie heute stark kritisiert: «Man muss bedenken, dass auch Eltern mit Kleinkindern an diesen öffentlichen Orten vorbeilaufen. Die reagieren bei weitem sensibler auf solch hohe Geräusche.»

Ironie des Schicksals? Bereits damals war es Hasan Candan, der die Geräte mit einer Motion auf Kantonsebene verbieten wollte. Dabei bezog er sich auf eine Einschätzung des Bundesrates.

Dieser wollte die Schallschreckgeräte nicht verbieten, räumte aber ein, dass damit Grundrechte tangiert werden. So zum Beispiel das Diskriminierungsverbot, die Versammlungsfreiheit oder der Anspruch von Kindern und Jugendlichen zum besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit.

Kanton verwies auf Bewilligungspflicht bei Stadt

In seiner Antwort verwies der Regierungsrat damals auf den erhöhten Sicherheitsbedarf an diesem Standort. Die Eigentümer der Liegenschaft nebenan hätten entsprechend auf eigene Initiative eine Schallschreckanlage plus Bewegungsmelder installiert. Da dies weder auf öffentlichen Grund installiert wurde noch in einer Liegenschaft des Kantons, nahm die Luzerner Regierung die Stadt Luzern in die Pflicht.

Denn: Aufgrund der negativen Auswirkungen solcher Geräte seien sie gemäss Raumplanungsgesetz bewilligungspflichtig durch den Stadtrat. Damit konfrontiert, räumt auch Mario Lütolf ein, dass der KKL-Schreck wegen «Emissionen auf den öffentlichen Grund» eine entsprechende Bewilligung benötigen würde.

Das KKL habe jedoch versichert, dass es sich um einen einmaligen Test handle und «nun keine Absicht einer festen Installation» bestehe.

Verwendete Quellen
  • Liste öffentlicher Videoüberwachung im Kanton Luzern
  • Telefongespräche mit SP-Kantonsrat Hasan Candan
  • Telefonat und Mail-Verkehr mit Mario Lütolf, Leiter Stadtraum und Veranstaltungen Luzern
  • Mail-Verkehr mit Corinne Schneebeli, Medienstelle KKL Luzern
  • Mail-Verkehr mit Christian Wandeler, Sicherheitsmanager Stadt Luzern
  • Interpellation + Antwort im Nationalrat «Mosquito. Schallwellen in hohen Frequenzbereichen» (Juni 2007)
  • Motion 353 «Über keine verfassungswidrige Schliessung des öffentlichen Raumes» (Mai 2013)
  • Stellungnahme des Regierungsrats zu Motion 353 (Mai 2013)
  • Grundbuchplan des Kantons Luzern (Stand 4. Februar 2022)
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7 Kommentare
  • Profilfoto von Yanick
    Yanick, 30.05.2023, 08:32 Uhr

    Es gibt eine Gruppe die beim KKL vor dem Notausgang im Eck (Windgeschützter überdachter Bereich) fast jeden Abend dort aufhält. Neben dem Sicherheitsrisiko falls der Notausgang doch einmal gebraucht würde ist natürlich Littering, Lärmbelästigung (tragbare Lautsprecher), Geruchsbelästigung (Rauchwaren verschiedener Art) und dessöfteren Konflikte welche zu Handgreiflichkeiten führen, regelmässig reklamiert worden.
    Es ist natürlich ein politisch schöner Schachzug das Schallgerät als Mittel gegen Jugendliche zu deklarieren, tatsächlich ist das Durchschnittsalter der Gruppe wohl ein wenig älter und viele darunter haben Migrationshintergrund, -Drogen werden auch gedealt, dass macht die Sache natürlich brisant.
    Aber was soll man denn nun mit den unerwünschten Individuen machen welche als Mahnmal der gescheiterten Sozial- Migrations- und Drogenpolitik sich im Sichtbereich der wohlbetuchten, kulturell Interessierten KKL-Besucher befinden? Es ist ja für die Linke auch schlechte Werbung…. Mir selbst als gebürtiger Luzerner mit Migrationshintergrund, tut immer das Herz weh wenn ich negative Stereotypen bestätigt sehen muss.

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    Michel von der Schwand, 07.02.2022, 12:42 Uhr

    Das elitäre Establishment will vom Pöbel nicht gestört werden. Allenfalls darf der Pöbel mal gucken, wenn die rechtsbürglichen Millionäre mit ihren importierten Russinnen auf dem roten Teppich ins KKL flanieren. Anstelle einer Velostation am Bahnhof liebäugeln FDP und SVP wohl mit dem Hochziehen einer Mauer rund um das KKL. Dabei sind es in der Regel ihre wohlstandsverwahrlosten Kinder, welche den Radau verursachen. War doch schon früher so, gell!

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    Paul, 06.02.2022, 13:43 Uhr

    Verscheuchen der jungen ist ja eine tolle Idee. Gebt den jungen platz!! Wie das inseli!! Die probleme lösen sich nicht mit verscheuchen!! Es verschiebt diese nur. Sobald diese verschiebung genug weit weg ist vom geld wird nichts mehr gemacht. Erbärmlich ihr prunk-besseren-leute-habe geld-ich darf -du nicht-schnösel

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    Reto Huber, 05.02.2022, 16:44 Uhr

    Vor der Abstimmung wurde der Platz vor dem KKL als neue Begegnungsstätte der Luzerner Bevölkerung gefeiert.
    Dies damit der dumme Steierzahler schön brav dem Vergnügungstempel der Eliten zustimmt.
    Nun steht er, also kann das unerwünschte «Pack» ja nun verscheucht werden.
    Seit dem Mittelalter hat sich da nicht viel geändert.

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    dario, 05.02.2022, 11:56 Uhr

    Hallo
    Ich Reise sehr viel, aber niergends hab ich sowas erlebt wie vor dem KKL Luzern. Ob Rom, Valencia oder Wien überal herscht Ordnung vor den Häusern. Villeicht sollten Schweizer mal ins Ausland und schauen wie sie das machen.

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      Anita Gehrig, 05.02.2022, 15:59 Uhr

      Ich sage » BRAVO». Gut gemacht KKL.

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    Roli Greter, 05.02.2022, 08:45 Uhr

    Mit welcher Absicht wurde denn dieser «einmalige» Test durchgeführt?

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