Kanton Luzern streicht Millionengewinn ein – nun soll er Hilfspaket schnüren
Satter Gewinn statt ein Minus: Der Kanton Luzern schliesst das Rechnungsjahr 2019 mit 64 Millionen im Plus ab – und damit deutlich besser als erwartet. Nun wird die Forderung laut, mit dem Überschuss die von der Corona-Krise betroffenen Unternehmen zu unterstützen.
Positive Nachrichten aus Luzern: Der Kanton schliesst das Rechnungsjahr 2019 mit einem Überschuss von 64,1 Millionen Franken ab. Dies bei einem Gesamtaufwand von rund 3'557 Millionen Franken. Das Ergebnis ist deutlich besser als erwartet: Budgetiert war ursprünglich ein Minus von 26,3 Millionen Franken (das aufgrund von Nachtragskrediten auf 41,5 Millionen Franken anstieg).
Mit dem Gewinn knüpft der Kanton an das gute Vorjahresergebnis an. Das kommt insofern nicht überraschend, weil die doppelte Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erwartet wurde. Sie bescherte Luzern bereits 2018 einen positiven Rechnungsabschluss. In dem Stil geht es übrigens auch 2020 weiter, wie die Nationalbank kürzlich bekannt gab (zentralplus berichtete).
Nebst den Millionen der Nationalbank nennt der Luzerner Regierungsrat in einer Mitteilung höhere Steuererträge sowie eine strenge Ausgabendisziplin als Hauptgründe für das Ergebnis.
Firmen zahlen weniger Steuern
Die Steuererträge fallen deutlich höher aus als budgetiert – zumindest bei den natürlichen Personen. Sie lieferten 2019 über 1'018 Millionen Franken in die Staatskasse ab – rund 50 Millionen mehr als budgetiert.
Bei den Unternehmen hingegen zeichnet sich ein anderes Bild: 123,8 Millionen Franken waren budgetiert – 112,2 Millionen Franken wurden effektiv gezahlt. Finanzdirektor Reto Wyss begründet das mit dem Umfeld: «Die Steuererträge juristischer Personen sind volatil, da deren Geschäftsergebnisse im Gegensatz zu natürlichen Personen Schwankungen unterworfen sind.»
In einer Videobotschaft hält er trotz den tieferen Einnahmen fest, dass die Halbierung der Unternehmenssteuern richtig gewesen sei. Während CVP und FDP diesen Kurs mittragen, kritisieren SP und die Grünen die Tiefsteuerstrategie.
Was die Ausgaben betrifft, streicht die Regierung insbesondere die Disziplin der Verwaltung hervor. Zu tieferen Kosten führte zum Beispiel, dass in der Berufs- und Weiterbildung weniger Klassen geführt wurden.
Weniger begrüssenswert, aber finanziell zu Buche schlägt, dass im Bereich Informatik oder Verkehr ein Fachkräftemangel herrscht, was zu einem tieferen Personalaufwand führte. Ausserdem konnten im Immobilienbereich nicht alle Vorhaben planmässig realisiert werden.
Auf der anderen Seite führten höhere Patientenzahlen und Mehrkosten bei der individuellen Prämienverbilligung zu mehr Ausgaben als budgetiert.
Grosse Investitionen stehen an
2019 konnten die Nettoschulden um 49,7 auf 85,8 Millionen Franken reduziert werden. Die gesetzliche Schuldengrenze von 584,8 Millionen Franken werde deutlich unterschritten, schreibt der Kanton.
Steigen werden in Zukunft die Investitionen, etwa in Form des neuen Verwaltungszentrums am Seetalplatz oder Projekten im Strassen- und Wasserbau.
«Nach einem steilen und teils steinigen Anstieg sind wir jetzt an einer Zwischenstation angekommen.»
Reto Wyss, Finanzdirektor
Der Luzerner Regierungsrat sieht sich insgesamt durch das Ergebnis in seinem finanzpolitischen Kurs bestätigt. «Die Rechnung geht auf, für die Bevölkerung ebenso wie für die Staatskasse», sagt Finanzdirektor Reto Wyss (CVP), der die Situation mit einer Bergwanderung vergleicht. «Nach einem steilen und teils steinigen Anstieg sind wir jetzt an einer Zwischenstation angekommen.» Die guten Abschlüsse seien ein Polster für Schwankungen in der Zukunft.
Parteien verlangen unisono Unterstützung der Wirtschaft
Bei den Parteien nimmt man das Ergebnis grösstenteils erfreut zur Kenntnis. Angesichts der aktuellen Lage fordern aber mehrere Parteien, dass der Kanton auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie reagiert.
«Nun muss der Regierungsrat den gewonnenen Handlungsspielraum für eine Unterstützung der Luzerner Wirtschaft einsetzen.»
Claudia Huser, GLP-Fraktionspräsidentin
Die CVP zum Beispiel erwartet laut Mitteilung, dass die Regierung den Bedürfnissen der Wirtschaft bei der Bewältigung der Situation Rechnung trägt. «Der Rechnungsabschluss 2019 ist diesbezüglich eine gute Grundlage und bietet Optionen für pragmatische Hilfe.» Auch für die FDP ist klar, dass zur Sicherung der Arbeitsplätze nun die Wirtschaft unterstützt werden müsse. «Die finanzielle Situation des Kantons Luzern erlaubt ergänzende Massnahmen zu denjenigen des Bundes, zu Gunsten der Luzerner Bevölkerung und der Wirtschaft», schreibt die Partei in einer Mitteilung.
Grüne fordern Hilfspakete
Die Grünen fordern ebenfalls, den Gewinn «vollumfänglich für Hilfe an jene zur Verfügung zu stellen, welche selbst keine Kurzarbeit anmelden und kaum Kredite bekommen und so unmittelbar vor dem Ruin stehen». Für weitere Hilfspakete sei die Schuldenbremse zu lockern.
«Nun muss der Regierungsrat den durch die Überschüsse der vergangenen zwei Jahre gewonnenen Handlungsspielraum für eine Unterstützung der Luzerner Wirtschaft einsetzen», fordert auch GLP-Fraktionspräsidentin Claudia Huser. In Koordination mit dem Bund sollen Unternehmen und Selbständigerwerbende rasch und unbürokratisch in ihrer finanziellen Liquidität unterstützt und für massive Ertragsausfälle entschädigt werden. Das sei eine prioritäre Aufgabe des Kantons. Die Abwicklung der Unterstützung soll möglichst über die Geschäftsbanken erfolgen. Die Finanzierung obliege jedoch aus der Sicht der Grünliberalen in der Verantwortung des Kantons.
«Die Regierung muss nun die finanziellen Mittel freigeben, um die Krise zu bewältigen.»
SP Kanton Luzern
Das unerwartete Ereignis, für das der Kanton Luzern nun Reserven anlege, sei mit Corona bereits da, stimmt der Luzerner Gewerkschaftsbund in den Tenor ein. «Wenn der Bund zu lange zögert, braucht es Sofortmassnahmen zur Sicherung der Löhne von Personen, die nicht zu Kurzarbeit berechtigt sind, ebenso für Selbständigerwerbende», schreibt er in einer Mitteilung. Ihm schwebt zum Beispiel ein Nothilfefonds für zinslose Darlehen vor. Auch die SP hält fest: «Die Regierung muss nun die finanziellen Mittel freigeben, um die Krise zu bewältigen.»
Der Regierungsrat hat am Dienstagnachmittag betont, dass er sich einerseits beim Bund für die Unterstützung der Wirtschaft einsetzt, andererseits eigene Massnahmen erarbeiten will. So werden zum Beispiel die Zahlungsfristen für Steuern und Gebühren erstreckt und die Hürden für Kurzarbeit möglichst unbürokratisch gestaltet. Ebenso laufen Gespräche der Regierung mit Banken, um – analog zur Luzerner Kantonalbank – Kredite für die Geschäftskunden zu erwirken (zentralplus berichtete). Es wird zudem erwartet, dass der Bundesrat diesen Freitag nähere Details zu seinem 10-Milliarden-Rettungspaket bekanntgeben wird.
Das sagt Finanzdirektor Reto Wyss zur Jahresrechnung:
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Scherer Heidi, 23.03.2020, 00:05 Uhr Erneut konnte der Kanton Luzern eine erfreuliche Jahresrechnung präsentieren. Eine tiefe Schuldenlast und eine gute Investitionsfähigkeit sind insbesondere jetzt sehr wichtig. Die bürgerliche Finanzpolitik der letzten Jahre ermöglicht uns heute gute Rahmenbedingungen (Firmen- und Arbeitsplatzwachstum) und die wichtige Unterstützung der Wirtschaft während der Coronakrise. Aktuell geht es darum, Liquiditätsengpässe der Unternehmen zu vermeiden und Lösungen für Selbständigerwerbende zu finden. Die Massnahme der Luzerner Kantonalbank, als unbürokratische Soforthilfe 50 Millionen Franken für kurzfristige Kredite zur Verfügung zu stellen, ist ein guter erster Schritt. Diese Massnahme reicht aber noch nicht aus. Die FDP ist bereit, ihre liberale Verantwortung zu übernehmen und eine Garantin für verlässliche und flexible, pragmatische Lösungen zu sein. Für die Bevölkerung, für das lokale Gewerbe, für unsere Arbeitsplätze. Auch in schwierigen Zeiten.
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