Ehemalige Kantonsrätin kämpft weiter

Einsatz an Corona-Mahnwache: Strafverfahren gegen Luzerner Polizisten eingestellt

Heidi Joos wurde anlässlich einer Mahnwache gegen die Corona-Massnahmen vorläufig festgenommen. (Bild: jal)

Die ehemalige Kantonsrätin Heidi Joos ist im Sommer in Luzern festgenommen worden, als sie gegen die Corona-Massnahmen demonstrierte. Sie wirft den Polizisten Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung vor – zu Unrecht, wie die Staatsanwaltschaft findet. Doch damit ist der Fall noch nicht vom Tisch.

Was eine friedliche Mahnwache hätte werden sollen, endete an Pfingsten letzten Jahres in einem umstrittenen Polizeieinsatz. Die ehemalige Kantonsrätin Heidi Joos wurde kurzzeitig festgenommen – angeblich hatte sie die Polizisten an einer Amtshandlung gehindert und sich der Gewalt und Drohung gegen Behörden schuldig gemacht (zentralplus berichtete).

Die Luzernerin wollte an jenem Tag ihren Unmut über die Beschränkung von Grundrechten im Rahmen des Notrechts kundtun. Ihre Festnahme war aus ihrer Sicht «unverhältnismässig gewaltsam, schikanös und überzogen».

Sie wandte sich daher nach dem Vorfall mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit – und setzte sich ihrerseits mit einer Strafanzeige gegen die Polizei zur Wehr (zentralplus berichtete). Sie wirft den Einsatzkräften Amtsmissbrauch und Freiheitsberaubung vor.

Ermittlungen von Amtes wegen – oder doch nicht?

Noch bevor ihre Anzeige einging, hatte die Leitung der Luzerner Polizei bereits die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, um die Vorwürfe gegen ihre Mitarbeiter zu klären (zentralplus berichtete).

«Es läuft darauf hinaus, dass man an mir ein Exempel statuieren will.»

Heidi Joos

Diese kommt nun zum Schluss, dass die sechs Polizistinnen nichts falsch gemacht haben. Weder der Ablauf noch der Grund der Festnahme, aber auch nicht die Ereignisse im Hauptgebäude der Luzerner Polizei würden den Tatbestand des Amtsmissbrauchs erfüllen, heisst es in der 19-seitigen Einstellungsverfügung, die zentralplus anonymisiert vorliegt. Das Gleiche gelte für den Vorwurf der Freiheitsberaubung.

Für die Klägerin könnte es teuer werden

Die Staatsanwaltschaft stellt die betreffenden Verfahren daher ein – mit Kostenfolge für Heidi Joos. Sie soll an die Verfahrenskosten einen grossen Teil, sprich 6'100 Franken, bezahlen.

Dagegen setzt sich die ehemalige Kantonsrätin zur Wehr, wie sie in einer Medienmitteilung schreibt. Sie ficht die Einstellung der Strafverfahren beim Kantonsgericht an. «Es ist ein Hohn, dass mir ein derart happiger Betrag der Kosten auferlegt wird», sagt Joos auf Nachfrage. Polizeikommandant Adi Achermann habe öffentlich versichert, dass die Vorwürfe von Amtes wegen untersucht würden, «um die Bevölkerung zu beruhigen».

Das Kantonsgericht soll über den Fall befinden

Dass sie jetzt die Kosten tragen soll, sieht Joos nicht ein. «Es läuft darauf hinaus, dass man an mir ein Exempel statuieren will», ist sie überzeugt. Mit diesem Verfahren habe man Grundlagen geschaffen, um die Anklage gegen sie vorzubereiten. «Die Darstellung des Sachverhalts entspricht einfach derjenigen der Polizei. Das wurde unhinterfragt übernommen, ohne dass die verschiedenen Sichtweisen sauber gegeneinander abgewogen wurden», findet Joos.

Als Nächstes wird sich also das Kantonsgericht mit der Frage beschäftigen müssen, ob die Verfahrenseinstellung rechtmässig ist. Das Verfahren gegen die ehemalige Kantonsrätin selber ist derweil noch hängig.

Enge Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft

Joos geht es bei ihrer Beschwerde nicht nur um den konkreten Fall, sondern um ein Problem grundsätzlicher Art. Staatsanwaltschaft und Polizei arbeiten im Alltag eng zusammen. Insbesondere sei die Staatsanwaltschaft auf die Kooperation mit der Polizei angewiesen, heisst es in der Beschwerde. «Vor diesem Hintergrund erstaunt es wenig, dass die meisten Strafklagen gegen die Polizei im Sande verlaufen oder zuungunsten der Klagenden ausfallen.»

Dass dies problematisch sei, habe Amnesty International bereits 2007 in ihrem Bericht «Polizei, Justiz und Menschenrechte» festgehalten. Die Menschenrechtsorganisation fordere deshalb, dass eine unabhängige Instanz eingerichtet werde, die für die Behandlung von Strafverfahren über polizeiliches Fehlverhalten zuständig sei. Das Anliegen ist bis heute nicht umgesetzt.

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5 Kommentare
  • Profilfoto von kelsinger
    kelsinger, 19.01.2021, 20:08 Uhr

    Die Gewaltenteilung zwischen der Staatsanwaltschaft, der Polizei und auch dem Luzerner Kantonsgericht ist inexistent. Man kennt sich. Insbesondere die Polizei und die Stawa arbeitet Hand in Hand.

    Und lieber Herr Scherrer, mit Verlaub: Die Schweiz ist kein Rechtsstaat:
    – Keine Verfassungsgerichtsbarkeit
    – keine Gewaltenteilung in tatsächlicher Hinsicht
    – abhängige Richter, die Mandatsgebühren an ihre Partei abliefern, von der Sie als Parteigänger auch portiert werden (ohne Parteimitgliedschaft gibt’s kein Richterpöstchen): Was sagt das jetzt über die Integrität unserer Richter aus? 😉

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  • Profilfoto von Hebi
    Hebi, 18.01.2021, 21:45 Uhr

    In diesem bericht von AI gings aber nicht um weisse gutsituierte wie frau joos, sondern orimär um folgendes:

    Zu den Übergriffen der Polizei sei es insbesondere bei Einsätzen gegen Asylsuchende, Schwarze, Fussballfans und Minderjährige gekommen.

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  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 18.01.2021, 15:05 Uhr

    War ja wohl zu erwarten, ausser wir wären ein Rechtsstaat

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    • Profilfoto von CScherrer
      CScherrer, 18.01.2021, 16:40 Uhr

      Während dem Staatskunde-Unterricht hatten Sie wohl mehr als nur einen Fensterplatz. Nicht bewiesene Unterstellung eines Wutbürgers. Mehr und nicht weniger.

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    • Profilfoto von Silvan Studer
      Silvan Studer, 18.01.2021, 17:02 Uhr

      @CScherrer: Sie haben wohl den Artikel nicht zu Ende gelesen.
      Jetzt wird die Gemengelage langsam unübersichtlich, wenn Linke wie Sie sich nicht mehr für «Menschenrechte» interessieren.
      Mir liegt politisch nichts ferner als Rotgrüne wie Frau Joos, aber wo sie recht hat, hat sie recht.

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