Luzern: Zeitplan für Rösslimatt-Areal stockt

Riesenprojekt hinter Bahnhof verzögert sich weiter

Von oben sieht’s dezent aus, das Projekt auf dem Rösslimatt-Areal. Zuerst soll der längliche Bau vorne an den Gleisen realisiert werden.

(Bild: zvg)

Weil ein Hauptmieter fehlt, verzögert sich die Realisierung des grossen Geschäftsgebäudes auf dem Rösslimatt-Areal weiter. Vor 2023 geht sicher nichts. Fragen wirft auch das zu einem späteren Zeitpunkt geplante 40-Meter-Hochhaus auf.

Ursprünglich war mal von 2018 die Rede. Dann, so die Hoffnung der Stadt Luzern und der SBB, hätte auf dem Rösslimatt-Areal hinter dem Bahnhof ein Prestigeprojekt eröffnet werden sollen: 20’000 Quadratmeter Gewerbe- und Bürofläche für 600 bis 1000 Mitarbeitende an bester Lage, mitten im Herzen der Stadt Luzern, die seit Jahren damit kämpft, dass sie Firmen keine grossen zusammenhängenden Flächen mehr anbieten kann. Der Name des als Ersatz für den alten Güterschuppen gedachten Projekts: «Village Luzern Rösslimatt».

Eröffnung kaum vor 2024

Doch das Projekt, für das 2013 ein Studienwettbewerb durchgeführt wurde, harzt. Jahr für Jahr wird der Eröffnungstermin von der SBB als Eigentümerin der Parzelle nach hinten verschoben. Begründung: Man habe noch keinen Hauptmieter. Dies sei aber Voraussetzung, um mit dem Bau beginnen zu können. Zuletzt war von 2022 die Rede und dass man den Gestaltungsplan 2016 vorlegen wolle. Jetzt kommt zwar tatsächlich langsam Schwung in die Bude. «Die öffentliche Auflage und Mitwirkung für den Gestaltungsplan ist auf Februar/März geplant», sagt SBB-Sprecher Oli Dischoe auf Anfrage von zentralplus. Aber: «Das Geschäftsgebäude namens perron kann nach aktuellem Planungsstand frühestens 2023 in Betrieb genommen werden.» Heisst: Es wird ziemlich sicher frühestens 2024. Also sechs Jahre später als geplant. Und elf Jahre nach dem Studienwettbewerb.

So soll das Geschäftsgebäude auf dem Rösslimatt-Areal dereinst von innen aussehen.

So soll das Geschäftsgebäude auf dem Rösslimatt-Areal dereinst von innen aussehen.

(Bild: zVg)

Dabei ging man speziell bei der Stadt davon aus, dass aufgrund der guten Lage des Areals im Herzen der Stadt, der unmittelbaren Nähe zum Bahnhof sowie der tiefen Firmensteuern die Vermietung der Flächen ein Kinderspiel werden sollte. Nicht zuletzt aus finanziellen Gründen hoffte man darauf. Denn ein «wertschöpfungsintensiver» Grossmieter, wie von der Stadt gewünscht, würde auch entsprechend Steuern zahlen und Arbeitsplätze schaffen.

Der städtische Wirtschaftsförderer Peter Bucher erklärte das Dilemma kürzlich gegenüber zentralplus wie folgt: «Wir sind regelmässig mit Anfragen nach grösseren Büroflächen konfrontiert, die wir nicht erfüllen können. Grössere Player zu haben, ist aber wichtig, weil davon auch die vielen KMU in der Stadt als Zulieferer profitieren. Zudem ist es gut fürs Image der Stadt sowie aus steuerlichen Gründen.» Entsprechend enttäuscht ist man auch bei der Stadt.

So soll das neue Geschäftsgebäude auf dem Rösslimatt-Areal dereinst aussehen.

So soll das neue Geschäftsgebäude auf dem Rösslimatt-Areal dereinst aussehen.

(Bild: zVg)

Firmen kaufen lieber, anstatt zu mieten

Seitens der SBB mag man sich nicht mehr zu den Gründen für die lange Verspätung äussern. Man sei im Gespräch mit «verschiedenen potenziellen Mietern» und strebe eine «nachhaltige und langfristige» Lösung an, heisst es nur.

Bekannt ist, dass nebst dem zentralen Standort die zeitliche Verfügbarkeit der Immobilie, die Erschliessung mit dem Verkehr sowie die Möglichkeit zum Kauf wichtig sind. «Die Erfahrungen zeigen, dass insbesondere geeignete Kaufobjekte fehlen», schrieb der Stadtrat schon 2014 in einer Antwort auf einen SP-Vorstoss. Für die Wirtschaftsförderung sei zudem die Verfügbarkeit ein Hauptproblem – speziell in Zeiten wie diesen, wo etwa in  Kriens und Emmen enorm viel gebaut werde, könne sich das auf die Nachfrage des Rösslimatt-Projekts auswirken.

(Bild: zVg)

400 Wohnungen – und noch viel mehr

Ein weiterer spannender Aspekt am Projekt auf der Rösslimatte betrifft die zweite Phase auf dem Baufeld B. Diese soll einiges später und etappiert anlaufen, nicht vor 2030 abgeschlossen sein und umfasst die Bereiche Wohnen (geplant sind rund 400 Wohnungen im mittleren bis gehobenen Preissegment), Hotellerie, Kommerz, Gastronomie und Kultur – und ein 40-Meter-Hochhaus.

Die verschiedenen Etappen des Projekts. Das Hochhaus ist im Baubereich B vorgesehen.

Die verschiedenen Etappen des Projekts. Das 40-Meter-Hochhaus ist im Baubereich B vorgesehen.

(Bild: zVg)

Doch in der Stadt Luzern Hochhäuser zu bauen, auch wenn sie nur 30 oder 40 Meter hoch und damit Zwerge im Vergleich zu Hochhäusern in anderen Städten sind, sorgt stets für viel Kritik. Zudem hat die Stadtluzerner Stimmbevölkerung erst 2013, im Rahmen der Revision der Bau- und Zonenordnung (BZO), über vier mögliche Hochhausstandorte abgestimmt. Dreien davon, am Bundesplatz, am Steghof und auf dem Pilatusplatz, haben sie zugestimmt. Jenem neben dem Hotel Seeburg wurde eine Abfuhr erteilt.

Und jetzt kommt also bereits der nächste Wunsch nach einem Hochhaus. Immerhin: Kürzlich hat das Bundesgericht den Luzerner Stadtrat gestützt, der eine von Privaten lancierte Anti-Hochhaus-Initiative für ungültig erklärt hat. Die Initiative hat verlangt, dass im Zentrum der Stadt Luzern keine Hochhäuser gebaut werden dürfen.

Hochhaus existiert erst als Vision

Beim Vorgehen bestehen nun offensichtlich Unklarheiten zwischen der Stadt und der SBB. Denn um auf dem Areal ein Hochhaus bauen zu können, braucht es eine Umzonung. Die SBB geht laut Dischoe davon aus, dass dies im Rahmen der aktuell anstehenden Teilrevision der BZO geschehen wird: «Sobald diese in Kraft getreten ist – womit nach aktuellem Kenntnisstand bis etwa Ende 2017 zu rechnen ist –, wird die SBB einen Architekturwettbewerb durchführen.» In dessen Rahmen soll auch das Volumen des Hochhauses genauer untersucht werden.

Doch bezüglich Zeitplan widerspricht Daniel Bernet, Jurist der Stadtluzerner Baudirektion: «Das Hochhaus ist nicht Teil der laufenden Teilrevision über Sonderanliegen im Stadtteil Luzern.» Folglich braucht es dazu eine separate BZO-Revision. Deborah Arnold, Leiterin Stadtentwicklung, bestätigt die Einschätzung von Bernet: «Es ist korrekt, dass das Hochhaus bis jetzt nicht Teil der laufenden Teilrevision über Sonderanliegen im Stadtteil Luzern war.» Aufgrund der nun gerichtlich bestätigten Ungültigkeit der Stadtbildinitiative würden aktuell Gespräche darüber laufen, ob das Hochhaus, wie es der städtebauliche Entwurf des Siegerteams vorsah, in das laufende Verfahren integriert werden soll. «Aufgrund der Unklarheiten über den Ausgang zur Initiative wurde das Hochhaus bislang nicht berücksichtigt», schreibt Arnold weiter.

Darauf angesprochen räumt Dischoe ein Missverständnis ein: «Einen Architekturwettbewerb für das Baufeld B wird die SBB erst nach Inkrafttreten der aktuellen Revision der BZO ausloben.» Die SBB werde in den nächsten Monaten mögliche Szenarien für das Baufeld prüfen und das weitere Vorgehen mit der Stadt besprechen.

Blick heute auf die Gleise und das Rösslimatt-Areal. Hinten links, wo der Güterschuppen steht, soll die Geschäftsüberbauung hin.

Blick heute auf die Gleise und das Rösslimatt-Areal. Hinten links, wo der Güterschuppen steht, soll die Geschäftsüberbauung hin.

(Bild: zVg)

Stadt prüft Hochhausgesuche speziell

Wenn Bauherren in der Stadt Luzern ein Hochhaus realisieren möchten, müssen sie sich am regionalen Hochhauskonzept orientieren. Dieses definiert Anforderungen und Vorgaben. Daniel Bernet sagt: «Der einzelne Hochhausstandort wird seitens der Stadt als Bewilligungsbehörde auf die Einhaltung dieser Anforderungen und Vorgaben geprüft.»

Auf die Frage, wo und unter welchen Umständen in der Stadt noch weitere Hochhausstandorte möglich wären, verweist Bernet auf die Infos in der letzten BZO-Gesamtrevision. Darin steht: «Hochhäuser sind eine Möglichkeit für eine bodenschonende Verdichtung. Gleichzeitig können mit ihnen – je nach Höhe – städtebauliche Akzente gesetzt werden. Daher können Standorte für Hochhäuser auch aus städtebaulicher Sicht Sinn machen. Die Bedingungen dazu müssen aber sorgfältig geprüft werden. Neben städtebauli­chen Aspekten müssen insbesondere die Auswirkungen auf das Verkehrssystem und das Frei­raumgefüge berücksichtigt werden.»

SP kritisiert Fokussierung auf Büroflächen

SP-Grossstadtrat Simon Roth ist das ganze Projekt ein Dorn im Auge: «Meiner Meinung nach sollte man von der einseitigen Fokussierung auf grossräumige Büroflächen wegkommen. Dies ist einer der Hauptgründe, weshalb es bis jetzt kaum vorwärtsgeht.» Ziel soll laut Roth stattdessen eine «städtebaulich wertvolle Bebauung» dieses zentralen Gebietes sein. Dies bedeute eine gute Durchmischung von bezahlbarem Wohnraum, Gewerbe- und Büroflächen und Detailhandel.

Roth ärgert sich: «Leider ist es aber so, dass die SBB primär Renditeinteressen im Auge hat, nicht aber die Stadtentwicklung insgesamt. An einem derart zentralen Baugrund ist es deshalb meiner Meinung nach Aufgabe der Stadt, den gesamtheitlichen Blick und die gesamtstädtischen Bedürfnisse zur Geltung zu bringen.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von michael.wey gmail.com
    michael.wey gmail.com, 02.02.2017, 15:53 Uhr

    Spannend ist, dass sie gearde jetzt (Seit 02.02.2017 ca.10:00) dran sind ein Baugespann aufzustellen beim Baubereich B. Was da wohl vor sich geht?

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