Die Gastro-Brüder Kaufmann auf neuen Wegen

«Wir sind absolute Pfeifen im Marketing»

Zwei von vier hinter dem «Drei Könige»: Stefan (l.) und Manuel Kaufmann. (Bild: jav)

Nach über sechs Jahren im Luzerner Restaurant Hopfenkranz haben die Gebrüder Kaufmann letztes Jahr zusätzlich das «Drei Könige» übernommen. Nun ist der Hopfenkranz in neuen Händen und die Gebrüder Kaufmann haben ihre Köpfe wieder frei für frische Projekte.

Wir treffen uns im Drei Könige zur Mittagszeit. Es ist einiges los, aber die beiden Brüder, Stefan und Manuel Kaufmann, können sich die Zeit nehmen.

Im ersten Moment hielte man die beiden nicht für Brüder. Nicht nur äusserlich, auch von der Art her sind der 33-jährige gelernte Polymechaniker Stefan und der 35-jährige Koch Manuel ganz unterschiedlich. Doch es scheint zu harmonieren.

Vor kurzem haben sie den Schlüssel zum Restaurant Hopfenkranz ihrem Nachfolger, dem Koch Moritz Stiefel, übergeben (zentralplus berichtete). Über ein Jahr lang sah es aus, als würden die beiden mit dem gut laufenden Hopfenkranz und dem Drei Könige ein kleines Gastro-Imperium aufbauen wollen. Doch gemeinsam mit Manuel Berger und Philipp Rühle konzentrieren sich die beiden Brüder nun ganz auf das Drei Könige im Bruchquartier, welches Berger als Geschäftsführer leitet.

zentralplus: Der Hopfenkranz ist für euch nun Geschichte – die Schlüssel sind übergeben. Wolltet ihr nicht das Drei Könige und den Hopfenkranz parallel weiterführen?

Stefan Kaufmann: Diese Entscheide sind ganz unabhängig voneinander gefallen. Wir hatten nie gesagt, dass wir den Hopfenkranz aufgeben werden, wenn das mit dem Drei Könige klappt.

Manuel Kaufmann: Die Idee kam mit der Zeit und ist uns nicht einfach gefallen, sondern fast ein Jahr lang gereift – in vielen Diskussionen. Loslassen ist immer ein schwieriger Prozess. Aber jetzt sind wir sehr froh und glücklich darüber, wie es gekommen ist.

zentralplus: Bald heisst euer ehemaliges Restaurant «Stiefels Hopfenkranz». Wie findet ihr das?

Manuel: Wir sind sehr happy mit der Nachfolge. Wir mögen Moritz sehr – als richtig guten Koch, dessen Namen man kennt, und als Freund.

zentralplus: Wir haben gedacht, dass ihr nun ein Restaurant ums nächste eröffnet. Der Hopfenkranz, dann dazu das Drei Könige und so weiter.

Manuel: Ich dachte immer, dass ich das will. So, wie die «Grossen» ein Restaurant nach dem anderen eröffnen. Heute ist das kein Ziel mehr.

«Wir haben den Hopfenkranz geführt wie eines dieser alten Ehepaare.»
Stefan Kaufmann

zentralplus: Und jetzt nach dem Loslassen im Hopfenkranz. Wie läuft es im Drei Könige?

Manuel: Finanziell kann man im ersten Jahr froh sein, wenn etwas rausschaut. Im zweiten Jahr ist es ähnlich. Ab dem Dritten müsste dann etwas übrig bleiben.

zentralplus: Wo hapert’s noch? Gibt es wichtige Baustellen?

Manuel: Es gibt tausende Baustellen. (Beide lachen.)

Stefan: Wir hatten noch gar nicht wirklich die Zeit, uns richtig einzubringen und Einfluss zu nehmen. Das lag bisher – mit fünf Tagen Hopfenkranz die Woche – einfach nicht drin.

zentralplus: Was ist eigentlich mit der Bar des Drei Könige? Ist die jetzt offen oder nicht? Ich bin da verwirrt.

Stefan: Da bin ich auch verwirrt. (Beide lachen.)

Manuel: Ja, die Bar ist unser Sorgenkind. Da haben wir ehrlicherweise Fehler gemacht – baulich auch. Und wir haben bisher zu wenig Zeit investieren können.

Stefan: Zu viert – mit Manuel Berger und Philipp Rühle – ist es oft auch schwieriger. Die Diskussionen dauern länger, bevor wir gemeinsam entscheiden. Aber nach der Zeit im Hopfenkranz tut es auch gut, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten. Man lernt loszulassen, lockerer zu werden und sich auch mehr Zeit für die eigenen Interessen zu nehmen. Sich in etwas völlig zu vertiefen.

zentralplus: Diese Zeit hattet ihr bisher nicht?

Stefan: Überhaupt nicht. Wir haben den Hopfenkranz geführt wie eines dieser alten Ehepaare, die sich ein Leben lang einer Beiz verschreiben. Man kennt sie, von morgens früh bis abends spät trifft man die beiden nur in der Beiz.

«Man spürt teilweise schon auch Neid und Missgunst.»
Manuel Kaufmann

zentralplus: Davon habt ihr jetzt genug?

Manuel: Genau. Ich verzichte gern auf etwas mehr Lohn und Karriere, dafür habe ich mehr Zeit für mich. Wenn ich nie ein Buch lesen kann, macht mich das kaputt. Jetzt, wo der Hopfenkranz ganz wegfällt und ich im Drei Könige mit 50 Prozent anfange, kann ich endlich meine ganzen Ideen wälzen.

Stefan: Ich möchte auch nicht mehr nur einen Job machen. Erstmal werde ich im Drei Könige voll anfangen, aber das Ziel ist es, Möglichkeiten für anderes zu haben.

zentralplus: Also jetzt mal raus damit. Da ist doch noch etwas in Planung?

Stefan: Also gut, wir haben einen Raum in der Baselstrasse. Eine Werkstatt. Das wird aber kein öffentlicher Ort, daher gibt es keine Eröffnung, kein Programm, keinen Druck.

Manuel: Wir wissen selbst noch nicht, was der Raum ist und sein wird. Ein Weinkeller vielleicht, eine Wursterei oder ein Raum, um an seinem Velo rumzubasteln.

Manuel: Einfach mal vier Wände und ein Dach für uns.

zentralplus: In Luzern wirkt es manchmal so, als würde ständig etwas Neues eröffnen, überall gibt es Wechsel. Wie lebt es sich mit der Konkurrenz?

Manuel: Die Frage ist: Sind es Konkurrenten, Mitbewerber, befruchten wir uns gegenseitig? Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass alle Gastronomen Best Friends sind. Man spürt teilweise schon auch Neid und Missgunst. Denn es gibt viele gute Sachen, aber kulinarisch ist Luzern nicht unbedingt eine Reise wert. Da wird auch viel geheuchelt. Ich find’s auf jeden Fall toll, wenn ich das Herzblut dahinter spüre – den Willen und die Leidenschaft.

Stefan: Man könnte auch was völlig Verrücktes ausprobieren. Doch ob das dann funktioniert?

zentralplus: Was funktioniert denn überhaupt?

Manuel: Das fragen wir uns auch ständig. (Sie lachen.) Soll man das Konzept dem Kunden anpassen, oder macht man das, was man selbst will? Bist du selbstständig, musst du Kompromisse eingehen. Das macht manchmal auch Mühe, wenn man gern mehr möchte. Denn in erster Linie arbeite ich für mich und nicht für den Gast. 

«Die Luzerner sind sehr lauffaul.»
Manuel Kaufmann

zentralplus: Wie wichtig ist der Standort?

Stefan: Sehr wichtig. Bist du etwas aus dem Kern raus, hast du viel weniger Laufkundschaft. Es ist wie ein Riegel vorne beim Hirschengraben. Dahinter wagen sich viel weniger Leute.

zentralplus: Sind die Leute lauffaul?

Manuel: Die Luzerner sind sehr lauffaul.

zentralplus: Und wie überlebt man trotzdem – auch etwas ausserhalb?

Stefan: Man muss etwas anderes anbieten. Einfach nur mit der Masse mitschwimmen reicht nicht.

Manuel: Da muss man aber auch sagen: Wir sind auch absolute Pfeifen im Marketing. Wir sind Facebookhasser, und unser Angebot rausplärren, das können wir irgendwie nicht. Aber ist vielleicht ja auch sympathisch.

Stefan: Man muss rechnen können. Viele Wirte können das nicht. 60 Prozent der Restaurants in der Schweiz schreiben rote Zahlen.

Manuel: Es braucht Lust, zu arbeiten und wenig zu verdienen.

Stefan: Dazu gute Angestellte, die deine Idee mittragen und nicht ihre Zeit abstehen. Denn es ist ein emotionaler Job: Du bist ständig in Kontakt mit Leuten, sollst freundlich sein, es ist heiss, streng, man muss belastbar sein.

zentralplus: Wie viele Stunden arbeitet ihr pro Tag?

Stefan: Sicher mehr als achteinhalb Stunden.

zentralplus: Wie sieht es finanziell aus? Zahlt ihr euch einen fixen Lohn aus, oder schaut ihr mal, was am Ende rausschaut?

Manuel: Neuerdings haben wir einen fixen Lohn. Im Hopfenkranz als Grünschnäbel haben wir einfach mal angefangen und dann geschaut, was übrigbleibt. Es war eine knallharte Zeit – wenn man sich Aufwand und Verdienst anschaut.

Manuel: Aber wir haben dabei gelernt, mit wenig Geld zu leben. Und es ist toll, wie entspannt wir dabei sein konnten. 

Stefan: (Er lacht.) Unsere Eltern hatten einiges mehr Stress als wir – viele schlaflose Nächte.

zentralplus: Manuel Berger hat jetzt über ein Jahr lang hier alles alleine gestemmt. Jetzt kommt ihr dazu. Wie geht es ihm dabei?

(Die beiden rufen den Geschäftsführer des Drei Könige zu uns an den Tisch.)

Manuel Berger: Ich bin froh, dass sie jetzt kommen, mich aber auch gefragt haben, ob es passt. Die grösste Herausforderung wird es wohl sein, die Kompetenzen aufzuteilen. Aber das kriegen wir gut hin. Ich habe mit beiden schon zusammengewohnt, wir haben schon zusammengearbeitet, viel diskutiert und uns auch schon auf den Grind gegeben. Ideale Voraussetzungen also.

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