Aus nach 62 Jahren: Detailhandel hat es schwer

Bekannte Luzerner Sportgeschäfte machen dicht

Nach über fünf Jahrzehnten gibt das Familienunternehmen den Standort Luzern auf.

 

(Bild: zVg Eiselin Sport)

Seit 62 Jahren ist Eiselin Sport in Luzern daheim. Jetzt schliesst das Fachgeschäft für Sport- und Bergausrüstung seinen Laden an der Obergrundstrasse. Luzerner kaufen lieber im Eiselin-Geschäft in Lörrach ein als hier. Auch der Outdoor-Laden Rockstore verschwindet beziehungsweise wird von Transa geschluckt.

«Viele Kunden drücken ihr Bedauern aus, dass wir schliessen», sagt Andreas Eiselin, Geschäftsleiter des Familienunternehmens. Kein Wunder: Viele haben schon vor Jahrzehnten hier ihre erste Skiausrüstung gekauft, den Rucksack für die Schulreise oder den Pickel für ihren Gipfelsturm. Damit ist jetzt Schluss.

Die Rechnung geht nicht auf

«Noch bis Ende August machen wir Ausverkauf. Alle Artikel – von Bergschuhen bis zur Fachliteratur – gehen mit bis zu 60 Prozent Vergünstigung über den Ladentisch. Und dann ist die Geschichte für Eiselin Sport in Luzern Vergangenheit», sagt der Sohn des Geschäftsgründers Max Eiselin.

«Die Rechnung geht schlicht nicht mehr auf. Uns blieb nichts anderes übrig, als der Realität ins Auge zu schauen», sagt Andreas Eiselin. Dass ein so alteingesessenes und renommiertes Fachgeschäft den Laden dicht machen muss, hat gemäss Andreas Eiselin drei Hauptgründe:

  • Einnahmen: Die Preise der Verkaufsartikel mussten bei der ersten Eurokrise 2009 deutlich gegen unten angepasst werden, was einer Umsatzeinbusse von rund 25 Prozent entspricht.
  • Ausgaben: Die Sach-, Miet- und Personalkosten sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.
  • Einkaufsverhalten: Die Kunden wandern zunehmend ins Internet und ins Ausland ab, wo die Waren günstiger und/oder bequemer erhältlich sind.

«Dazu kommen in Luzern noch weitere Faktoren, die wohl auch anderen Geschäften das Leben schwer machen. Zum Beispiel die komplizierte Verkehrssituation, die vielen Einbahnstrassen und die schwierige Parkplatzsuche», zählt Eiselin auf. 

Dabei wäre gerade an der Obergrundstrasse eine gute Erschliessung besonders wichtig, weil es hier wenig Laufkundschaft gibt. «Unsere Kunden wissen teils kaum mehr, wie sie uns mit dem Auto am besten erreichen.» Ein Umzug näher ins Zentrum sei jedoch keine Option gewesen. «Die Geschäftsmieten an den guten Passantenlagen sind enorm hoch.»

Stadt Luzern als unattraktiver Standort

Grundsätzlich stuft Geschäftsinhaber Andreas Eiselin den Markt für Fachgeschäfte in der Schweiz und insbesondere in der Stadt Luzern als zunehmend schwierig und unattraktiv ein. «Gerade der Einkaufstourismus ins nahe Ausland und das Konsumverhalten im Internet wird sich wohl noch verstärken. Für Geschäfte sind das keine guten Aussichten.»

«Falls die Mall of Switzerland Erfolg hat, wird es in der Stadt Luzern noch enger werden.»
Andreas Eiselin, Geschäftsführer «Eiselin Sport»

Im Herbst 2017 öffnet die Mall of Switzerland in Ebikon ihre Tore, die allenfalls zusätzlich Kunden anlockt, die dann andernorts fehlen. «Falls dieses Konzept Erfolg hat, wird es in der Stadt Luzern noch enger werden für den Detailhandel», ist Eiselin überzeugt.

Dass es mit dem Laden in Luzern nicht weitergeht, bedauert man beim Familienunternehmen. «Aber lieber jetzt auf das Unausweichliche reagieren, als irgendwann im Chaos zu versinken», sagt Andreas Eiselin. Weitergeführt werden hingegen die Filialen von «Eiselin Sport» in Bern und im deutschen Lörrach. «Hier erfahren wir umgekehrt die positiven Auswirkungen der Eurokrise: In Lörrach boomt unser Geschäft. Es kommen viele Kunden aus der Schweiz, sogar aus Luzern.»

Grosse Auswahl zu kleinem Preis: Ausverkauf bis Ende August.

Grosse Auswahl zu kleinem Preis: Ausverkauf bis Ende August.

Gute News für Schnäppchenjäger

Eiselin Sport beschäftigt in Luzern für rund 500 Stellenprozente Mitarbeitende. Ein Teil davon wechselt in eine der Filialen nach Bern oder Lörrach. Andere können in der Kletterhalle beim Eisfeld einsteigen, die ebenfalls von «Eiselin Sport» betrieben wird. «Ganz ohne Entlassungen geht es nicht. Das ist leider auch eine Tatsache, wenn Geschäfte zumachen müssen», sagt Andreas Eiselin. Freuen können sich hingegen die Schnäppchenjäger: Ab sofort bis Ende August sind alle Artikel heruntergesetzt.

Einer schluckt den anderen

Bewegung gibt es auch bei anderen Sportgeschäften: Den Outdoor-Laden Rockstore an der Hirschmattstrasse gibt es seit 2008. Nächsten Frühling verschwindet er ebenfalls. Jedenfalls unter diesem Namen. «Wir wurden von Transa aufgekauft und zügeln im nächsten Frühling mit Sack und Pack in die Pfistergasse. Für uns ist das eine Win-Win-Situation», heisst es bei Rockstore auf Nachfrage.

«Wir übernehmen sämtliches Personal von Rockstore.»
Andi Lütolf, Transa-Geschäftsführer Luzern

Gute Nachrichten sind das insbesondere für die Mitarbeiter: «Wir übernehmen sämtliches Personal von Rockstore», bestätigt Andi Lütolf, Transa-Geschäftsführer Luzern. Der grösste Player auf dem Schweizer Markt rund um Outdoor-Ausrüstungen betreibt sechs Filialen und zwei Outlet-Standorte. In Luzern verdoppelt Transa zurzeit seine Geschäftsfläche an der Pfistergasse.

Potenter Mehrheitsaktionär bei Transa

Wie kommt es, dass man hier so optimistisch ist, während andere Fachgeschäfte zumachen müssen? «Ein Vorteil von uns ist die Grösse. Rund um Outdoor-Ausrüstungen können wir alles abdecken und das Einkaufen in unseren Filialen ist für die Kunden ein Erlebnis», sagt Lütolf.  

Mit Beat Zaugg, dem ehemaligen CEO von Scott Sports hat Transa zudem seit einem Jahr einen finanzstarken Mehrheitsaktionär. «Das ist natürlich beruhigend und erlaubt es auch, jetzt so richtig Gas zu geben», sagt Lütolf. Der ausgebaute Transa an der Pfistergasse eröffnet im Frühling 2017.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von ramatula
    ramatula, 20.07.2016, 11:01 Uhr

    Das ist Schade. Aber wenn Kartonabfuhr ist und man all die Zalando-Kartons in der Strasse sieht, dann wird klar warum. Die Breitseite gegenüber der Verkehrssituation ist unnötig. Der Eiselin ist seit Jahrzehnten relativ leicht über die Obergrundstrasse erreichbar. Beim Eiselin in Bern hat es auch keine Parkplätze, aber er ist nahe beim Bahnhof. Da hilft auch kein Musegg-Parkhause. Der Online-Handel und das «Schindler»-Shopping-Center in Ebikon über nehmen.

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