Stellenabbau bei Roche Diagnostics in Rotkreuz

Zuger Pharmariese baut ab – Gewerkschaft kritisiert

Die futuristischen Gebäude von Roche Diagnostics im zugerischen Rotkreuz. Ende Juni gingen nach Angaben der Firma hier 2431 Mitarbeiter aus 50 Ländern ein und aus.

(Bild: PD)

Kurz vor Ferienbeginn hat Roche Diagnostics seinen Mitarbeitern intern eine Hiobsbotschaft überbracht: 44 Mitarbeiter werden in Rotkreuz eingespart. Eine Gewerkschaft kritisiert nun das Unternehmen, obwohl sie nicht direkt involviert ist.

Bei Roche Diagnostics rumort es im Gebälk. Bereits im Herbst 2015 erfuhren die Mitarbeitenden in Rotkreuz, dass in Forschung und Entwicklung mehrere Bereiche zusammengelegt werden und dadurch Arbeitsplätze verloren gehen könnten. An der sogenannten Townhall-Veranstaltung vom 14. Juli in Rotkreuz erfuhren sie Näheres darüber. Für einige Mitarbeiter war es eine Hiobsbotschaft, wie zentralplus aus zuverlässiger Quelle weiss.

Die Roche-Pressestelle bestätigt den Stellenabbau und spricht von Reorganisation.«Es geht um die Schaffung einer neuen globalen Funktion namens Solution Integration & Services (SIS) innerhalb von Roche Diagnostics», sagt Pressesprecherin Catherine Dürr.
Roche habe eine umfassende Analyse durchgeführt. «Diese hat Überschneidungen bei Positionen und Aufgaben in unterschiedlichen Forschungs- und Entwicklungsbereichen ermittelt, die nun angepasst werden», so die Sprecherin. «Aus heutiger Sicht gehen wir davon aus, dass diese Anpassungen Einfluss auf Mitarbeitende in der Forschung und Entwicklungsorganisation in der Schweiz haben werden.»

Roche überprüfe regelmässig ihre Strukturen und Prozesse, passe diese wenn nötig an, «um die führende Marktposition und den Geschäftserfolg langfristig sicher zu stellen».

«Auswirkungen auf Betroffene minimieren»

Die meisten der aktuellen Positionen könnten in die neue Organisation übertragen werden. Doch nicht alle. «Betroffen sind voraussichtlich rund 44 Roche-Mitarbeitende, für die wir keine unmittelbare Lösung gefunden haben», so die Roche-Sprecherin. Es seien alles Personen, die in Rotkreuz arbeiteten. Roche sei bestrebt, die Auswirkungen für diese Mitarbeiter zu minimieren. «Wir arbeiten eng mit den betroffenen Personen zusammen und sind im Dialog mit dem Angestelltenverband Roche (AVR).»

«Alles daran setzen, dass Mitarbeiter bei uns bleiben»

Der Präsident des Roche-Angestelltenverbands Sektion Innerschweiz, Reto Buholzer, sagt auf Anfrage: «Wir versuchen möglichst für alle Mitarbeiter eine Lösung zu finden. Wir wollen alles daran setzen, dass diese bei uns bleiben. Es gibt offene Stellen und es kommen laufend neue dazu.»
Buholzer erklärt, dass im betroffenen Bereich Laborgeräte herstellt werden. Eine Verlagerung von Stellen in ein anderes Land sei nicht geplant. Von der Reorganisation betroffen seien sehr gut ausgebildete Mitarbeiter.

«Wir werden Vorschläge ausarbeiten, die den Mitarbeitern zugute kommen.»
Reto Buholzer, Präsident Angestelltenverband Roche Zentralschweiz

Der Zeitpunkt des Stellenabbaus sei noch offen. «Das Konsultationsverfahren von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern läuft. Wir werden Vorschläge ausarbeiten, die den Mitarbeitern zugute kommen», sagt Buholzer. Für die Personen, bei denen man keine Lösung finde, werde man mit der Firmenleitung einen Sozialplan aushandeln. «Schlussendlich werden es hoffentlich weniger Betroffene sein.» Laut Buholzer haben alle Angestellten bei Roche Diagnostics in Rotkreuz Einzelarbeitsverträge. Sie unterstehen also keinem Gesamtarbeitsvertrag (GAV).

Standort Rotkreuz bleibt

Die Roche Diagnostics International AG im zugerischen Rotkreuz ist einer der weltweit führenden Anbieter von diagnostischen Systemlösungen für Kliniken, Labors und Arztpraxen. Im Juni arbeiteten gemäss Angaben der Firma 2431 Personen in Rotkreuz. Dazu kämen Praktikanten und Lernende. Roche bekenne sich voll und ganz zum Standort Rotkreuz, der in den vergangenen 10 Jahren kontinuierlich gewachsen sei, betont Pressesprecherin Catherine Dürr. «Wir investieren weiter in den Standort, beispielsweise in ein neues sechsgeschossiges Bürogebäude, das ab Anfang 2017 zirka 400 zusätzliche Arbeitsplätze bieten wird.» Das Unternehmen in Rotkreuz gehört zur Diagnostics Division der Roche-Gruppe mit Hauptsitz in Basel.

Unglücklicher Zeitpunkt

AVR-Vizepräsident Markus Kälin sagt, er sei an der Versammlung vom 14. Juli nicht dabei gewesen. Er bezeichnet den Zeitpunkt der Information als «unglücklich». «Viele der betroffenen Mitarbeiter waren gar nicht dort», so Kälin.

Den Vorwurf des unglücklichen Zeitpunkts kontert Roche-Pressesprecherin Catherine Dürr: «Roche verpflichtet sich dazu, offen, transparent und zeitnah zu informieren. Daher wurden die Mitarbeitenden nun zum frühestmöglichen Zeitpunkt über die Strukturen der neuen Organisation sowie über die Übertragung der jeweiligen Positionen informiert.»

Unia wettert gegen Roche-«Hausverband»

Die Gewerkschaft Unia in der Zentralschweiz wurde nicht über den geplanten Stellenabbau informiert. Muss sie auch nicht. Der Grund ist laut Regionalsekretär Giuseppe Rea, dass die Roche-Mitarbeiter Einzelarbeitsverträge haben. Das werde hochqualifizierten Angestellten oft als Vorteil schmackhaft gemacht. «Sie sind damit nicht dem Geltungsbereichs eines Landes-Gesamtarbeitsvertrags (L-GAV) unterstellt.» Deshalb könne Roche die Sache nun «elegant» mit seinem hausinternen Verband regeln, frotzelt Rea.

«Die Roche-Angestellten haben Anrecht auf eine professionelle Unterstützung.»
Giuseppe Rea, Unia-Regionalsekretär Zentralschweiz

«An diesem Beispiel sieht man, dass ein L-GAV wichtig wäre, damit solche Umstrukturierungen nicht so einfach möglich sind», sagt der Gewerkschaftssekretär. «Die betroffenen Roche-Mitarbeiter haben zum Mehrwert der Roche beigetragen. Sie haben Anrecht auf eine professionelle und gute Unterstützung sowie eine faire Abfederung des Stellenabbaus», sagt Rea.

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