Krach im Luzerner Milieu

Bordell hatte nie eine Bewilligung

Das ehemalige Restaurant Krienbrücke an der Pfistergasse ist ein stadtbekanntes Bordell.

(Bild: sah)

Im Luzerner Rotlicht-Milieu gibt es Zoff. Es geht um die Nutzung der Altstadt-Liegenschaft «Krienbrüggli» als Bordell. Sie passt einem Teil der Hausbesitzer nicht mehr. Das horizontale Gewerbe wurde fast 30 Jahre stillschweigend toleriert. Jetzt will die Stadt handeln.

Beim Bauamt der Stadt Luzern liegt seit einigen Tagen ein spezielles Gesuch auf. Es geht um ein stadtbekanntes Puff: das ehemalige Restaurant Krienbrücke in der Pfistergasse und sein Nebenhaus. In der Kontaktbar im Erdgeschoss animieren Sexarbeiterinnen die Herren. Kommt man ins Geschäft, geht es in den Zimmern der oberen Stockwerke der zusammen gebauten Liegenschaften Pfistergasse 2 und Burgerstrasse 8 zur Sache.

Das geht schon fast 30 Jahre so. Bisher hat offenbar niemand so genau hingeschaut, wie es punkto Bewilligungen aussieht. Der Betrieb, den der Luzerner Milieukönig Urs W. Gehrig führt, hat laut Auskunft von Urs Renggli von der Luzerner Gastgewerbe- und Gewerbepolizei eine Restaurantbewilligung und eine Bewilligung als Beherbergungsbetrieb.

«Es wurde nie eine formelle Baubewilligung erteilt.»
Markus Hofmann, Leiter Baugesuche der Stadt Luzern

Uneinige Hausbesitzer

Eine Baubewiligung für die Umnutzung fehlt, und das seit Jahrzehnten. Doch jetzt streiten sich die drei Stockwerkeigentümer der Liegenschaft, und immer mehr Details sickern durch. Der Verein «Altindustrianerverband Luzern», der ursprünglich ein Clublokal im ersten Stock betrieb, will den Bordellbetrieb nicht mehr im Haus haben. Sein Lokal sei seit Jahren unbenutzbar. Er hat deshalb die Behörden auf die Umnutzung aufmerksam gemacht. Die Stadt Luzern hat ein Verfahren eingeleitet, die Eigentümer müssen eine nachträgliche Baubewilligung einreichen.

«Gegenstand des Gesuches ist die Nutzung respektive Umnutzung der Liegenschaft für erotische Dienstleistungen. Das Haus ist dafür stadtbekannt, es wurde aber nie eine formelle Baubewilligung erteilt», sagt Markus Hofmann, Leiter Ressort Baugesuche der Stadt Luzern. Ausgelöst durch privatrechtliche Auseinandersetzungen sei nun auch ein öffentlich-rechtliches Verfahren eingeleitet worden und man habe ein nachträgliches Baugesuch verlangt – für die Umnutzung der Liegenschaft.

Wurde Milieukönig gekündigt oder nicht?

Zwei der Stockwerkeigentümer wollen das Bordell also weiterhin im Haus haben. Eine weitere Neuigkeit: Dem heutigen Betreiber der Kontaktbar und Luzerner Milieukönig Urs W. Gehrig sei gekündigt worden. Laut der «Zentralschweiz am Sonntag» haben die Stockwerkeigentümer eine Kündigung ausgesprochen, die nicht angefochten wurde. Das Freudenhaus solle ab Januar von einem anderen Betreiber übernommen werden, schrieb die Zeitung am 8. November.

Urs W. Gehrig wollte sich auf Anfrage von zentral+ nicht dazu äussern, ob ihm gekündigt worden ist und ob er raus muss. «Das wird bald öffentlich werden», sagt er. Gehrig betreibt neben dem «Brüggli» auch die Kontaktbars Nizza und Milano in Luzern.

«Ich will micht nicht äussern.»
Milieukönig Urs W. Gehrig

Schon 2010 gekündigt

Fakt ist aber: Die Chemie zwischen dem einen Stockwerkeigentümer Max Willi und dem Betreiber des Sex-Etablissements stimmte schon lange nicht mehr. Das bestreitet Gehrig nicht. Willi gehören der dritte, vierte Stock und das Dachgeschoss der Liegenschaft, er ist also der Hauptbesitzer. Willi war 2010 in die Schlagzeilen geraten, weil er Gehrig mit dessen Bordellbetrieb aus dem Haus werfen wollte, wogegen dieser sich erfolgreich wehrte.

Damals beschuldigte der Stockwerkeigentümer Gehrig öffentlich, ihm wegen der Kündigung mit dem Tod gedroht zu haben. Dem Vernehmen nach sollen Willi und Gehrig damals mit Polizeischutz beim Mieterverband erschienen sein, worauf Gehrig eine Erstreckung erhielt. «Der Verwalter der Liegenschaft schafft es einfach nie, Gehrig zu kündigen. Jetzt ist wahrscheinlich die Erstreckung abgelaufen», sagt ein Szenenkenner, der anonym bleiben will.

Verbindung mit den Hell’s Angels

Willi ist ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt. Laut «Watson» soll er mit den Hell’s Angels und dem Milieu über die Firma KB 2 GmbH aus Merlischachen geschäftlich verbandelt sein. Dafür spricht auch, dass er sich durch den bekannten Zürcher Milieuanwalt Valentin Landmann vertreten lässt.

Man spricht hinter vorgehaltener Hand von einem Verdrängungskampf im Luzerner Sexgewerbe, bei dem die Hell’s Angels eine Rolle spielen.

«Im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens werden wir prüfen, ob der Betrieb in der Arbeits- und Wohnzone zonenkonform ist.»
Markus Hofmann, Stadt Luzern

Privatrechtliches Verfahren

Beim privatrechtlichen Verfahren, das noch läuft, geht es um das Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Dieses liess die Nutzung als Bordell eigentlich nicht zu. Für die Umnutzung brauchte es die Zustimmung aller Eigentümer. Nun muss das Bezirksgericht Luzern darüber entscheiden, ob ein neues Hausreglement auch ohne Zustimmung des Vereins Altindustrianerverband Luzern gültig ist. Die Verhandlung fand Anfang November am Bezirksgericht Luzern statt. Das Urteil steht noch aus.

Das Gericht äusserte sich auch zur Frage der Zonenkonformität. Die zu klärende Frage war, ob das «horizontale Gewerbe» in einer Wohn- und Arbeitszone der Luzerner Altstadt betrieben werden darf oder nicht. Das Gericht äusserte sich an der Verhandlung dahingehend, das horizontale Gewerbe sei ein Gewerbe und gehöre deshalb in die Gewerbezone.

Stadt führt eigenes Verfahren

Markus Hofmann vom Bauamt erklärt, die Stadt Luzern sei im privatrechtlichen Verfahren nicht involiert. Darin gehe es um das Reglement der Stockwerkeigentümer. «Im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens werden wir jedoch prüfen müssen, ob der Betrieb in der Arbeits- und Wohnzone zonenkonform ist.»

Die Hausbesitzer sind ihrer Pflicht nun nachgekommen. Bis zum 8. Dezember liegt ihr Baugesuch öffentlich auf. Sein Titel: «Umnutzung von Wohnen zu Gewerbe – nachträgliches Bewilligungsverfahren». Als geplante Nutzung werden «erotische Dienstleistungen» angegeben. Dazu liegen Grundrisspläne auf. Während der erste Stock den Altindustrianern gehört und leer steht, verfügen die übrigen vier Stockwerke über je vier Zimmer, wo die Frauen ihre Arbeit verrichten. Die Zimmer messen zwischen 10 und maximal 20 Quadratmetern.

Fehler bei der öffentlichen Auflage

Eine Beschreibung liegt dem Baugesuch, das momentan bei der Stadt aufliegt, nicht bei. «Dem Bauamt ist bei der Bereitstellung der Unterlagen für die öffentliche Auflage ein Fehler unterlaufen. Es fehlt der Beschrieb, wir haben vergessen, ihn beizufügen», sagt Hofmann. Man werde eine neue Auflagefrist ansetzen und den formellen Fehler beheben.

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