Wärmeverbund in Littau

Heizen im grossen Stil

Diese Häuser könnten schon bald ans Fernwärmesystem angeschlossen werden.

(Bild: PD)

Hunderte von Wohnungen, die von einer zentralen Heizung ihre Wärme beziehen: In Littau wird das derzeit grösste Wärmeverbund-Projekt der Stadt Luzern ins Leben gerufen. Trotz des tiefen Ölpreises sind die Initianten überzeugt, dass ihr Projekt auf grosses Interesse stossen wird.

Die schiere Grösse lässt aufhorchen: Gemäss Recherchen von zentral+ soll auf einem Gebiet, das 430 Liegenschaften umfasst, bis in zwei Jahren eine der grössten Fernheizanlagen Luzerns realisiert werden. Grosse Teile von Littau Dorf, die Gebiete Matt und Rönnimoos können davon profitieren. Geheizt wird zentral von einer Holzschnitzelanlage aus, die im Industriegebiet Grossmatte geplant ist, das Holz soll aus nahe gelegenen Wäldern stammen.

Zudem ist vorgesehen, die vorhandene Abwärme von den umliegenden Industrieunternehmen der Hug Bäckerei und der Kaffeerösterei Hochstrasser zu nutzen. Abgesehen haben es die Initianten vor allem auf Wohnungen und Gewerbebetriebe, welche von ihren alten Öl- oder Gasheizungen auf erneuerbare Energien umstellen wollen, sowie auf Neubauten, die möglichst ökologische Wärme beziehen möchten.

Initianten setzen auf Freiwilligkeit

Noch steht das Projekt ganz am Anfang. «Angesprochen sind vor allem Leute, die eine Heizung haben, die 15 Jahre oder mehr auf dem Buckel hat», sagt Roger Sonderegger, Präsident der Wärmerverbund Littau AG und CVP-Grossstadtrat. Für Liegenschaften, die eine relativ neue Anlage haben, lohnt sich der Umstieg nicht. Sonderegger geht davon aus, dass sich 50 bis 100 Liegenschaftsbesitzer am Projekt beteiligen werden.

Interessenten gebe es bereits, obwohl erst ab nächste Woche erste Informationsveranstaltungen durchgeführt werden (Montag, 9. und Donnerstag, 19. März, 19.30 bis 21.30 Uhr im Restaurant Ochsen). Eigentlich könnte die Stadt gemäss Bau- und Zonenreglement (Artikel 43) die im Gebiet liegenden Liegenschaften zur Umrüstung zwingen, so Sonderegger. «Aber das wollen wir nicht, wir sind nicht scharf auf einen Zwang.» Das würde für Unmut sorgen, was nicht die Absicht der Initianten sei. Diese möchten vielmehr auf die Vorzüge des Wärmeverbundes hinweisen.

Für potentielle Interessierte stellt sich zunächst die Frage, was es den einzelnen Eigenheimbesitzer kosten wird. Als Erstes fällt eine Anschlussgebühr an, die in etwa gleich viel kostet wie die Installation einer neuen Ölheizung, also ab zirka 10’000 Franken für ein Einfamilienhaus. Zweitens muss eine jährliche Leistungsgebühr bezahlt werden, die, so betont Sonderegger, stabil sei. «Somit sind die Benützer nicht von den Launen irgendwelcher spekulativer Märkte abhängig.» Drittens ist ein so genannter Arbeitspreis zu entrichten, der pro Kilowattstunde anfällt.

15 Millionen werden investiert

Was vor allem interessieren wird, ist die Frage, ob der Wärmeverbund teurer oder billiger als andere Heizmethoden ist. «Eine Wärmepumpe ist eher teurer, gegenüber einer Öl- oder Gasheizung sind die Kosten in etwa gleich hoch», sagt Sonderegger. Die Wärmeverbund Littau AG rechnet ihrerseits mit Gesamtkosten von 15 Millionen Franken, 4 Millionen davon werden aus den Anschlussgebühren finanziert, der Rest soll von Banken und Investoren bezahlt werden.

Geldgeber zu finden, sei kein Problem, da habe man bereits «positive Vorgespräche» geführt, versichert Sonderegger. Was aber, wenn das Interesse der Littauer zu wenig gross ist? Gut möglich, dass der eine oder andere beim derzeit niedrigen Ölpreis ein Mitmachen genau abwägen wird. Droht gar ein Scheitern des Projekts? Nein, meint Sonderegger. «Es gab in der Vergangenheit Fernheizanlagen, die zu gross projektiert waren und später in finanzielle Schieflage gerieten.»

20 Prozent grösser als nötig

Dieser Fehler soll nicht mehr gemacht werden. Im Verwaltungsrat sitzt darum mit Andreas Keel ein Mann mit langjähriger Erfahrung: Er befasste sich beim Verein Holzenergie Schweiz jahrelang intensiv mit der Thematik, zudem führt er heute ein privates Beratungsbüro für Holzenergie. «Bis im Juli können sich Interessenten für unser Projekt anmelden», sagt Roger Sonderegger. Dann erst wird über die Grösse des Wärmeverbundes entschieden. «Wir bauen die Anlage rund 20 Prozent grösser als es von den Zahlen her nötig wäre, somit sind wir in Zukunft noch ausbaufähig, wenn neue Kunden dazu kommen.» So sei das unternehmerische Risiko kalkulier- und vertretbar, ist Sonderegger überzeugt.

Die Anlage, die 2017 ihren Betrieb starten soll, will auch ökologisch vorbildlich sein. Mit dem Wärmeverbund lassen sich etwa 1 Million Liter Heizöl durch nachwachsendes Holz ersetzen. Und Holz ist CO2-neutral: Ob es im Wald verrottet oder verbrannt wird, spiele diesbezüglich keine Rolle, versichert Sonderegger. «Beides mal wird gleich viel CO2 freigesetzt.» Allerdings stehen Holzfeuerungen vor allem wegen ihres Feinstaubausstosses in Verruf. Auch da winkt Sonderegger ab. Die moderne Filteranlage sorge dafür, dass man in jedem Fall unter dem gesetzlich vorgeschrieben Emissionsgrenzwert der eidgenössischen Luftreinhalteverordnung (LRV) von 20 Milligramm pro Kubikmeter bleibe.

Schlechter Ruf als Drecksschleudern?

Gregor Schmid, Leiter Umweltschutz bei der Stadt Luzern, räumt allerdings ein, dass «Feinstaub auch bei diesem Projekt ein Thema ist, da die Vorschriften der LRV für diesen Schadstoff deutlich weniger streng sind als beispielsweise für Öl- oder Gasfeuerungen vergleichbarer Grösse. Wichtig ist nebst der Qualität des verbrannten Holzes, wie die Anlage betrieben wird. Das werden wir ebenso wie die zu erwartenden Auswirkungen auf die Feinstaubbelastung im Stadtteil Littau im Detail noch mit der Wärmeverbund Littau AG anschauen. Aber grundsätzlich hat dieses Projekt sicher viele gute Aspekte.»

Positiv beurteilt den Wärmeverbund auch Roland Limacher, Luzerner Ingenieur und Experte für die Planung von Energieanlagen: «So weit ich das beurteilen kann, ist es ein gutes Projekt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden eingehalten. Die Fernheizanlage in Littau wird sicher keine Dreckschleuder.» Roger Sonderegger merkt an, dass die in vielen Wohnungen beliebten Schwedenöfen viel mehr Feinstaub ausstossen. «Bis zu 4’000 Milligramm – das sind also ganz andere Dimensionen.»

Und so funktioniert’s

Die geplante Fernheizung wird von einer Heizzentrale aus befeuert, die voraussichtlich 6’500 kW Leistung liefert. Auf rund 3’500 Metern Länge werden die Liegenschaften (Wohnungen, Schulhäuser, Kirche, Einfamilienhäuser, etc) mit unterirdischen Heisswasserleitungen mit Wärme versorgt. Das Wasser ist beim Austritt aus der Heizanlage 85 Grad heiss, mit rund 60 Grad fliesst es wieder zurück. Die zwei Holzöfen passen in einen wohnzimmergrossen Raum und liegen im Industriegebiet Grossmatte – der Zusatzverkehr von zwei Lastwagen pro Tag (im Winter; im Sommer sind es weniger), welche die Holzschnitzel anliefern, werden gemäss Initianten demnach keine direkten Anwohner mit Emissionen belasten.

Schema einer Fernwärmeheizung

Schema einer Fernwärmeheizung

(Bild: zvg (St. Gallisch-Appenzellerische Kraftwerke))

 (Quelle: St. Gallisch-Appenzellerische Kraftwerke)

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