Kurzarbeit in der Zentralschweiz?

Erste Firmen erkundigen sich nach Bedingungen

Bei den Ämtern erkundigen sich die ersten Firmen aus der Zentralschweiz bereits nach Modalitäten der Kurzarbeit. (Bild: Markus Gann)

Wegen des starken Frankens steht die Exportwirtschaft enorm unter Druck. Auch in den Kantonen Luzern und Zug. Der Bundesrat hat am Dienstagentschieden, Kurzarbeit zu ermöglichen. Konkrete Anträge gibt es noch keine, erste Firmen haben jedoch bei den kantonalen Wirtschaftsämtern nachgefragt.

Bei der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ) wünscht man sich keine Kurzarbeit. Dennoch begrüsst IHZ-Direktor Felix Howald, dass der Bundesrat «unkompliziert und unbürokratisch» diese Möglichkeit geschaffen hat. Damit will die Landesregierung verhindern, dass in der Schweiz nach dem Fall der Eurogrenze viele Arbeitsplätze verloren gehen. Es sei aber noch zu früh, um sagen zu können, wie sich die Frankenstärke auswirke, so der IHZ-Direktor.

«Arbeitsbücher noch voll»

«Konkret ist mir keine Firma bekannt, die schon Kurzarbeit angemeldet hat», sagt Felix Howald. «Momentan sind die Auftragsbücher noch voll. In einigen Wochen kann das schon anders aussehen.» 60 Prozent der IHZ-Mitgliederfirmen sind exportorientiert, sagt der IHZ-Direktor. Laut Howald sind folgende Branchen im Kanton Luzern betroffen: Maschinenbau, die Zulieferindustrie für Autos, Hightech-Firmen, aber auch der ganze Tourismusbereich.

Luzern: Firmen erkundigen sich

Die Dienststelle Wirtschaft und Arbeit des Kantons Luzern verzeichnet seit der Nachricht aus Bern mehr Anfragen von Firmen. «Einige Firmen haben sich in den letzten Tagen erkundigt», sagt Silvan Wechsler. Sie möchten wissen, ob aufgrund der ‹Frankenstärke› Kurzarbeit möglich ist. Anträge auf Kurzarbeit gab es noch keine.» Bei der letzten «Frankenkrise» 2011 führten einige Luzerner Firmen Kurzarbeit ein. Namen kann Wechsler aus Datenschutzgründen aber keine nennen.

Zug: Gewisse Bedingungen

Im Kanton Zug ist die Situation ähnlich: Einige wenige Anfragen, aber keine Anträge. «Ich erwarte aber, dass dieses Instrument in den nächsten Monaten noch zur Geltung kommt», sagt Bernhard Neidhart, Leiter des Zuger Amts für Wirtschaft und Arbeit.

Die Anmeldung sei ohnehin an Bedingungen geknüpft. «Erst wenn ein Unterbestand an Arbeit droht, kann eine Firma Kurzarbeit beantragen. Sie muss die Anzahl Unterstunden schätzen. Es braucht einen Mindestausfall von zehn Prozent der Arbeitszeit und die Mitarbeiter müssen überdies einverstanden sein. Wichtig ist, dass die Firma plausibel darlegen kann, dass gewisse Silberstreifen am Horizont sichtbar sind. Neu am Bescheid aus Bern ist, dass der ‹Währungsschock› des Schweizer Frankens im Vergleich zum Euro als Grund für Kurzarbeit zugelassen wurde.» In einer zweiten Stufe prüft sein Amt diese Parameter und erlässt eine generelle Bewilligung für Kurzarbeit. Danach muss die Firma detailliert die Unterstunden erfassen, wobei ein Minimum von 10 Prozent gilt, und diese an die Arbeitslosenkasse senden. Von den Ausfallstunden werden 80 Prozent des Lohns der betroffenen Mitarbeiter zeitlich befristet übernommen.

Starke Industrie in Zug

Der Kanton Zug sei stark exportorientiert, habe im Vergleich zur übrigen Schweiz einen ähnlich grossen Industrieanteil und nicht nur Dienstleistungsbetriebe, sagt Neidhart. «Das wird in der Öffentlichkeit manchmal wenig wahrgenommen.» Neidhart erwähnt als Beispiele Firmen wie Siemens, Roche Diagnostics, Bucher Hydraulics, Schiller, OVD Kinegramm und Trumpf. 

Gewerkschaften zur Kurzarbeit: Ja, aber…

Bei den Gewerkschaften haben sich noch keine Arbeitnehmer gemeldet, deren Betriebe Kurzarbeit einführen wollen. Die Situation sei eine ganz andere als in der letzten Krise 2011, sagt der für die Zentralschweiz zuständige Unia-Sekretär Giuseppe Reo. «Damals war das Wirtschaftswachstum rückläufig. Heute haben wir genug Arbeit, doch wegen des starken Frankens wird unsere Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Ausland angezweifelt.» Kurzarbeit könne begründet sein im Einzelfall, findet Reo. «Die Unternehmen sollten aber jetzt nicht in Panik verfallen.» 

Marcel Budmiger, Geschäftsleiter des Luzerner Gewerkschaftsbunds sagt zur drohenden Kurzarbeit: «Wenn Kurzarbeit notwendig wird, sollte diese für eine Weiterbildungsoffensive genutzt werden, organisiert von den Arbeitgebern. Über die Finanzierung könnte man ja diskutieren. Aber so würden die Arbeitnehmer nicht unproduktiv zuhause sitzen müssen.»

Reo von der Unia findet die Forderung nach Lohnsenkungen von Wirtschaftsminister Schneider-Ammann fatal. «Ich würde Zentralschweizer Unternehmen abraten, die Löhne bei der produzierenden Belegschaft pauschal zu senken», sagt Reo. Man solle stattdessen analysieren, wo man Kosten anderweitig einsparen könnte.

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