Cham Paper Group

«Wir haben nichts zu verstecken»

VR-Präsident Philipp Buhofer will mit dem Immobilienprojekt «Papieri» neue Steuerzahler nach Cham locken. (Bild: zvg)

Die «Papieri» hat in den letzten Jahren für viele Negativschlagzeilen gesorgt. VR-Präsident Philipp Buhofer plädiert dafür, den Blick endlich nach vorne zu werfen.

Vor Kurzem einigten sich Vertreter der Cham Paper Group (CPG) sowie Vertreter der Angestellten auf einen Sozialplan. Es ist der zweite innerhalb von gut zwei Jahren – 2012 wurden gut 200 Mitarbeiter entlassen. Jetzt erhalten jene rund 50 Personen, die von neuerlichen Kündigungen per Frühling 2015 betroffen sind, bei der Suche einer neuen Arbeitsstelle Unterstützung.

Der Niedergang der Papierfabrik sei «nicht so überraschend», sagt Freddy Gisler, Regionalsekretär Zug/Innerschweiz der Gewerkschaft Syna. Tatsächlich sank der durchschnittliche Papierverbrauch pro Kopf in der Schweiz von 215 (2008) auf 171 Tonnen (2012). Auch die Zahl der Arbeitsstätten und Beschäftigten ist seit rund zwanzig Jahren rückläufig (siehe Grafik). Vom neuerlichen Stellenabbau bei der «Papieri» wurde der Gewerkschafter hingegen überrascht. Er meint: «Vielleicht wurden die Ziele, die sich die Cham Paper Group gesetzt hat, zu früh aufgegeben.»

Gemäss der Eidgenössischen Betriebszählung ist die Papierproduktion in der Schweiz stark rückläufig. (Screenshot)

Gemäss der Eidgenössischen Betriebszählung ist die Papierproduktion in der Schweiz stark rückläufig. (Screenshot)

(Bild: Screenshot)

Der letzte Sozialplan sei zwar ebenfalls gut aufgebaut gewesen, so Gisler. Ein Problem bei der Stellensuche für Entlassene sei aber, dass viele ehemalige Mitarbeiter während 20 oder 30 Jahren für das Unternehmen gearbeitet hätten, ohne eine Lehre zu absolvieren. Aber: «Bei der letzten Massenentlassung haben fast alle betroffenen Mitarbeiter wieder einen Job gefunden.» Das stimme ihn jetzt etwas positiver.

Entwicklung «keine Katastrophe»

«Grosser Stellenabbau», «Kahlschlag bei ‚Zuger Flagschiff‘», «Radikalkur» und «Der Abbau geht weiter». Die Cham Paper Group sorgte in den letzten drei Jahren regelmässig für Negativ-Schlagzeilen. Das Unternehmen befindet sich im Umbau. Ende August gab die CPG bekannt, dass sie die Papierproduktion in der Schweiz 2015 komplett einstellen wird. Das Unternehmen wollte, nachdem die Rohpapierproduktion 2013 eingestellt wurde, in Cham weiterhin Spezialpapiere beschichten.

Doch die neu entwickelte umweltfreundliche Verpackungslösung (Barnamic) konnte CPG bisher nicht wie gewünscht verkaufen. Philipp Buhofer, Präsident des Verwaltungsrates, sagt dazu: «Die Akzeptanz im Markt für diese neue Technologie ist noch nicht da, das ist aber keine Katastrophe. Wir geben nicht auf. Das Management sah die Entwicklungen beim Produkt positiver als es die Realität dann zeigte. Das kann vorkommen.» Und er fügt an: «Wir halten an dieser Produktefamilie fest. Es ist unser Ziel, diese zum Erfolg zu bringen.»

Im Jahre 2012 erhielt die Cham Paper Group für die Entwicklung dieses Produkts noch den Innovationspreis des Kantons Zug – notabene nach dem das Unternehmen kurz davor den massiven Stellenabbau bekannt gab.

Verkauf der letzten Produktionswerke kein Thema

Die Beschichtung der Spezialpapiere wird ab 2015 in Italien vorgenommen. Die Cham Paper Group besitzt dort ihre letzten beiden von ehemals fünf Produktionswerken. Doch auch diese beiden sollten im letzten Jahr verkauft werden. Der Verkauf an die österreichische Delfort Group scheiterte aber. Die italienischen Gewerkschaften schlossen mit der Werksleitung heimlich einen Gesamtarbeitsvertrag ab. Die neuen Bedingungen waren für die Delfort Group nicht annehmbar.

«Ein Verkauf ist derzeit kein Thema und war es auch nie», sagt Philip Buhofer. Tatsächlich gingen die Bemühungen um einen Kauf von der Delfort Group aus. «Wir sind heute froh, dass dieser Verkauf nicht zustande gekommen ist», sagt der Chamer. «Wir werden die Werke in Eigenregie weiterführen. Der Ausstieg aus der Papierproduktion ist im Moment kein Thema.» 

Schlechte Rahmenbedingungen

Buhofer bestreitet, die Entwicklungen in der Papierindustrie unterschätzt zu haben: «Solche Bewegungen gab es in der Wirtschaft immer.» Er nennt als Beispiele die Verlagerung der Textilindustrie nach Asien in den 70er-Jahren oder die Verlagerungen in der Schwerindustrie in den 80ern. «Als ich vor 15 Jahren zum ersten Mal mit Papier geschäftlich zu tun hatte, wurde die Situation in der Papierindustrie in der Schweiz zunehmend schwieriger», erklärt Buhofer.

Zudem seien die Rahmenbedingungen in diesem energieintensiven Industriezweig nicht optimal. Er nennt die hohen Stromkosten, Bodenpreise und die Währungsproblematik zwischen Franken, Euro und US-Dollar. «Wir haben in der Schweiz für unsere Produkte überhaupt keinen Absatzmarkt», so Buhofer und fügt an: «Alles wird exportiert.»

Der Chamer hat deshalb schon vor Jahren den Umbau des Unternehmens eingeleitet. Auf dem zentral an der Lorze gelegenen Fabrikareal soll ein neues Stadtquartier entstehen. Die Cham Paper Group, ein Immobilienkonzern? Das sei nicht geplant gewesen, sagt Philipp Buhofer. «Diese Entwicklung ergab sich aus den Rahmenbedingungen und der generellen Entwicklung der Papierindustrie in der Schweiz.»

«Wir haben nichts zu verstecken»

Er ist überzeugt davon, dass die Unternehmenstradition auch mit dem neuen Stadtquartier «Papieri» weiterleben wird – dies jedoch in einer anderen Art und Weise. In diesem Sinne plädiert er dafür, endlich die vergangenen Jahre hinter sich zu lassen und die Aussichten und Chancen zu thematisieren, die der neue Stadtteil für Cham und den Ennetsee bieten würden.

Er rechnet damit, dass die Realisierung zwischen 15 und 20 Jahren dauern wird. Der Grossteil der geschaffenen Geschäfts-, Büro- und Wohnflächen soll im Besitz der CPG bleiben.

Damit die Bevölkerung das Projekt schliesslich nicht doch versenken wird, legt der VR-Präsident der «Papieri» grossen Wert auf den Einbezug und die Mitwirkung der Öffentlichkeit. «Ich bin der Meinung, dass dies einer der Hauptgründe dafür ist, dass dieses Projekt in der Bevölkerung grosse Zustimmung geniesst», sagt Buhofer und fügt an: «Unsere Botschaft ist klar. Wir haben nichts zu verstecken.»

Schliesslich sei das Projekt auch für die Gemeinde von grosser Bedeutung. Da Cham im innerkantonalen Finanzausgleich eine Nehmergemeinde ist, soll das neue Quartier auch neue Steuerzahler anziehen und die Gemeinde finanziell unabhängiger machen. Auf dem ehemaligen Industrieareal werden neben zahlreichen Wohnungen über 1’000 neue Arbeitsplätze entstehen.

«Jahrhundertchance» einfach nicht verspielen

Philip Buhofer bezeichnet das Projekt gar als «Jahrhundertchance». Auch Oliver Guntli, Architekt und Mitglied des Zuger Bauforums sieht in diesem städtebaulichen Beitrag Potential, gibt sich aber zurückhaltender.

Damit später kein totes Quartier entstehe rät Guntli, die Cham Paper Group sollte mittels Zwischennutzungen ein Image für das neue Stadtquartier aufbauen. Zwischennutzungen förderten den Bezug des neuen Stadtquartiers zur Bevölkerung. Das führe dazu, dass das Quartier stärker verankert würde. Dieses Thema werde derzeit aber stiefmütterlich behandelt.

Entscheidend sei weiter, wie der Übergang vom Planungsprozess zur Umsetzung des Projekts geschehe. Beim Landis & Gyr-Areal in Zug habe man ebenfalls einen Wettbewerb mit anschliessendem Masterplan durchgeführt. In der Fortsetzung sei die Erschliessung geändert und die prägenden Gebäude neu platziert worden. «Dadurch verunklärte sich die Situation. Wir können nur hoffen, dass das in Cham so nicht geschieht», meint Guntli.

Buhofer und die Cham Paper Group

Philipp Buhofer, Jahrgang 1959, ist verantwortlich für die BURU Holding. Die Familienholding besitzt Beteiligungen an verschiedenen Unternehmen. Die Aktionärsgruppe Buhofer besitzt insgesamt etwas über 40 Prozent der Aktien der Cham Paper Group (CPG) und ist seit 2004 Hauptaktionär der CPG (vormals Industrieholding Cham). Philipp Buhofer ist seit 2006 Präsident des Verwaltungsrats.

Die Industrieholding bestand ursprünglich aus drei Geschäftsbereichen: Spezialpapier (Cham Paper Group), Immobilien (Hammer Retex) und Logistik (Kardex). Kardex wurde vom Konzern losgelöst und Hammer Retex 2009 abgespalten.

Die Cham Paper Group produzierte ursprünglich an fünf Orten Papier. 2007 wurde das Werk in Tenero geschlossen und 2008 dasjenige im norwegischen Hunsfos verkauft. Heute sei der industrielle Teil von sämtlichen Altlasten befreit und nach schmerzhaften und unvermeidbaren Eingriffen wieder bereit, profitabel zu wachsen, so Buhofer. 

Die Produktion der Cham Paper Group wird in Cham 2015 eingestellt. (mag)

Die Produktion der Cham Paper Group wird in Cham 2015 eingestellt. (mag)

(Bild: mag)

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