Steuervorlage als Türöffner für Luzerner Ständerat

Konrad Graber: Mit Pokerface auf dem Weg in den Bundesrat

Nach 40 Jahren aktiver Politik kehrt Ständerat Konrad Graber der Politik nun den Rücken zu.

(Bild: giw)

Er ist der einflussreichste Politiker des Kantons Luzern und Architekt der schwierigen Steuervorlage 17: Ständerat Konrad Graber macht derzeit Schlagzeilen. Er versteht das Spiel mit der Macht und gilt als aussichtsreicher Nachfolger für den Sitz von Doris Leuthard. Erst steht aber ein politischer Hochseilakt auf dem Programm.

Er tänzelt mal nach links, mal nach rechts und weiss, wann er auf Mitspieler angewiesen ist. Konrad Graber ist der gewiefte Captain in der Kleinen Kammer und steht auf dem vorläufigen Zenit seiner Macht. zentralplus trifft den Politiker während der Session in Bern im Café Fédéral. Trotz des eng getakteten Programms nimmt er sich Zeit und markiert Gelassenheit.

Graber weiss, wie man in Bundesbern die Reihen schliesst. «Wenn man sich über die Verteilung des Kuchens nicht einig ist, dann muss man den Kuchen grösser machen», das hat der ausgebildete Mediator mit der ruhigen Stimme gelernt.

Nach diesem Credo hat der Krienser eine unorthodoxe Lösung für die Steuerreform gezimmert. Um die auf internationalen Druck hin notwendige Aufhebung von Steuerprivilegien den linken Parteien und dem Stimmvolk schmackhaft zu machen, will er jeden gesenkten Steuerfranken mit einem Batzen an die AHV ausgleichen.

Sein Deal steht in der Kritik

Der politische Star-Architekt will damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Seine grösste politische Niederlage, die verlorene Abstimmung zur Sanierung der AHV, könnte er mit diesem Vorschlag zumindest teilweise zurechtbiegen. Man wirft ihm vor, die Einheit der Materie zu verletzen, ein Kuhhandel sei es.

Doch Graber winkt ab. Was Medien und Kritiker ihm vorwerfen, imponiert ihm nicht. «Der Bundesrat selbst hat mit seinem Vorschlag, das Kindergeld als Ausgleich für die Steuersenkungen zu erhöhen, bereits die beiden Themen verknüpft.»

«Scheitert dieser zweite Reformversuch, dann wird eine Lösung kommen, die Arbeitsplätze kostet und den Steuerwettbewerb unter den Kantonen massiv intensiviert.»

Aber eine breitere Allianz musste her, denn im Gegensatz zur Vorlage von Bundesrat Ueli Maurer gab es in der zuständigen Kommission weit mehr Zuspruch für die wenig elegante, aber pragmatische Lösung des CVP-Grand-Seigneurs. Er ist überzeugt, dieses Mal sowohl den Nationalrat als auch das Stimmvolk für seinen Plan zu gewinnen. Die Uhr tickt, die Wetteinsätze und damit die Gaben an den Souverän sind dementsprechend hoch.

Eine politische Familie

Findet die Schweiz nicht bald einen Ausweg, wie sie die Steuerprivilegien für Unternehmen abschafft, könnte die Alpenrepublik auf der schwarzen Liste der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) landen. «Scheitert dieser zweite Reformversuch, dann wird eine Lösung kommen, die Arbeitsplätze kostet und den Steuerwettbewerb unter den Kantonen massiv intensiviert», warnt Graber. Dass er die notwendige breite Allianz schmieden konnte, kommt nicht von ungefähr.

Der Luzerner Ständerat wird von alten Weggefährten und Beobachtern des bernischen Politbetriebs als talentierter Mehrheitsbeschaffer identifiziert, der die Stärke seiner Partei in der kleinen Kammer sehr gut zu nutzen weiss. Aber so hoch oben hat der Balanceakt des Treuhänders nicht immer stattgefunden. Angefangen hat alles ganz einfach – 1983 war er Gründer der JCVP Kriens. Da engagierte er sich für eine bessere Veloinfrastruktur und mehr Jugendräume in seiner Heimatgemeinde.

«Natürlich hatte ich den Vorteil, dass ich zuhause unterstützt wurde beim Verfassen von Amtsschreiben. Auch erhielt ich den Fingerzeig, wie ich mich durchsetzen kann.» Denn am Familientisch der Grabers, da wurde debattiert und politisiert. Es ist eine einflussreiche Luzerner Sippe, die in Luzern schon seit mehr als einer Generation Politik und Macht vereint.

Konrad Graber in der Sommersession vor dem Bundeshaus.

Konrad Graber in der Sommersession vor dem Bundeshaus.

(Bild: giw)

Der gute alte Kompromiss unter Beschuss

Sein Onkel langjähriger Kantonsrat und Finanzdirektor bei den Von-Moos-Stahlwerken, die Schwester Einwohnerrätin und heute hohe Verwaltungsbeamtin im Kanton, der Vater Direktor der Landwirtschaftlichen Kreditkasse. Ihm wurde der Dienst am Staat in die Wiege gelegt – der Gang in die Politik geschah im Fall des Fachoffiziers gemächlich, aber stetig. Einwohnerrat, Kantonsrat, Ständerat – die klassische Ochsentour.

Konrad Graber ist als Verwaltungsratspräsident von Emmi, BDO-Verwaltungsrat und Vorstandsmitglied der Zentralschweizer Handelskammer nahe am Herzschlag der Wirtschaft. Zu nahe, monieren Kritiker. Werden ihm seine stramm gewerbefreundlichen Positionen von seinen Brotgebern diktiert? «Dafür bin ich zu unabhängig», betont Graber.

«Wir sehen dann, wenn Doris Leuthard tatsächlich zurücktritt.»

«Bürgerliche Vaterfigur» nannte ihn der «Tages-Anzeiger» kürzlich in einem Portrait – er nimmt das als Kompliment. Der Kompromiss, urschweizerisch sei er und auch gestützt durch die Verfassung und den Weg, welchen die Gesetze vor einer Schlussfassung in Parlament und Regierung gehen. Seine Art Politik zu machen sei schwieriger geworden, insbesondere der Nationalrat sei sehr fraktionstreu geworden und das Ausscheren nach links und rechts werde heute belohnt. Auch dank der Medien, sagt Graber.

Einflussreich und gut vernetzt

Der Einiger, der sagt, eine grosszügige Sozialpolitik, eine nachhaltige Wirtschaft und ein freier Markt würden sich gegenseitig bedingen. Worte, die an alte Zeiten erinnern. Doch man glaubt es ihm, wenn er sagt, ihm gehe es um den Wohlstand in der Schweiz bei diesem schwierigen Paket, das er zu schnüren vermochte.

Ein weiterer Sturz entlang des steinigen Weges, der liegt nicht drin. Jetzt, mit 59 Jahren, ist die Kür greifbar – der Bundesratssitz nur einige Winkelzüge entfernt. Denn seine Parteikollegin Doris Leuthard hat ihren baldigen Rücktritt angekündigt. Graber gilt als einer der Kronfavoriten. Der Mediator wäre mit seiner ausgleichenden Art ein passender Nachfolger.

Doch der gewiefte Taktiker lässt sich nicht in die Karten schauen. «Wir sehen dann, wenn Doris Leuthard tatsächlich zurücktritt.» Mehr will er dazu nicht sagen. Eine Absage ist das nicht. Und solches Verhalten gilt gemeinhin als Fanal auf das Amt. Die Zentralschweiz ist unterrepräsentiert in der Landesregierung, das Alter stimmt, sein Netzwerk ist weit verzweigt, die Kollegen schätzen ihn über die Parteigrenzen hinweg, die Frucht ist reif. Mögen die Spiele beginnen.

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