Werbung und Politik: Heinz Tännler in der Grauzone

Zuger Regierungsrat als Werbebotschafter einer Baufirma

Für Heinz Tännler ist der Imagefilm von Alfred Müller völlig unproblematisch. «Der Standortwettbewerb ist eben auch von öffentlichem Interesse.»

(Bild: Youtube)

Politiker und Unternehmer sind einander zugetan, in Zug vielleicht noch etwas mehr als andernorts. Doch wie weit darf solche Imageförderung gehen? Ein aktuelles Beispiel, in dem Finanzdirektor Heinz Tännler eine Baarer Baufirma in den höchsten Tönen lobt, wirft Fragen auf.

«Helix» heisst das neuste Vorzeigeprojekt der Alfred Müller AG in Cham. Im Herzen des rund 300’000 Quadratmeter grossen Gewerbegebiets Städtler Allmend baut das Baarer Immobilienunternehmen gerade einen Gebäudekomplex mit vier modernen Geschäftshäusern (zentralplus berichtete).

Vor Kurzem wurde Gewerbetreibenden der Städtler Allmend das noble 130-Millionen-Franken-Projekt vorgestellt. In der «Amag Hall» in Cham. Wobei der Ort der Präsentation nicht ganz von ungefähr kommt – zentralisiert doch der Automobilhandelsgigant, der jetzt schon in Cham ansässig ist, nun auch noch seinen Import-Hauptsitz in den Ennetsee. Ende 2019 zieht die Amag Gruppe als Grossmieterin ein.

Imagefilm ist gut vier Minuten lang

Die zwei anderen Gebäude der «Helix-»Überbauung, die 2020 bezugsbereit sein sollen, sind dagegen noch nicht vermietet. Da konnte es nicht schaden, wenn Verwaltungsratspräsident Christoph Müller von der Alfred Müller AG den versammelten Gästen an besagtem Abend auch den gut vier Minuten langen «Imagefilm» zum Projekt noch vor dem edlen Apéro kredenzte.

In dem Video werden nicht nur ausführlich die Annehmlichkeiten der «Helix»-Gewerbeimmobilie mit einer Nutzfläche von 23’000 Quadratmetern angeboten. Nein, neben Verwaltungsratspräsident Christoph Müller und Amag-CEO Morten Hannesbo wird auch plötzlich Zugs Finanzdirektor Heinz Tännler aufgeboten. Zuerst arbeitenderweise am PC, dann im Brustton politischer Werbung. Und nicht nur das.

Das Konzert der Kräne: Hier wächst das «Helix-Projekt» der Alfred Müller AG in der Städtler Allmend in die Höhe. Die Amag AG verlagert zieht Ende 2019 mit ihrem Hauptsitz Import ein und schafft so 850 neue Arbeitsplätze in Cham.

Das Konzert der Kräne: Hier wächst das «Helix-Projekt» der Alfred Müller AG in der Städtler Allmend in die Höhe. Die Amag AG zieht Ende 2019 mit ihrem Hauptsitz Import ein und schafft so 850 neue Arbeitsplätze in Cham.

(Bild: woz)

Denn Regierungsrat Heinz Tännler lässt in einem kurzen Video-Interview nicht nur die Vorzüge des Kantons Zug Revue passieren – auf die ein Zuger Regierungsrat ja durchaus stolz sein kann – wie Steuersituation, Verkehrsanbindung, Bildungswesen, Natur und Freizeitmöglichkeiten.

«Die Alfred Müller AG mit ihren tollen Wohnbauten und Gewerbebauten …»

Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor

Nein, plötzlich gerät der SVP-Finanzdirektor auch ins Schwelgen: «Wir haben auch innovative Unternehmer und Unternehmungen» im Kanton Zug, «die eben auch zu dieser Attraktivität des Kantons ihren Beitrag leisten – so wie die Alfred Müller AG.» O-Ton des Videos. Und dann nimmt Tännler noch einmal einen Anlauf.

«Die Alfred Müller AG mit ihren tollen Wohnbauten und Gewerbebauten …» – sagt’s und schwenkt dann im Video schnell ein zum Landeanflug auf die neue «Helix»-Überbauung, die ja so interessante Unternehmen von auswärts – wie die Amag AG – anziehe.

Voilà! Da können sich weitere potenzielle Interessenten auf der Suche nach Gewerberäumlichkeiten ja durchaus angesprochen fühlen – zumal die «Helix»-Gebäude, wie gesagt, noch nicht komplett vermietet sind. Und der Imagefilm auch auf der Webseite von Alfred Müller hochgeschaltet ist.

Dieser Auftritt hat einen fahlen Beigeschmack und wirft wieder einmal die Frage auf, wie legal und vor allem wie legitim die Werbung von Politikern für Firmen und private Zwecke ist und wie die Reglemente dazu eigentlich aussehen.

Die Sache mit den Nebenerwerbstätigkeiten

Tobias Moser, Landschreiber des Kantons Zug, weist grundsätzlich auf das Personalgesetz und die Personalverordnung für Mitarbeiter des Kantons Zug hin. In diesen steht, dass kantonale Mitarbeitende durch die Ausübung einer Nebenerwerbstätigkeit in ihrer dienstlichen Aufgabenerfüllung nicht beeinträchtigt werden dürfen und für deren Ausübung eine Bewilligung benötigen. Zitat: «Als Nebenerwerb gilt eine üblicherweise besoldete Tätigkeit, die ausserhalb des bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem Kanton stattfindet, unabhängig von deren Umfang. Der Nebenerwerb kann wirtschaftlicher, politischer oder ideeller Natur sein.»

«Grauzonen bestehen bei der Annahme von Einladungen, beim Verfassen von Vorworten in Jubiläumsbroschüren von Firmen und Institutionen.»

Iwan Rickenbacher, Politik- und Kommunikationsexperte

Für den Regierungsrat gilt laut Moser: «Die Mitglieder dürfen keine Aufgaben übernehmen, die mit den Aufgaben oder der Stellung des Amts nicht vereinbar sind.» Als mit dem Regierungsratsamt unvereinbar anzusehen seien andere Erwerbstätigkeiten. Private Verwaltungsrats-, Geschäftsführungs- und Kontrollstellenmandate. Leitende Mandate in Verbänden und deren Sektionen. Sowie Mandate in gemeindlichen Legislativen und Exekutiven.

«Der Regierungsrat kann seinen Mitgliedern die Übernahme von leitenden Funktionen in kulturellen, gemeinnützigen und sportlichen Organisationen bewilligen», sagt Moser. Die Übernahme von leitenden Funktionen in politischen Parteien, ausgenommen Parteipräsidien, sei jedem Mitglied gestattet.

 

So weit, so gut. Doch Iwan Rickenbacher, Schwyzer Politikexperte und Spezialist für Kommunikation und Beratung, sieht die ganze Sache in einem kritischeren Licht.

«Aus den Verhaltenskodizes, welche Regierungen für ihre Mitarbeitenden erlassen, lässt sich mit Gewissheit ableiten, dass die Unabhängigkeit zur Ausübung der staatlichen Tätigkeit auch für die erlassende Behörde gilt – auch wenn die Regierung selbst in den Dokumenten nicht als Zielgruppe erwähnt wird», so Rickenbacher gegenüber zentralplus.

Und – jetzt kommt’s: «Grauzonen bestehen bei der Annahme von Einladungen, beim Verfassen von Vorworten in Jubiläumsbroschüren von Firmen und Institutionen», beurteilt Rickenbacher.

«Das ist Imageförderung, wie sie im Kanton Zug bekannt ist und wie sie zum Wohle des ganzen Kantons betrieben wird.»

Heinz Tännler, Zuger Finanzdirektor

Um so eine Grauzone handelt es sich wohl auch beim «Imagefilm» von Alfred Müller. Denn warum sollte Heinz Tännler die Alfred Müller AG öffentlich so hervorheben – nicht alle anderen innovativen Unternehmer werden schliesslich so über den Klee gelobt? Und es ist ja nicht einmal ein Firmenjubiläum, sondern nur eines von vielen Bauprojekten der Alfred Müller AG.

Der Zuger Finanzdirektor sieht den Imagefilm als «völlig unproblematisch und ganz ohne Bewandtnis». Er sei schliesslich Imageträger aller innovativen Unternehmen in Zug. Das habe er auch so gesagt.

«Das ist Imageförderung, wie sie im Kanton Zug bekannt ist und wie sie zum Wohle des ganzen Kantons betrieben wird», so Tännler. Das könne man auch anhand zahlreicher Firmenbroschüren sehen, in denen Politiker Stellung nehmen und Grusswörter schreiben.

Grundsätzlich sei es eben so, dass immer wieder mal einzelne Firmen hervorgehoben werden – wie etwa auch schon die V-Zug und die Zuger Kantonalbank. Im Fall des Imagefilms der Alfred Müller AG, so Zugs Regierungsrat, sei er von der Firma angefragt worden. «Der Standortwettbewerb ist eben auch im öffentlichen Interesse und gehört zu den Aufgaben des Regierungsrats.»

So soll das geplante Geschäftszentrum Helix aussehen, das die Alfred Müller AG in Cham realisieren will.

So soll das geplante Geschäftszentrum Helix aussehen, das die Alfred Müller AG in Cham realisieren will.

(Bild: zVg)

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