Budget 2017 des Kantons Luzern liegt vor

Spartheater steuert auf Höhepunkt zu

Finanzdirektor Marcel Schwerzmann (links) und Hansjörg Kaufmann, Leiter Dienststelle Finanzen, präsentieren das Budget 2017.

(Bild: jal)

Der Regierungsrat setzt mit dem Budget 2017 die erste Tranche seines umstrittenen Sparpakets um. Ob der Kantonsrat das gutheisst, ist zweifelhaft. Doch Finanzdirektor Marcel Schwerzmann beharrt auf dem geschnürten Paket – und gesteht dem Parlament nur wenig Spielraum zu. Das dürfte kaum gutgehen.

Marcel Schwerzmann weht ein scharfer Wind ins Gesicht. Der parteilose Luzerner Finanzdirektor hat diesen Freitag das Budget 2017 präsentiert, das den ersten Teil des umstrittenen Konsolidierungsprogramms KP17 enthält (siehe Box). Trotz Steuererhöhung und Sparmassnahmen erwartet der Kanton nächstes Jahr unter dem Strich ein Minus von knapp 15 Millionen Franken (hier geht’s zum Artikel).

Und dieses Defizit könnte noch grösser werden. Denn zweieinhalb Wochen, bevor der Kantonsrat am 7. November das KP17 behandeln wird, wächst der Widerstand gegen das Sparpaket von mehreren Seiten: Die Lehrer gehen auf die Strasse, Verbände organisieren sich und die Gemeinden setzen sich zur Wehr.

Spielraum beträgt 38 Millionen

Besonders der geschlossene Protest der Gemeinden könnte Wirkung zeigen, denn mit 30 Gemeindevertretern im Kantonsrat verfügen sie über beachtlichen Einfluss. Zudem hat der Verband Luzerner Gemeinden (VLG) diesen Mittwoch fast einstimmig beschlossen, dass er gegen vier Massnahmen aus dem KP17 das Referendum ergreifen wird, falls sie im Sparpaket bleiben (zentralplus berichtete). Es wäre eine Premiere.

Das schwerste Sparpaket aller Zeiten

Das Konsolidierungsprogramm 17 (KP17) soll in den nächsten drei Jahren die Kantonsfinanzen um 520 Millionen Franken entlasten. Pro Jahr werden durchschnittlich knapp 100 Millionen Franken eingespart – insgesamt 293 Millionen Franken. Nebst 68 Millionen Franken Mehreinnahmen plant die Regierung eine Erhöhung des Steuerfusses von 1,6 auf 1,7 Einheiten. Diese soll insgesamt 165 Millionen Franken einbringen. Verschärft wird die Finanzlage durch die laufende Rechnung: Wie die aktuellsten Hochrechnungen zeigen, fährt der Kanton dieses Jahr ein Minus von rund 77 Millionen Franken ein – budgetiert war ein 21-Millionen-Franken-Defizit.

Mit dieser Drohkulisse könnte der VLG reale Chancen haben, denn die Forderungen betreffen teilweise Sparmassnahmen, die das Parlament bereits einmal abgelehnt hat. Zudem hat der VLG diesen Freitag Unterstützung durch die kantonsrätliche Kommission Gesundheit, Arbeit und soziale Sicherheit erhalten: Diese empfiehlt, zwei Massnahmen zu Lasten der Gemeinden zu streichen.

Der VLG betont, dass der Kanton die Schuldenbremse einhalten könne, wenn der Kantonsrat seinen Forderungen nachkomme. Für 2017 stimmt das, denn der Kantonsrat hat die Schuldenbremse gelockert. 37 Millionen Franken will die Regierung den Gemeinden für 2017 aufbürden, indem sie neu die gesamten Ergänzungsleistungen zur AHV zahlen und alleine für den Strassenunterhalt aufkommen sollen. Und wie Hansjörg Kaufmann, Leiter Dienststelle Finanzen, erklärt, bestehen im Budget 2017 rund 38 Millionen Franken Spielraum – so viel könnte man aus dem KP17 kippen, ohne die Schuldenbremse zu missachten.

«Die Schuldenbremse vergisst nie.»

Marcel Schwerzmann, Luzerner Finanzdirektor

Doch für Schwerzmann ist es keine Option, nun für bis zu 38 Millionen Franken Massnahmen zu streichen. «Die Schuldenbremse vergisst nie», sagt er. Alles, was der Kantonsrat «auf diese Sündenliste» setze, müsse man mal drei rechnen – weil das KP17 die Zeitspanne 2017 bis 2019 umfasst. Das Problem werde dadurch nur verschoben, warnte der Finanzdirektor.

Dass alle Betroffenen versuchten, für sich etwas rauszuholen, sei verständlich. «Aber allzu gespannt zerspringt der Bogen.» Davon würde niemand profitieren, so Schwerzmann. Er fordert darum «eine gewisse Solidarität unter den Anspruchsgruppen».

Mit dem Kopf durch die Wand?

Für Schwerzmann ist die Devise klar: «Das Paket zusammenhalten und jetzt so akzeptieren.» Er betonte an der Medienkonferenz mehrfach, dass es «nicht auseinanderfallen darf». Denn es gebe keinen Plan B.

«Der Erste, der etwas aus dem Paket nimmt, schnürt eine Masche auf.»

Marcel Schwerzmann, Luzerner Finanzdirektor

Wann das Paket «auseinanderfallen» würde, könne man nicht genau definieren. «Der Erste, der etwas rausnimmt, schnürt eine Masche auf», sagt Schwerzmann. «Und dann ziehen alle daran.» Mit jeder Änderung steige das Risiko, dass weitere Ansprüche geltend gemacht werden.

Der Regierungsrat will das Parlament also an der kurzen Leine halten. Erhöht diese Strategie nicht das Risiko zu scheitern – und am Ende ohne Budget dazustehen? «Es ist nicht so, dass wir bewusst eine Strategie fahren: So oder gar nicht», entgegnet Schwerzmann. Aber man habe jahrelang die finanzpolitischen «Weichenstellungen» auf später verschoben. «Jetzt ist das Kopfweh so gross, weil klar ist: Wir müssen jetzt handeln.» Trotz der Klagen über das KP17 sei er optimistisch, dass diese Botschaft beim Kantonsrat angekommen sei.

Steuererhöhung: Beantragt Regierung einen Urnengang?

Eine Mehrheit, die wohl ebenso schwierig zu beschaffen ist, braucht es für die geplante Steuererhöhung. Der Regierungsrat will den Steuerfuss von 1,6 auf 1,7 Einheiten anheben, zumindest vorübergehend. Für 2019 stellt er wieder eine Senkung auf 1,65 Einheiten in Aussicht. Die höheren Steuereinnahmen – 165 Millionen in drei Jahren – würden gemäss Regierungsrat die wegfallenden Zahlungen aus dem Neuen Finanzausgleich (NFA) kompensieren.

 

 

Auch hier gibt es laut dem Regierungsrat keinen Spielraum. «Die Steuerfusserhöhung ist alternativlos», sagt Schwerzmann. Deshalb gehe er davon aus, dass die Steuererhöhung nicht bereits im Kantonsrat Schiffbruch erleidet. Ob er damit Recht behalten wird, ist aber zumindest zweifelhaft. Denn im Echo der Parteien sind manche Misstöne zu vernehmen.

Bereits offen ihren Widerstand angekündigt hat die SVP. Während Grüne, GLP und SP die Steuererhöhung teils nur unter Vorbehalten unterstützen, haben sich die bürgerlichen Parteien noch nicht dazu geäussert (siehe Box unten).

Beantragt Regierung das Referendum?

Doch auch wenn der Kantonsrat die Steuererhöhung akzeptiert, ist sie noch nicht in trockenen Tüchern. Als zweite Hürde folgt womöglich eine Volksabstimmung. Denn die SVP winkt bereits mit dem Referendum. Schwerzmann selber erwähnte diesen Freitag eine weitere Option: Der Kantonsrat könnte in Eigenregie ein Referendum anordnen – wenn eine Mehrheit dahintersteht.

 

 

«Wir behalten uns vor, diesen Antrag je nach Verlauf der Diskussion im Kantonsrat zu stellen», sagt Schwerzmann. Der Vorteil: Man könnte Zeit sparen. Weil die Referendumsfrist wegfällt, würde die Abstimmung somit voraussichtlich bereits im Februar stattfinden und nicht erst im Mai – das würde die allfällige Zeit ohne gültiges Budget verkürzen, vor der die Regierung eindringlich warnt.

 

Kritik an Finanzdirektor Schwerzmann und an den Gemeinden

Die Reaktionen auf das am Freitag präsentierte Budget 2017 des Kantons zeigen: Der Regierung stehen ungemütliche Wochen bevor.

Den schärfsten Ton schlägt die SP an. Sie kritisiert, dass die Finanzdirektion den Fehler für das um 55 Millionen Franken höhere Defizit für 2016 nicht bei sich sucht. «Schönfärberische Prognosen und unglaubwürdige Kommunikation sind klare Fehlleistungen der Finanzdirektion», wird Fraktionspräsidentin Ylfete Fanaj in einer Mitteilung zitiert. Auch betreffend das KP17 malt die SP schwarz: Es zeichne sich bereits ab, dass viele Massnahmen, welche die Regierung als notwendig erachte, nicht mehrheitsfähig seien. Manche würden nicht einmal von den Parteien der bürgerlichen Regierungsräte mitgetragen, so die SP in Anspielung auf das Gemeindereferendum des bürgerlich geprägten VLG.

Auch die Grünen prophezeien dem KP17 Schiffbruch. Bereits heute sei klar, dass das Budget «an verschiedenen Klippen scheitern» werde. Der bürgerliche Regierungsrat komme im bürgerlichen Kantonsrat nicht durch – für die Grünen ein offensichtlicher Mangel an Überzeugungskraft in den eigenen Parteien. Eine Steuererhöhung unterstützen die Grünen wie bereits angekündigt nur dann, wenn die Bürgerlichen ebenfalls mitziehen. Das Budget mit den Kürzungen werde man nicht mittragen.

Mehr Support kann Schwerzmann von der GLP erwarten. «Ein budgetloser Zustand wäre für den Kanton Luzern eine riesige Katastrophe», wird Kantonsrat Urs Brücker in einer Mitteilung zitiert. Insbesondere die bürgerlichen Parteien seien gefordert, Verantwortung zu übernehmen. Für die GLP ist klar, dass eine temporäre Steuererhöhung unumgänglich ist. Kritik richtet sie an die Adresse des Verbandes der Luzerner Gemeinden (VLG). Zwar sei dessen Widerstand legitim, die GLP würde jedoch «etwas mehr Solidarität» erwarten.

Die bürgerlichen Parteien haben sich noch nicht zum Budget 2017 geäussert.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Ueli Breitschmid
    Ueli Breitschmid, 27.10.2016, 14:19 Uhr

    Tiefere Steuern führen zu höheren Steuer-Einnahmen!
    Ja das ist so. Tiefe Unternehmenssteuern belassen die Gewinne in den Unternehmen und führen zu Investitionen und/oder Gewinnausschüttungen an Private. Deshalb sind tiefe Unternehmenssteuern einerseits wichtig für den Wirtschaftsstandort, die Unternehmnungen und Arbeitsplätze.
    Tiefere Steuern führen zu höheren Gewinnen. Dies führt dazu, dass zwei-drei Jahre später die Aktionäre und Firmeninhaber höhere Steuern auf höhere Einkommen bezahlen. So einfach ist das. Mir ist das so passiert und habe kein Problem damit.
    Primär profitieren vom höheren Steueraufkommen ( physischer Personen) die Gemeinden. Deren Gejammer vor Defiziten und Verschweigen der Verlagerung des steuerbaren Einkommens von Firma auf Private) – was schlussendlich tatsächlich zu höheren Steuer-Einnahmen führt – ist zu bedauern.

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