Kleine Klatsche für SVP-Poker

Keinen Tesla für Zuger Taxifahrer

Das Taxigesetz ist durch. Und zwar ohne finanzielle Anreize für 24-Stunden-Service oder umweltfreundliche Autos.

(Bild: fam)

Das neue Taxi-Gesetz erlebte schon viele Diskussionen. Über Tarif-Obergrenzen und geforderte Deutschkenntnisse der Fahrer war man sich im Grossen Gemeinderat der Stadt Zug nicht immer einig. Jetzt, in zweiter Lesung, führte plötzlich nicht mehr das Reglement selbst zu Diskussionen, sondern grün-rot getarnte SVP-Anliegen.

Drei Anpassungen am Taxigesetz hatte der Stadtrat im Nachgang an die erste Lesung vorgeschlagen. Um es vorweg zu nehmen: Diese waren minimal und betrafen bloss Formulierungen. Deshalb wurden sie im Grossen Gemeinderat (GGR) mit grossen Mehrheiten oder sogar einstimmig durchgewinkt.

24-Stunden und umweltfreundlich soll der Taxidienst sein

Stärker zu reden gab ein Antrag von Gregor R. Bruhin (SVP), Monika Mathers (CSP) und Barbara Stäheli (SP). Die drei Parlamentarier wollten mittels einer im Gesetzt verankerten Gebührenreduktion Anreize für bestimmte Dienstleistungen einführen.

Und das geht so: Wer entweder ein 24-Stunden Service leistet oder umweltfreundliche Fahrzeuge verwendet, soll weniger bezahlen. Damit soll einerseits der Dienst rund um die Uhr gewährleistet, andererseits die Anschaffung teurer, aber umweltfreundlicheren Autos gefördert werden.

Ein weisser Schimmel im Taxigesetz

Die FDP kündigte daraufhin sofort an, dass die bestehenden Änderungen ausreichend seien und es keine zusätzlichen Paragrafen nötig seien. Eliane Birchmeier, FDP, betonte, «dass Taxifahrer heute schon innovativ sein müssen, um im Markt bestehen zu können.»

Ausserdem mache es keinen Sinn, Entwicklungen zu antizipieren. Die Entscheidung, heute umweltfreundliche Autos zu unterstützen, könne bereits in 10 Jahren obsolet sein. Bis dann seien hoffentlich alle umweltfreundlich unterwegs, so Birchmeier. «Der Antrag ist ein weisser Schimmel, der keinen Vorteil bringt.»

«Wer wird noch in der Nacht fahren, wenn keine Anreize da sind?»
Gregor Bruhin, SVP

SVP will alles oder nichts       

Gregor Bruhin, SVP, erklärte, dass seine Fraktion dem Reglement nur zustimmen werde, wenn auch der Antrag angenommen werde. Denn der 24-Stunden-Service sei ein absolutes Muss. «Gerade in der Nacht, wo weder Auto, noch der Bus fahren, ist das Taxi wichtig.» Deshalb müsse dieser Service so attraktiv wie möglich gemacht werden.

«Wer wird noch in der Nacht fahren, wenn keine Anreize da sind?» Es brache einen zwingenden Anreiz. «Die SVP stört sich ganz gewaltig an der riesigen Gebührenerhöhung», sagte Bruhin weiter. Das sei eine massive Verschlechterung des Ist-Zustands.

«Schrittweise Anpassung der Gebühren wurde verpasst»

Birchmeier konterte: Diese 780 Franken Gebühren seien pro Tag runtergerechnet zwei bis drei Franken. «Zwei Franken pro Tag für einen top Taxistandplatz, das muss ein Unternehmen verkraften können», so Birchmeier. Die letzte Gebührenanpassung datiere aus dem Jahr 1999. «Man hat es verpasst, die Gebühren schrittweise anzupassen.» Die Taxifahrer hätten sehr lange von sehr tiefen Gebühren profitieren können, weil dies nicht passiert sei.

«Und was, wenn die Taxifahrer auf die Vergünstigung pfeifen?»
Othmar Keiser, CVP

Othmar Keiser von der CVP unterstützte das Votum der FDP. Den zusätzlich geforderten Antrag brauche es nicht. Insbesondere, weil die Umsetzung und Überwachung nicht möglich sei. «Wir sind überrascht, dass die SVP nur zustimmen will, wenn auch der Antrag angenommen wird. Und was, wenn die Taxifahrer auf die Vergünstigung pfeifen?»

Dem pflichtete auch Stadtrat Urs Raschle bei. Die Problematik des Rund-um-die-Uhr-Dienstes sei, dass er eine reine Farce sei. «Jeder Taxifahrer kann sein Handy in der Nacht in die Zentrale umschalten. Gegen aussen ist das dann 24-Stunden, gegen innen eben nicht.» Das Angebot sei deshalb nicht kontrollierbar und der Antrag deswegen nicht angebracht. «Es wird immer Marktführer geben, die diese Dienstleistung im Angebot habe, mit oder ohne Vergünstigungen», so Raschle.

Vergünstigungen für die dicken Fische?

Der SP-Gemeinderat Urs Bertschi sagte, dass der als Bedingung formulierte Antrag an der Taxifahrer-Realität vorbieziele. «Der 24-Stunden-Service ist wünschenswert, heute aber bereits gewährleistet.» Aber nur grosse Unternehmen würden sich dies leisten können. «Denn, Hand aufs Herz: Zwischen 02:00 Uhr und 06:00 Uhr, da geht nicht die Post ab.» Der Umsatz sei dann sehr bescheiden. Deshalb sei der Antrag marktverzerrend – nur die Grossen würden von den Vergünstigungen profitieren.

«Wer kann sich schon einen Tesla leisten?»
Urs Bertschi, SP

Auch das mit den Anreizen für die Umwelt sei zwar wünschenswert. Aber den Kauf eines umweltverträglichen Autos zu pushen, sei nicht Aufgabe der Stadt. «Auch hier würde der Antrag marktverzerrend wirken. Wer kann sich schon einen Tesla leisten?» Sicher nicht die kleinen Unternehmen, meint Bertschi. Und wird dann ganz deutlich: «Es wäre fatal, nach grosser und zeitraubenden Arbeit mit handgestrickten und ideologischen Grundsätzen das Taxireglement zu spülen.»

«24-Stunden-Service klingt sexy»

Stadtrat und Federführer des Projekts, Urs Raschle, brachte dann die Meinung der meisten Parlamentarier auf den Punkt: «24-Stunden-Service klingt gut und sexy.» Aber dieses Angebot solle der Markt regeln. «Und das tut er auch.»

Der GGR lehnte den Antrag der drei Parlamentarier mit 19 zu 16 Stimmen knapp ab und winkte im Gegenzug den Entwurf des Stadtrates mit klaren 27 zu neun Stimmen durch. Einzig die SVP stimmte nein, wie sie bereits zu Beginn der Debatte gedroht hatte. Damit fuhr die Partei eine Ohrfeige ein – für den Versuch, den Antrag zur Bedingung machen zu wollen.

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