Politiker in Habachtstellung

Wehe! Ein Zuger Verein begeht Landesverrat

Soldat Theophil Läppli würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, dass die Jugendanimation Zug mit einer Veranstaltung für Alternativen zum Militärdienst wirbt – vielleicht aber auch nicht. (Bild: zvg)

Stadtzuger Bürger habens gut. Sie brauchen sich keine Sorgen über eine ausbleibende Landesverteidigung zu machen. Denn wachsame Politiker schreiten sofort ein, wenn sich irgendwelches anti-militärisches Gedankengut in der Stadt auszubreiten droht.

Ach, wie schön das doch war, damals in der Kaserne. Unzählige topmotivierte junge Menschen konnten es kaum erwarten, in die Tarnanzüge zu schlüpfen und ihre Zeit endlich für etwas Sinnvolles einzusetzen. Da gab es keine störenden Denkprozesse, man konnte sich einfach voll und ganz den Befehlen hingeben. Da wurden Blutsbrüderschaften geschlossen, die ein ganzes Leben lang halten. Und man durfte ein Zusammengehörigkeitsgefühl kennenlernen, wie es sonst nur richtig platzierte Puzzlestücke erfahren. Unbestritten: Der Dienst in der Armee ist der Traum eines jeden Jugendlichen mit Schweizer Pass.

Und jetzt das: Die Jugendanimation Zug (jaz) lud vor wenigen Tagen zu einer Veranstaltung namens «Alternativen zum Militärdienst» in den «Lade für Soziokultur». Ein Tritt ins Fettnäpfchen, wie die beiden Gemeinderäte Gregor Bruhin (SVP) und Rainer Leemann (FDP) sogleich richtig erkannt haben. Geistesgegenwärtig haben die beiden Politiker mit einer Interpellation auf diese Dreistigkeit reagiert. Mit solchen Veranstaltungen werde die Unantastbarkeit der Wehrpflicht verletzt, merken die zwei aktiven Angehörigen der Schweizer Armee an. Ausgerechnet das jaz, eine Institution, die jährlich mit 845’000 Franken unterstützt wird, stösst mit dem Segen der Stadt allen vaterlandstreuen Frontmännern das Bajonett in den Rücken.

Subversiver Angriff auf ein Heiligtum

«Gemäss Definition handelt es sich dabei um eine Veranstaltung, wo Jugendliche und junge Erwachsene mit Experten und Gleichaltrigen über Alternativen zum Militärdienst diskutieren können», schreiben die beiden in ihrer Interpellation. Gehts eigentlich noch? Man stelle sich das mal vor: Da treffen sich mehrere junge Menschen, die ohne Frage nach zwielichtiger Machenschaft trachten und diskutieren über Alternativen zur allgemeinen Wehrpflicht. Oh – mein – Gott! Da bleibt einem glatt die Spucke weg. Ein Sammelbecken für Drückeberger! Wohin soll das denn noch führen? Ehe man sich’s versieht, wird noch über politische Prozesse debattiert oder – noch schlimmer – über Andersgläubigkeit geredet. Es ist klar, dass dabei nichts Gutes rauskommen kann. Ersteres führt unweigerlich in Putschgelüste, das Zweite endet im Niedergang des Abendlandes – aber das kennen wir ja schon.

Jetzt hat es also die heilige Schweizer Kuh namens Militär erwischt. Diese von Effizienz und Sinnhaftigkeit strotzende Institution, in der die Jungs zu Männern werden und selbst vereinzelte Frauen es sich beweisen wollen. Auf zur Landesverteidigung, mit dem Sturmgewehr 90 im Anschlag, Farbe im Gesicht und Camouflage am Hintern. Keine Widerrede, ein echter Schweizer hat sich inbrünstig dieser Lebensschule hinzugeben. Alle anderen sind Landesverräter.

HD Soldat Läppli am Strofexerziere

Man lernt dort ja auch viel. Wie man mit dem Kleiderbügel sämtliche Unebenheiten aus seiner Bettdecke streicht zum Beispiel. Oder, wie man seine Stiefel sekundenschnell auf Hochglanz poliert. Wussten Sie denn, dass es nicht möglich ist, drei Militärbiscuits innerhalb einer Minute zu verspeisen (das geht wirklich nicht, ich habs probiert)? Darüber hinaus wird einem beigebracht, wie man inhaltsleere, sich zum Teil widersprechende und oftmals schlicht hirnverbrannte Befehle ausführt, ohne dabei unbequeme Fragen phonetisch zu äussern.

Nieder mit den Zivis!

Alternative Praktiken, die einem innerhalb des Zivildienstes vermittelt werden, haben ob dieser gedrillten Wissensvermittlung klar das Nachsehen. Was nützt es schon, dem Personal in einem Alters- und Pflegeheim unter die Arme zu greifen und den Lebensabend der Bewohner ein klein wenig angenehmer zu gestalten? Die segnen eh alle bald das Zeitliche. Was bringt ein Einsatz in einem Asylzentrum, bei Menschen also, die man hier sowieso nicht haben möchte? Wer braucht schon Leute, die sich für den Erhalt unserer Kulturgüter einsetzen? Kultur, alleine der Ausdruck jagt einem einen kalten Schauer über den Rücken.

Und überhaupt: Zivis, diese wandelnden Reflektoren mit einem Faible zu Geisteswissenschaften hängen ohnedies die ganze Zeit nur rum, trinken billiges Importbier aus Dosen und rauchen in Papier gewickelte Pflänzchen. Wie erhaben wirkt doch dagegen ein stolzer Soldat, gehüllt in edelste Stoffe aus dem Hause Armasuisse, versehen mit Emblemen über der Brust und Gradabzeichen auf den Schultern. Da macht man doch sofort Platz, wenn ein solches Exemplar das Zugsabteil betritt, mit dem Marschbefehl in die Runde winkt und sich edelmütig aufmacht, die nationalen Wirtshäuser leer zu saufen. Das kurbelt die Wirtschaft an und stärkt die hiesigen Brauereien.

Es grenzt an Gotteslästerung

Eindeutig, die Diskussion über Alternativen zur militärischen Vereinstätigkeit riecht nach Blasphemie. Die Dienstpflicht ist der heilige Gral aller männlichen Bürger mit Schweizerpass – und das soll gefälligst auch so bleiben. Gut, haben wir mit der Interpellation ein parlamentarisches Kontrollmittel zur Hand, um in wirklich wichtigen Fragen die Notbremse zu ziehen. Wo kämen wir denn hin, wenn wir diese Aufklärer einfach so gewähren liessen?

Es ist doch beruhigend zu wissen, dass zwei Zuger Politiker dem Stadtrat mit Argusaugen auf die Finger schauen und im Bedarfsfall mutig das Lineal zücken. Dreht ihnen den Geldhahn zu – und schwupps ist der Ausdruck Zivildienst aus dem Wortschatz der Jugend getilgt. Und alles geht wieder mit rechten Dingen zu und her. Unsere Traditionen sind schliesslich unser wichtigstes Gut, das weiss doch jeder. Ob dieser Gelassenheit fasse auch ich neuen Mut und besorge mir ein Päckchen Militärguetzli – dieses Mal klappt es mit drei in einer Minute. Ganz bestimmt.

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