Zuger Sparmassnahmen

Kanti streicht Französischstunden

Bildungsdirektor Stephan Schleiss nimmt's gelassen: Es gehe nur darum, die Schüler zu entlasten. (Bild: zentral+)

Drei Wochenlektionen muss die Kantonsschule Zug bis 2018 aus dem Stundenplan ihrer Untergymnasiasten streichen. Dafür stehen nur drei Fächer zur Verfügung. Der Grund für die Streichung? Laut Regierung: Entlastung der gestressten Schüler. Dass dabei Geld gespart wird, sei ein Nebeneffekt.

Unter den Kantilehrern rumorts schon länger (zentral+ berichtete), jetzt gibt’s neues Futter für den Schwelbrand: Die Schulleitung hat intern ein Papier verschickt, aus dem klar wird, welche Schulstunden in Zukunft aufgrund des Entlastungsprogramms gestrichen werden müssen.

Drei Lektionen pro Woche werden bis 2018 aus dem Programm der Unterstufe verschwinden, das war der Auftrag von Bildungsdirektor Stephan Schleiss und der ihm unterstellten Schulkommission an die Schulleitung der Kanti. Laut dem Papier hatte die Schulleitung keine grosse Wahl: Die Kommission hat unter Schleiss› Vorsitz schon eng eingegrenzt, wo gekürzt werden darf: Beim Französisch, beim Tastaturschreiben und beim Religionsunterricht.

«Interesse der Schüler mit einbezogen»

Nur für den Französisch-Abbau gibt’s auch eine Erklärung: Dank dem Frühfranzösisch seien die Schüler schon besser vorbereitet. Für die Streichung bei den anderen Fächern gibt’s keine Erklärung, man habe aber die Interessen der Schüler ebenfalls miteinbezogen. «Uns liegt das Wohl unserer Lehrpersonen, unserer Schülerinnen, Schüler und unser Schule sehr am Herzen», schreibt die Schulleitung an die Lehrpersonen. «Unser oberstes Ziel ist es, unseren Bildungsauftrag im Gymnasium und in der Wirtschaftsmittelschule auch innerhalb der sich negativ verändernden Rahmenbedingungen bestmöglich aufrecht zu erhalten.»

Die drei Schulstunden sollen gestaffelt bis 2018 weggekürzt werden. Die Schulleitung hat sich für nächstes Jahr schon entschieden, welche Fächer beschnitten werden sollen: Eine halbe Stunde von einer Stunde Tastaturschreiben fällt schon ab nächstem Jahr weg, und eine halbe Stunde von zwei Stunden Religionsunterricht. Das ist aber erst der erste Schritt: Da muss noch mehr weg.

«Hinter geschlossenen Türen»

Zudem wird aus dem Papier ersichtlich, dass die Kommission die sogenannten «Mint»-Fächer gerne aufstocken würde – Mathematik, Physik, Biologie – und dies wiederum auf Kosten der schon genannten Fächer.

«Die Schüler hatten einfach zu viele Stunden, zu grossen Stress.»

Stephan Schleiss, Bildungsdirektor

Das schlägt für gewisse Lehrer dem Fass den Boden aus. «Aus demokratischer Sicht finde ich es erschreckend, dass sich die amtierenden Politiker derart viel Freiheit dabei nehmen, den Stundenplan des Gymnasiums zu verändern», sagt Fabian Perlini, Lehrer für Religionskunde an der Kanti Zug. «Hinter geschlossenen Türen, ohne Mitsprache der Bürger, der Eltern und Schüler. Bis jetzt auch ohne Mitsprache der Lehrer, und auch in Zukunft so gut wie nicht, sagt der Lehrer. «Ist das Zuger Volk tatsächlich für den Stundenabbau in der neutralen und kritischen Religionskunde, dem Tastaturschreiben sowie den Sprachfächern, ausser dem Englisch?» 

Weglassen und Geld sparen

Stephan Schleiss nimmt’s gelassen. Und hat eine erfrischende Erklärung parat. «Diese Kürzungen sind nicht in erster Linie aus Spargründen vorgesehen. Da geht es darum, die Schüler von zu vielen Schulstunden zu entlasten.»

Das Wording vom kantonalen Entlastungsprogramm hat’s also schon auf die Schulebene geschafft. Entlasten meint: Weglassen und damit Geld sparen. «Die Schüler hatten einfach zu viele Stunden, zu grossen Stress», sagt Schleiss. «Man wollte schon vor dem Entlastungsprogramm Abhilfe schaffen, jetzt lässt sich das verbinden.»

Viel Sparpotential gibt’s allerdings in Relation zu den 111 Millionen, die das Entlastungspaket bringen soll, nicht zu erschliessen. Schleiss ist da allerdings anderer Meinung, er rechnet vor: «Wenn die drei Schulstunden gespart werden, dann sind das eineinhalb Lehrerpensen. Das sind zirka 300’000 Franken. Das ist im Hinblick auf das Entlastungsprogramm ein erheblicher Betrag. Allerdings haben wir es nicht aus diesem Grund vorgenommen, sonst hätten wir uns ja gleich sagen können, wir wollen eine Million sparen, und noch weitere Stunden kürzen.»

Landeszusammenhalt?

Ob er keine Angst vor so einem Skandal habe, wie er aus dem Thurgau bei der Streichung des Französischunterrichts über die Schweiz schwappte? «Das kann man in keiner Weise vergleichen», sagt Schleiss. «Hier geht es um etwas völlig anderes. Wenn man die Französischstunden aufs normale Niveau hinunterschraubt, wird damit nicht der Schweizer Landeszusammenhalt aufs Spiel gesetzt.»

Tatsächlich haben andere Kantonsschulen weniger Französischstunden. Die Kantonsschule Alpenquai in Luzern etwa hat drei Wochenstunden, die Kantonsschule Zürich Nord hat deren 3,5 im ersten und vier im zweiten Jahr. Zug hat bis anhin vier Wochenstunden, wenn gekürzt wird, wären es noch drei.

Und die Religion? Müsste nicht gerade in Zeiten von religiösen Spannungen in Europa mehr Wissen über Religionen vermittelt werden? «Ich verstehe, dass sich die Religionslehrer dagegen wehren», sagt Schleiss, «wenn man von einem kleinen Pensum einen Teil abschneidet, dann ist aufs Mal viel Unterrichtszeit verloren. Eventuell wird man einen Teil davon in anderen Fächern kompensieren müssen, etwa in Geschichte. Zum Beispiel den Stoff dazu, wie die grossen monotheistischen Religionen entstanden sind.»

Ob das in Zeiten von boomenden Freikirchen, religiösem Terror und wiederaufflammender religiöser Spannungen in Europa wirklich ein weitsichtig gewähltes Mittel ist, um Geld zu sparen, sei dahingestellt.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Tabea Zimmermann Gibson
    Tabea Zimmermann Gibson, 01.11.2015, 11:38 Uhr

    Die Quote der Kantonsschüler/innen soll künstlich gesenkt werden, die Klassen vergrössert, und am Untergymnasium soll der Unterricht zudem um drei Lektionen reduziert werden. All dies ist problematisch:
    • Alle diese Vorgaben werden nur aus finanztechnischen Gründen gemacht: Sie sind Teil des kantonalen Entlastungsprogrammes 2015.
    • Die Senkung der Maturitätsquote entspricht NICHT den Bedürfnissen der Wirtschaft.
    • Nach der geplanten Senkung den Wochenstunden hätte man am UG weniger Unterricht als an der Sek, was die Sek gegenüber der Kanti weniger attraktiv macht.
    • Die Reduktion der Lektionen am UG gäbe den Kantischülern/innen mehr Zeit und „mehr Freiräume für selbstständiges, eigenverantwortetes, computergestütztes Lernen“, wie es im Strategiepapier der Schulkommission für die Zuger Mittelschulen von 2015-2018 angestrebt wird. Die 13- und 14-jährigen Schüler/innen würden das als „mehr Zeit fürs Gamen“ wohl freudig akzeptieren. Das kann doch nicht unser Ziel sein für unsere Kantonsschüler/innen!?

    Ich wünsche unserem Kanton, dass er nicht aus kurzfristigem finanzpolitischem Denken vergisst, nachhaltig zu handeln. Seinen Handlungsspielraum freiwillig stark einzuschränken – wie man das tut mit der gewählten, selbstbestimmten Steuerstrategie – kann nicht eine zukunftsgerichtete gesamtwirtschaftliche Strategie sein.

    Tabea Zimmermann Gibson, Gemeinderätin ALG, Zug

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  • Profilfoto von kad
    kad, 21.10.2015, 22:07 Uhr

    Genau der falsche Ort. Religion und Ethik Grundwissen ist unabdingbar heute. Sogar in Luzern haben Sie das vor einem Jahr einsehen müssen.

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