Aus dem Zuger Kantonsrat

Denkmalpflege darf Zähne behalten

Wird auch künftig nicht auf freiwilliger Basis gehandhabt: Die Zuger Denkmalpflege

Die Denkmalpflege abschaffen? Denkste. Die beiden umstrittenen Motionen haben eine Verwandlung erfahren. Und auf einmal klingt der Dialog um das emotionale Thema konstruktiv. Die Regierung gibt sogar Fehler zu.

Daniel Abt zittert fast, ob vor Wut oder vor Nervosität, lässt sich nicht sagen: Die Beantwortung seiner beiden Motionen hat nicht nur die Regierung, die kantonale Denkmalpflege und die Öffentlichkeit eine Weile beschäftigt, sogar das Bundesamt für Kultur hat sich eingeschaltet (zentral+ berichtete).

Denn Abt wollte zusammen mit zwei weiteren Motionären dem Denkmalschutz die Zähne ziehen: Nur noch freiwillig sollten Gebäude unter Schutz gestellt werden dürfen, forderte eine der beiden Motionen. Zudem sollte das Amt umorganisiert werden, die heutige Fachkommission neu durch eine nach Parteienstärke organisierte Kommission ersetzt werden, die entscheiden würde, was geschützt werden soll und was nicht.

Abfuhr in fast allen Punkten

Die Regierung hatte daraufhin den Motionären in fast allen Punkten eine unmissverständliche Abfuhr erteilt: Die meisten Teile des Begehrens seien nicht motionsfähig, da sie in der Kompetenz der Regierung lägen, schrieb sie in ihrer Antwort. Kein Wunder ist Abt sauer. «Ich habe meinen Dank für die Beantwortung einer Motion schon mal herzlicher vorbringen können», sagt er und amüsiert damit den Rat, «danke.»

«Die Denkmalpflege hat nicht in jedem Fall gut kommuniziert und gehandelt.»

Manuela Weichelt, Regierungsrätin

Allerdings ist die Lage offenbar schon im Vorfeld der Kantonsratsdebatte merklich abgekühlt: Die Regierung hat den Motionären vorgeschlagen, ihre Motionsbegehren bis auf eines in Postulate umzuwandeln, also in Bitten, die keine Verbindlichkeit haben. Damit will die Regierung die Gefahr für die Denkmalpflege entschärfen, ohne die Motionäre völlig zu vergraulen.

Keine Abschaffung des Zwangs

Wer bestimmt, was geschützt wird?

Der CVP-Kantonsrat Heini Schmid hatte in der Debatte zum Schrecken einiger anderer Kantonsräte vorgeschlagen, die Fachkommission, die darüber entscheidet, ob ein Gebäude unter Schutz gestellt wird, durch ein politisches Gremium zu ersetzen. «Es geht nicht mehr um die alten Häuser, die sind alle schon geschützt. Es geht jetzt um die Neuzeit. Und da müssen wir uns fragen, an was wir uns erinnern wollen», sagt Schmid. «Ob wir ein Haus unter Schutz stellen ist eine hochpolitische Frage, und wir sind das Gremium, dass sich hochpolitischen Fragen stellen kann.»

Das schürt zwar Ängste vor einer Verpolitisierung der Entscheide, ist aber für Regierungsrätin Manuela Weichelt nicht ausgeschlossen. «Wir müssen die Prozesse auf jeden Fall überprüfen, und sind noch offen, wie wir das in Zukunft machen wollen. Es könnte auch sein, dass es gar keine Kommission mehr gibt, da die Fachleute genug Know-how haben.»

«Wenn die Regierung das heute noch ein Mal bekräftigt, dann sind wir bereit, dem zuzustimmen», sagt Abt. «Wir beharren aber auf unserer zweiten Forderung.» Gemeint ist die Forderung nach reiner Freiwilligkeit bei der Unterschutzstellung von Gebäuden.

Die Regierung tat ihm den Gefallen – und der Rat folgte ihr in allen Punkten: Die Motionen wurde nur in einem Punkt für erheblich erklärt, nämlich im Bezug auf die Vervollständigung des Inventars schützenswerter Bauten. Auch weiterhin ist also eine Unterschutzstellung unter Zwang möglich. Die Heimatschützer können aufatmen. Daniel Abt ebenfalls: Seine Anliegen sind nicht vom Tisch, die Regierung will sie aufnehmen und in einem Workshop mit den Motionären bearbeiten.

«Hausbesitzer sind nicht nur Leute von hier»

Dass das Thema Denkmalpflege ein emotionales ist, zeigte sich an der Qualität der Voten: Fast überall war von «Problemen» bei der Denkmalpflege die Rede, ohne dass sie konkret benannt wurden. Der generelle Unmut gipfelte im harmlos vorgetragenen, aber bissigen Vorschlag der CVP-Jungpolitikerin Laura Dittli, man möge doch das Amt neu bei der Baudirektion ansiedeln, das sei nichts als sinnvoll.

«Denkmalpflege kann ein Monster sein»

Philipp C. Brunner, SVP-Kantonsrat

So mutig war dann keiner der Nachredner, der Direktorin des Inneren gleich das Amt abzusprechen, aber der Tenor war klar, wenn auch gespalten: Irgendwas läuft schief, aber gleich die Denkmalpflege abschaffen? Philipp C. Brunner brachte die Gemütslage auf den Punkt: «Die Denkmalpflege kann ein Monster sein, das habe ich selber erlebt. Aber man muss sich vor Augen führen, dass Hausbesitzer nicht nur Leute von hier sind.» Das seien Konzerne, die ihre Entscheidungen aus wirtschaftlichen Überlegungen fällen würden.

Neues Instrument

«Wenn es zum Beispiel nur an der Post liegen würde, was mit dem Haus am Postplatz geschieht, dann würde das abgerissen, aber klar. Und was wäre das Resultat? Unmut in der Bevölkerung, und am Schluss müsste der Kanton das Haus kaufen, um es zu erhalten.»

Das kühlte die Empörung über die ruppige Beantwortung der Motion ab, und der Rat stimmte mit Ausnahme einer kleinen Gruppe um Abt für den Vorschlag der Regierung: Auch in Zukunft kann ein Haus unter Zwang geschützt werden. Zudem will die Regierung aber einen Unterschutzstellungs-Vertrag als neues Instrument einführen, mit dem Hauseigentümer besser in den Prozess eingebunden werden können.

«Denkmalpflege hat nicht immer gut kommuniziert»

Regierungsrätin Manuela Weichelt ist erleichtert über den Entscheid des Kantonsrats. «Nicht nur für Zug, auch für die Schweiz, das wäre ein ganz falsches Signal gewesen, wenn eine Unterschutzustellung nur noch freiwillig hätte erfolgen können.» Dass der Kanton Zug das trotz höherstehendem Recht hätte fordern können, sei nicht undenkbar gewesen. «Das ist ja beim Pukelsheim schon ein Mal passiert, dass der Rat von der Regierung gefordert hat, gegen die Verfassung zu verstossen», sagt Weichelt.

Diesmal hat sich der Rat an höheres Recht gehalten. Was bedeutet das nun für die anderen Anliegen der Motionäre? Da sie nun in Postulate umgewandelt wurden, haben sie ja keine bindende Wirkung mehr. «Wir werden auf jeden Fall die Punkte und Kritik der Motionäre an der Denkmalpflege aufnehmen», sagt Weichelt. «Das muss man ernst nehmen. Und ich muss auch sagen, die Denkmalpflege hat nicht in jedem Fall gut kommuniziert und gehandelt. Wir müssen jetzt schauen, dass wir die Probleme angehen können.» Den Hauptgrund für den Unmut über die Denkmalpflege sieht Weichelt im immer noch nicht vollständigen Inventar schützenswerter Bauten. Es soll bis 2018 fertig werden. «Das fehlende Inventar hat eine riesige Rechtsunsicherheit ausgelöst. Es ist wichtig, dass es fertig wird.»

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