Umstrittene Gesetzesänderung in Zug

Sonderprivileg für reiche Ausländer?

Soll künftig nicht mehr für alle obligatorisch sein: Deutschkurs für Ausländer im Kanton Zug. (Bild: Fotolia)

Die Zuger Regierung möchte das Gesetz über den obligatorischen Sprachkurs bei Ausländern ändern, welche eine Aufenthaltsbewilligung erwerben wollen. Die Änderung hat es in sich. Denn die Sprachkurse sollen nicht mehr für alle obligatorisch sein. Eine besondere Gruppe bleibt ausgenommen.

Vor zwei Jahren wurde im Kanton Zug das Gesetz angepasst. Seither gelten Deutschkenntnisse als Voraussetzung für eine Niederlassungsbewilligung. Nun soll eine Ausnahme für reiche Ausländer geschaffen werden. Eine Ausnahmeregelung soll für Personen gelten, denen zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen eine Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde. Konkret sollen vermögende Ausländer, die eine Bewilligung bekommen, weil sie gute Steuerzahler und darum von «öffentlichem Interesse» sind, vom Deutschkurs-Obligatorium ausgenommen werden, wie SRF berichtete. 

Das aktuelle Gesetz enthält bereits eine Ausnahmebestimmung für Personen, welche aus unverschuldetem Unvermögen das geforderte Deutschniveau nicht erreichen. Der Regierungsrat hat die Änderung des Gesetzes in die Vernehmlassung geschickt.

Lösung soll der Sache dienen

Die geplante Änderung wirft hohe Wellen. Ist die Rechtsgleichheit gefährdet? Rupan Sivaganesan, SP-Kantonsrat, hat ursprünglich die Motion eingereicht, aufgrund derer die Deutschkurse eingeführt wurden. Er findet die Änderung unproblematisch, sie entspreche dem Sinn seiner Motion: «Ziel des Deutschkurs-Obligatoriums ist die Schaffung von Anreizen zur Integration. Das ist auch als Beitrag zur Chancengleichheit von niederqualifizierten oder bildungsfernen Einwanderern zu sehen.» Bei hochqualifizierten ausländischen Arbeitskräften verfehle die Massnahme aber ihr Ziel, erklärt Sivaganesan. Deshalb sei hier eine pragmatische Lösung notwendig, so der linke Politiker.

Anders argumentiert der Zuger Stadtrat. Er findet, dass damit eine Ungleichbehandlung geschaffen wird. Es sei unüblich, dass nach so kurzer Zeit eine Gesetzesanpassung notwendig werde. Zudem sei es wohl einzigartig, dass man aufgrund von etwa zwei Fällen pro Jahr eine Gesetzesänderung vornehmen wolle.

Kein Deutschkurs für Vekselberg

Rupan Sivaganesan legt Wert darauf, die Änderung nicht emotional, sondern sachlich zu verstehen. «Wieso sollen wir mit dem ohnehin begrenzten Integrationsbudget vermögenden Personen wie Viktor Vekselberg einen Sprachkurs bezahlen?»

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6 Kommentare
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    Urs N, 17.04.2015, 21:41 Uhr

    Herr Sivaganesan, Sie schreiben: «Eine Tätigkeit zum Beispiel in der Reinigung ist nicht per se schlecht, aber schlecht ist, wer trotz guter Fähigkeiten und Ressourcen dort verbleibt.»

    Was genau ist daran schlecht, wenn jemand «dort» verbleibt? Genauso «schlimm» (nein: schlimmer) sind jene, die sich befördern lassen, bis sie überfordert sind. Von diesen gibt es nämlich viel zu viel in den Kader- und Chefpositionen unserere Firmen!

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  • Profilfoto von Politikerli
    Politikerli, 14.04.2015, 12:34 Uhr

    Liebe Kantons- und Regierungsräte, lest doch mal so einmal im Monat das erste Dutzend Artikel unserer Bundesverfassung.


    Art. 8

    1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

    2 Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.

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  • Profilfoto von Stefan Gisler
    Stefan Gisler, 10.04.2015, 13:57 Uhr

    Die SP (Parteipräsidentin Gysel) lehnt in ihrer Vernehmlassung die Gesetzrevision «rundweg ab» und schreibt u.a.: «Eine Anpassung der Verordnung über Niederlassungsbewilligungen bezüglich Einkommen und Vermögen ruft eine Zweiklassen-Gesellschaft hervor, bzw. verstärkt die bereits vorherrschende Diskriminierung im Kanton Zug zugunsten von Personen mit höheren Einkommen und grösserer Steuerkraft. ( … ) Eine Erweiterung der Ausnahmeregelung für Personen, zur „Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen“ ist demnach unnötig, widerspricht der Gleichbehandlung aller AusländerInnen im Kanton und setzt deshalb ein falsches Zeichen.»

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  • Profilfoto von Stefan Gisler
    Stefan Gisler, 10.04.2015, 13:26 Uhr

    Nun – ich war damals gegen den Sprachzwang bei der C-Niederlassung, da mir bewusst war, dass es so zu Ungleichbehandlungen kommt (bilaterale Abkommen ermöglichen das C ohne Sprachnachweis und benachteiligten Personen aus Drittstaaten) und Sprache ein wichtiges, aber nicht das einzige Integrationsmerkmal ist. Aber der Kantonsrat stimmte zu und jetzt soll das Gesetz auch gelten.

    Der Zuger Stadtrat monierte die Zementierung der «Zweiklassengesellschaft» durch die neu geplante Gesetzesänderung. Das teile ich, gerade weil eine faire Behandlung aller Personen ungeachtet ihrer Herkunft wichtig ist. Ein Nein zum neuen Gesetz hebt reale gesellschaftliche und wirtschaftliche Unterschiede zwar nicht auf, aber ein Ja wäre ein Signal, dass für Personen mit Geld andere Regeln gelten: Eben kein Sprachnachweis für die C-Bewilligung. Die kritische Haltung des Stadtrats und von mir gleich mit der Rassismus-Keule anzugreifen, ist ein untauglicher Diskussionskiller; meine zahlreichen Expat-Freunde würden darüber auch den Kopf schütteln 😉

    Die geplante Gesetzesänderung zur Aufhebung des Sprachnachweis für bestimmte Personen tangiert zudem die Sprachkurse aus meiner Sicht nicht. Zugs Integrationsprogramm sieht vor «unterprivilegierte Migrantinnen» mit subventionierten Sprachkursen zu fördern. Dabei strebt der Kanton «ein praktikables Finanzierungsmodell an, das eine angemessene Beteiligung an den Kurskosten sicherstellt.» Diese Kombination stellt sicher, dass Begüterte heute wie in Zukunft keine «Gratis-Sprachkurse» erhalten und das Geld von Kanton und Bund gezielt im Sinne des Integrationsprogramms und von Rupan Sivaganesan eingesetzt werden.

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  • Profilfoto von Rupan Sivaganesan
    Rupan Sivaganesan, 09.04.2015, 17:28 Uhr

    Stefan Gisler, du hättest mich ja kurz anrufen können. Da du aber den Punkt bereits öffentlich gemacht hast, sehe ich mich gezwungen, auf diesem Weg zu reagieren, damit du und auch die LeserInnen besser verstehen können, worum es mir geht.

    Erstens, es gibt eine Zweiklassengesellschaft. Sprachanforderung schafft diese Klassen nicht, sondern schafft sie ab. Einige können CEO werden, andere haben hierzu keine Möglichkeit. Eine Tätigkeit zum Beispiel in der Reinigung ist nicht per se schlecht, aber schlecht ist, wer trotz guter Fähigkeiten und Ressourcen dort verbleibt. Wenn wir dagegen nichts tun, akzeptieren wir diese Zweiklassengesellschaft. Es hat mich erstaunt, dass du als Kantonsrat nicht zur Kenntnis genommen hast, dass Sprachkurse staatlich subventioniert sind. Vielleicht meinst du mit der von dir angesprochenen Eigenfinanzierung die Nachweise, welche selbständig erbracht werden müssen, siehe dazu etwa BüG Art. 5 Abs. 5. (neu) Gemäss dem kantonalen Integrationsprogramm 2014-2017 sind für 2015 im Kanton Zug 615’000 Franken von Bund und Kanton für Sprache und Bildung budgetiert, für 2016 sogar 635’000 Franken (siehe KIP 2014/15, S. 60). Hier handelt es sich notabene um Steuergelder. Diesen grössten Posten der Integrationsgelder will ich nicht gemäss dem Matthäus-Effekt verteilen, welcher sagt: „wer hat, dem wird gegeben“. Sprachanforderung ist ein Schlüssel zur Integration. Wenn wir Integration nicht wünschen, dann akzeptieren wir die Zweiklassengesellschaft. Wenn du gegen Reiche und Hochprivilegierte kämpfen willst, ist hier nicht der Platz dazu. Sonst entsteht der Verdacht, dass Ressentiments, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit gegen Expats und reiche AusländerInnen vorliegen. Wir brauchen bei Expats keine „Zwangsassimilation“; was mich interessiert, sind sozioökonomisch unterprivilegierte Personen, die auch durch Sprache Chancengleichheit zu erreichen versuchen. Das verstehst du, Stefan Gisler, als grüner Politiker ganz bestimmt.

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  • Profilfoto von Stefan Gisler
    Stefan Gisler, 08.04.2015, 22:24 Uhr

    Bei diesem Gesetz und der Ausnahmeregelung dazu geht es nicht um den Erlass eines obligatorischen Sprachkurses (welche Reiche eh selber zahlen müssten), wie der SP-Politiker zitiert wird. Sondern es ist der komplette Erlass eines Sprachnachweises für reiche privilegierte Ausländer, welche «Zug wirtschaftlich nützen» geplant. Dieser Nachweis (nicht der Sprachkurs) ist Voraussetzung für die Niederlassungsbewilligung. Es wäre die Gutheissung einer Zweiklassengesellschaft, käme das durch. Arbeitnehmer aus Drittstaaten, ohne viel Geld, die aber in der Landwirtschaft, im Gastgewerbe oder in der Gesundheitsbranche viel leisten, bekämen Auflagen des Sprachnachweises. Reiche Steuerflüchtlinge oder Spitzen-CEOs hingegen bekommen diese geschenkt. Das ist ungerecht.

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