Marcel Schwerzmann nimmt erstmals Stellung

«Das könnte schon gegen meine Wahl gerichtet sein»

Finanzdirektor Marcel Schwerzmann findet, dass man das Urteil über ihn etwas schnell gefällt hat. (Bild: hch)

Als Luzerner Finanzdirektor steht Marcel Schwerzmann wegen der Internetanalyse von 2010 in der Kritik. Der Zeitpunkt des Skandals kurz vor den Wahlen könnte seine Wiederwahl gefährden, räumt Schwerzmann gegenüber zentral+ ein. Dass er damals Fehler gemacht hat, bestreitet der Parteilose.

Bisher äusserte sich Marcel Schwerzmann nicht zur Affäre um die missbräuchliche Internetverwendung in der Kantonsverwaltung. Das erledigte am Dienstagabend Regierungspräsident Reto Wyss (zentral+ berichtete). Scheibchenweise kommen nun weitere Details ans Licht. Wollte die Regierung nach der Veröffentlichung im «Sonntagsblick» zuerst nicht kommunizieren, wann gewisse Internetseiten (Porno, Gewalt) gesperrt wurden, nannte sie am Montagabend 2014. Schwerzmann nennt nun als Grund für die Verzögerung eine Panne beim Lieferanten.

zentral+: Herr Schwerzmann, gemäss Internet-Spezialisten dauert die Installation eines Proxy-Servers zu Sperrung anstössiger Seiten einige Tage. Warum brauchte der Kanton Luzern vier Jahre dafür?

Marcel Schwerzmann: Die Ausschreibung, Evaluation, Beschaffung, Installation und Inbetriebnahme eines Proxy-Servers wurde 2010 vom Finanzdepartement in Auftrag gegeben. Verzögerungen ergaben sich aus unterschiedlichen, nicht kompatiblen Technologien einzelner Betroffener. 2010 erfolgte die Evaluation im Einladungsverfahren, im Jahr 2011 der Produktentscheid und der Start des Pilotbetriebs. 2012 gab es Probleme mit einzelnen Kunden unseres Lieferanten und deren spezieller Konfiguration, da die zu Grunde liegenden Technologien geändert hatten. Daraufhin haben wir den Testbetrieb abgebrochen. 2012 nahm man das Projekt wieder auf und die Probleme wurden gelöst. Im selben Jahr erfolgte die definitive Inbetriebnahme der neuen Proxy-Server-Infrastruktur. Die Aktivierung des inhaltlichen Filterns von URL-Kategorien oder einzelnen Seitenaufrufen geschah 2014. Ich weise Sie darauf hin, dass diese Informationen gemäss heutigem Kenntnisstand erfolgen und die Administrativuntersuchung weitere Antworten liefern wird.

zentral+: Die Veröffentlichung des vertraulichens Berichts kurz vor den Wahlen erfolgt in einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt für Sie. Will man Ihnen damit schaden? Haben Sie eine Vermutung, wer den Bericht der Presse zugespielt haben könnte?

Schwerzmann: Ich stelle keine Vermutungen an, sondern versuche sachlich zu bleiben. Die Veröffentlichung könnte schon gegen meine Wiederwahl gerichtet sein. Getroffen hat sie aber den Kanton Luzern und seine Mitarbeiter.

zentral: Wie ist die Stimmung bei den Kantonsangestellten?

Schwerzmann: Ja, was denken Sie denn? Das belastet die Mitarbeiter schon.

zentral+: Empfinden Sie es nachträglich als Fehler, dass Sie damals Ihre Regierungsratskollegen nicht über die Internetanalyse informiert haben und die Umsetzung nicht persönlich kontrollierten?

Schwerzmann: Nein, gemäss Informatikmittelverordnung liegt die organisatorische und führungsmässige Zuständigkeit bewusst und eindeutig bei den Departementen, die technische Zuständigkeit bei der Dienststelle Informatik.

zentral+: Haben Sie Angst um Ihre Wiederwahl?

Schwerzmann: Angst ist bei Wahlen ein schlechter Ratgeber, Respekt habe ich aber schon. Dies unabhängig von der aktuellen Berichterstattung.

zentral+: Die «NLZ« schrieb am Dienstag in einem Kommentar, Sie hätten versagt. Was sagen Sie dazu?

Schwerzmann: Meiner Empfindung nach wurde das Urteil etwas gar schnell gefällt.

zentral+: Man fragt sich, wer den vertraulichen Internetbericht an die Presse weitergegeben hat. Die SVP hätte ein Interesse daran, ihren Kandidaten Paul Winiker auf Kosten eines anderen Sitzes – der SP oder eines anderen bisherigen Regierungsrats – in die Exkutive zu hieven. Könnte die Quelle des «Blicks» in SVP-nahen Kreisen liegen? Oder aber kommt die Indiskretion von linker Seite, wo sie wenig Freunde haben?

Schwerzmann: Zu solchen Spekulationen will ich mich nicht äussern.

zentral+: Heute Mittwoch hat der Regierungsrat eine Delegation der Aufsichts- und Kontrollkommission des Kantonsrats empfangen. Was ist bei diesem Gespräch herausgekommen?

Schwerzmann: Ich kann bestätigen, dass wir im Kontakt mit Vertretern der AKK stehen. Mehr kann ich dazu nicht sagen, das wäre Amtsgeheimnisverletzung.

zentral+: Wann wird es weitere Informationen zu dieser Angelegenheit geben?

Schwerzmann: Das Thema wird sicherlich am Montag im Kantonsrat diskutiert werden.

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