Zuger Attentat von 2001

Mörder Leibacher als Held der Neonazis

Das T-Shirt, welches an der Schlachtfeier in Sempach 2008 erstmals auftauchte. (Bild: Screenshot - ch.indymedia.org)

Friedrich Leibacher tötete 2001 im Zuger Parlament 14 Menschen. Seither verherrlichen Schweizer Neonazis ihn als einen ihrer makabren Helden. Die neuste pietätlose Provokation kam nun von einer ehemaligen Miss-Schweiz-Kandidatin – mit Konsequenzen.

Der Zuger SVP-Kantonsrat Philip C. Brunner ist entsetzt: «Das ist einfach nur grauenhaft und krank.» Ein schlimmes Ereignis aus der jüngeren Zuger Geschichte ist wieder präsent: Das Zuger Attentat, verübt von Friedrich Leibacher 2001 (siehe Box). Kaum fand am 27. September 2014 die Gedenkfeier für die Opfer statt, ist der Attentäter bei Neonazis wieder ein beliebtes Provokationsmittel.

Ein Foto, welches derzeit auf Facebook kursiert, löst Diskussionen aus. Das Bild zeigt einen T-Shirt-Aufdruck eines Schweizer Neonazis, der 2008 an der Schlachtfeier in Sempach teilnahm. Der Spruch auf dem T-Shirt lautet: «Friedrich Leibacher, Nationalheld / Warum hast du nicht in Bern gewohnt?» Eine pietätlose Provokation gegenüber den Opfern, Angehörigen und weiteren Betroffenen des Attentats.

Das Zuger Attentat

Das Attentat wurde am 27. September 2001 an einer Sitzung des Kantonsrates im Parlamentsgebäude des Kantons Zug verübt. 14 Politiker wurden vom Attentäter Friedrich Leibacher erschossen, welcher sich kurz danach selbst das Leben nahm.

Der Attentäter gelangte als Polizist verkleidet mit mehreren Waffen ins Gebäude und schoss im tagenden Parlament wild um sich. Er feuerte 91 Schüsse ab und zündete eine selbstgebaute Bombe. 14 Parlamentarier starben, zahlreiche Politiker und Journalisten wurden teilweise schwer verletzt.

Dieser Anschlag war der erste dieser Art in der Schweiz und für den gesamten Kanton Zug ein traumatisches Erlebnis.

Aktueller Fall

«20Minuten» berichtete diesen Mittwoch, wie Anita R. Nideröst, Mitglied der SVP Frauen der Stadt Zürich, das Foto des T-Shirts auf Facebook folgendermassen kommentierte: «… mein erster Gedanke war: Der hat am falschen Ort gewirkt.» Die ehemalige Miss-Schweiz-Kandidatin Niederöst (67) bereue den Eintrag nicht. Sie überlege sich schon, was sie poste.

«Solche Aussagen kann man nur entschieden ablehnen. Das hat nicht das geringste mit dem Gedankengut der SVP zu tun», betont SVP-Kantonsrat Brunner. «Da muss es sich um ein gestörtes Gehirn handeln, anders kann man es nicht beschreiben», betont er und ergänzt, was bereits einige Stunden nach dem Kommentar beschlossen wurde: «Die SVP Stadt Zürich hat diese Person ausgeschlossen.»

Kein Problem von Social Media

Kommunikationsexperte Lahor Jakrlin riet bereits im Artikel von «20Minuten»: «Die SVP vertritt einen grossen Teil dieses Landes und muss sich von dieser Frau distanzieren.» In einer demokratischen Vereinigung habe eine solche Person keinen Platz. Politiker, die mit Niederöst auf Facebook befreundet seien – etwa die SVP-Nationalräte Walter Wobmann, Lukas Reimann oder Hans Fehr – sollten sie entfreunden.

Dass ein Social-Media-Kurs bei Nideröst etwas bringen würde, bezweifelt Jakrlin: «Social Media reflektiert das Spiegelbild und das Gedankengut einer Person. Frau Nideröst fehlt offenbar das Bewusstsein für Gewalt. Das entwickelt man auch nicht mit einem Social-Media-Kurs.»

Nichts Neues

Dieses Ereignis ist jedoch keine neue Entwicklung in der rechtsradikalen schweizer Szene. Immer wieder taucht Leibacher als «Held» der Neonazis auf. 2004 begann die pietätlose Verherrlichung Leibachers bei einem Eishockey-Match zwischen dem Schlittschuhclub Bern (SCB) und dem Eissportverein Zug (EVZ).

In den Reihen der Berner Fans wurde ein Transparent mit den Worten «Danke Leibacher» und einem Totenkopf hochgehalten. Jedoch kaum 30 Sekunden sei das Banner sichtbar gewesen, berichtete damals der Blick. Der Fan mit dem Plakat habe anschliessend Reue gezeigt.

Das T-Shirt

Der Neonazi mit dem Leibacher-T-Shirt käme hingegen wohl kaum auf die Idee sich zu entschuldigen. Es war 2008 am Schlachtgedenktag in Sempach, als rund 250 Rechtsradikale durch die Luzerner Kleinstadt marschierten. Darunter auch ein junger Mann mit schwarzem T-Shirt. Die Aufschrift: «Friedrich Leibacher, Nationalheld / Warum hast du nicht in Bern gewohnt?» Eine makabre Anspielung, Leibacher hätte doch lieber im Bundeshaus töten sollen. Auf der Baseballmütze des jungen Mannes mit besagtem T-Shirt prangte die Zahl 18: ein Code für «Adolf Hitler» in der Neonazi-Szene.  

Die laut Bundesamt für Polizei rechtsextreme Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) musste 2009 auf ihrer Website für die Schlachtfeier in Sempach ermahnen: «In eigener Sache: T-Shirts, wie beispielsweise im letzten Jahr mit der Aufschrift: ‹Friedrich Leibacher – Nationalheld›, werden dieses Jahr in keiner Form toleriert! Der Sicherheitsdienst und die Veranstalter werden Personen, welche solche oder ähnliche T-Shirts tragen, unverzüglich von unserem Zug wegweisen!» Seit 2009 sei das T-Shirt jedoch kein Thema mehr gewesen, so Dominic Lüthard, Mediensprecher der Pnos. Nun, fünf Jahre später, ist es digital wieder da.

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