Gleichstellung in der Luzerner Verwaltung

Wo Chefinnen rar gesät sind

«Vielen Dank für die Blumen»: Rosen für Yvonne Schärli zur Wiederwahl 2007. Heute gibt's Komplimente für ihren Einsatz in der Gleichstellung von Mann und Frau in ihrem Departement. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

In den Führungspositionen der kantonalen Verwaltung sind Frauen noch immer stark untervertreten. Dies zeigen neue Zahlen. Betrachtet man die Statistik etwas detaillierter, zeigt sich beim Anteil der Chefinnen in den Abteilungen die eine oder andere Überraschung. Wird nun eine Frauenquote wieder zum Thema?

Seit über 30 Jahren ist die Gleichstellung der Geschlechter im Gesetz verankert, doch Frauen sind in Führungspositionen noch immer stark untervertreten. In der Verwaltung des Kantons Luzern sei «das Missverhältnis zwischen Männern und Frauen in Kaderpositionen eklatant», heisst es in einer Anfrage an den Regierungsrat. Die Kantonsrätin der Grünen, Michèle Bucher, und ihre Mitunterzeichner wollen darin wissen, welche Massnahmen und Strategien bereits umgesetzt werden und welche geplant sind. Und ob der Regierungsrat nun doch eine Geschlechterquote in Betracht zieht.

Keine Quote

Der Regierungsrat antwortet auf die Anfrage mit einer Veröffentlichung der Zahlen und erklärt sich. Heidi Rebsamen, Kantonsrätin der Grünen Luzern, die sich seit Jahren für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzt, meint: «Die Antwort überrascht mich überhaupt nicht.»

Die Einführung einer Geschlechterquote kommt für den Regierungsrat nicht in Frage, das wird in der Antwort deutlich. «Das war klar. Die Bürgerlichen sind gegen eine Frauenquote», so Rebsamen. «Obwohl die Frauenquote wieder salonfähig wird. Auch die ‹Business and Professional Women Switzerland› setzen sich neu dafür ein.» Der Regierungsrat hingegen schreibt, dass Quoten zu ungüstigen Kompromissen führen können.

Justiz- und Finanzdepartement und Gerichte stehen gut da

Auffällig ist, dass im oberen Kader nur das Justiz- und Sicherheitsdepartement und die Gerichte einen Frauenanteil von 30 bis 40 Prozent vorweisen können. Alle anderen Departemente liegen weit darunter. Laut der Dienststelle Personal: «Auf dem Arbeitsmarkt lassen sich in diesen Bereichen leichter hochqualifizierte Kandidatinnen finden, was sich im Frauenanteil spiegelt.» Rebsamen sieht noch einen anderen Grund für diese Tatsache: «Das kommt nicht von ungefähr. Da muss man Yvonne Schärli wirklich ein Kränzchen binden. Sie setzt sich sehr für die Gleichstellung ein und das kommt hier zum Ausdruck.» Auch bei den Gerichten ist die Geschlechterverteilung sehr fortschrittlich. Das habe aber auch mit der Arbeitsorganisation zu tun, so Rebsamen.

«Da muss man Yvonne Schärli wirklich ein Kränzchen binden.»
Heidi Rebsamen, Kantonsrätin Grüne Luzern

Im Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement, im Departement für Gesundheit und Soziales sowie im Finanzdepartement ist jedoch keine einzige Frau im oberen Kader vertreten. In der Staatskanzlei und im Bildungs- und Kulturdepartement finden sich jeweils eine Frau im oberen Kader.

Frauendomänen, denen die Frauen fehlen

Dass in den beiden «Frauendomänen» Bildung / Kultur und Gesundheit/Soziales nicht mehr Frauen im oberen Kader sind, erstaunt. «In diesen eigentlichen Frauendomänen sind Männer in Führungspositionen, die offenbar weniger darauf achten, Frauen in Kaderpositionen zu befördern», vermutet Rebsamen. Die Dienststelle Personal hält eine Kategorisierung nicht für sinnvoll.

Vollzeit oder Teilzeit

Etwas mehr als die Hälfte der Angestellten in der Kantonalen Verwaltung arbeiten Teilzeit. Beobachtet man nur die weiblichen Angestellten, sind es sogar über 75 Prozent Teilzeitangestellte. Auffällig ist dabei, dass lediglich 26 Prozent der Frauen Vollzeit arbeiten. Bei den Männern sind in der kantonalen Verwaltung 69 Prozent Vollzeit beschäftigt. Einigermassen ausgeglichen ist es nur im mittleren Kader mit rund 70 Prozent Frauen und rund 85 Prozent Männer Vollzeitangestellten.

Im oberen Kader der kantonalen Verwaltung arbeiten insgesamt 33,5 Prozent Frauen. Im unteren Kader sind es 33 Prozent. Ein krasses Ungleichgewicht findet sich im mittleren Kader. Hier sind lediglich 18,6 Prozent Frauen angestellt. Und auch diese hohe Zahl kommt lediglich wegen der 42,9 Prozent Frauen in der Staatskanzlei zustande, welche die allgemeine Prozentzahl heben.

Teilzeitführung als Option

Als Massnahme wird vom Regierungsrat «Topsharing» genannt, welches aber bisher ernüchternde Ergebnisse erzielt habe. Heidi Rebsamen hält von den Versuchen mit dieser Massnahme nicht viel: «Meiner Meinung nach funktioniert Topsharing nicht.» Vor allem, dass man dabei Verantwortung für Dinge übernehmen müsse, die man selbst nicht entschieden hat und eventuell anders entschieden hätte, sei eine grosse Schwierigkeit.

Rebsamen würde andere Massnahmen vorschlagen: «Man könnte die Teilzeitführung insbesondere noch stärker für Männer fördern. Dafür müsste aber auch die Führungskultur thematisiert werden. Denn Teilzeitführung bedingt ein grosses Vertrauen in die Mitarbeitenden.»

In der Kantonalen Verwaltung seien die Anstellungsbedingungen sehr familienfreundlich, heisst es in der Antwort. «Bei Stellenausschreibungen sprechen wir grundsätzlich beide Geschlechter an. Erfüllen sowohl weibliche wie männliche Personen das Anforderungsprofil, bevorzugen wir Frauen.» Geschlechteranteile liessen sich aber nur dort beeinflussen, wo auf dem internen und externen Arbeitsmarkt genügend hochqualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten vorhanden seien, lässt die Diensstelle Personal des Kanton Luzern verlauten.

Ausserdem, heisst es in der Antwort des Regierungsrats, liessen sich «bestehende Geschlechterrollen relativ schwer verändern».

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon