Schwyz erhöht Steuern für Reiche

Zugs Linke jubelt, lässt sich aber Zeit

Muss Zug nach dem Entscheid in Schwyz nun auch die Steuern erhöhen? «Ja», findet die Linke. (Bild: mag)

Nachdem die Schwyzer Bevölkerung am Wochenende einer Steuererhöhung für Gutgestellte zugestimmt hat, fühlt sich die Zuger Linke in ihrer Kritik an der Sparpolitik bestätigt. Man überlegt sich zwar eine Initiative. Viel ist vor den Wahlen aber nicht mehr zu erwarten.

Es ist eine kleine Revolution, gewisse Boulevardmedien schreiben gar vom «Aufstand gegen die Reichen» und «Klassenkampf»: Am Wochende hat die Bevölkerung des Kantons Schwyz, der wie Zug seit Jahrzehnten eine Tiefsteuerpolitik fährt, einer Steuergesetzrevision zugestimmt. Natürliche Personen mit einem Einkommen über 230’000 Franken müssen mehr Steuern zahlen. Der Kanton Schwyz verspricht sich Mehreinnahmen von rund 66 Millionen Franken. Ein Beitrags ans Defizit von rund 200 Millionen Franken, das der Schwyzer Finanzdirektor für 2014 prognostiziert.

SP Zug überrascht

Die Zuger Linke freut sich über den Entscheid aus Schwyz. «Wir waren überrascht über den hohen Ja-Stimmenanteil», sagt Barbara Gysel, Präsidentin der SP Zug. Die SP fühlt sich bestätigt in ihrer Kritik. «Beim angekündigten Sparprogramm der Regierung haben wir gefordert, Steuererhöhungen umfassend zu prüfen», sagt Gysel. Man erwäge eventuell in den nächsten Tagen einen Vorstoss. Ob vor den Wahlen noch etwas passiert, ist noch offen. Ein solcher Vorstoss müsse mehr als «Symbolcharakter» haben, meint Barbara Gysel. «Wir überlegen uns momentan, was am Gescheitesten wäre», fügt sie hinzu. «Mehr Steuern bei Gutverdienenden zu erheben, ist aber ein wichtiges Element.»

SVP: «Sparen müssen wir!»

Manuel Brandenberg, SVP-Fraktionschef im Kantonsrat, will die Schwyzer weder loben noch kritisieren für ihren souveränen Entscheid, das stehe ihm als Zuger nicht an. «Die Vermögenssteuer schenkt aber nicht so ein», sagt er. «Eine Steuererhöhung kommt bei uns gar nicht in Frage», sagt der Kantonsrat zu zentral+. Im Kanton Zug müsse man stattdessen sparen, es gebe genügend Möglichkeiten. Aber auch eine Gebührenerhöhung komme für die Volkspartei nicht in Frage. Brandenberg gibt ausserdem zu bedenken, dass das Zuger Volk den Steuersenkungen der letzten Jahre immer zugestimmt habe. «Für einen Liberalen wie mich ist es ein Segen, wenn der Staat zu wenig Geld hat. Dann wird er kleiner, und die Freiheit des einzelnen wird grösser», so Brandenberg.

Gysel findet die Entscheidung komplex: «Wenn wir etwas Grosses und Öffentlichkeitswirksames machen, ist die Niederlage zuweilen umso grösser, weil wir Linken eine politische Minderheit im bürgerlichen Kanton Zug sind. Das blockiert dadurch manchmal andere Prozesse, indem sich Bürgerliche darauf beziehen können». Linke Vertreter setzten sich daher auch im Hintergrund etwa in den parlamentarischen Kommissionen ein. «Es ist schwierig, im Kanton Zug über den Souverän Mehrheiten zu gewinnen», sagt Gysel. Die Abstimmungsergebnisse bei früheren abgelehnten Steuergesetzrevisionen bestätigten das.

Kommt Volksinitiative?

«Ich erwarte jetzt von den bürgerlichen Parteien ein klares Bekenntnis zum Stopp der Steuersenkungsideologie», sagt Stefan Gisler, Kantonsrat Alternative-die Grünen Zug. «Wenn sie aber mit Sparpaketen, also mit schlechterem Service public sowie höheren Gebühren für die Bevölkerung, die Steuerprivilegien für Reiche und privilegierte Firmen weiter ausbauen, werden wir wohl mit einer Volksinitiative reagieren müssen», fügt er hinzu. Gisler: «Unsere Initiative würde sich entweder gegen das Sparpaket oder gegen weitere Steuersenkungen richten. Notfalls wären wir sogar für gezielte Steuererhöhungen, die nicht die breite Bevölkerung betreffen.» Das werde die Partei aber erst im November nach der Budgetdebatte entscheiden.

Die SP, so Präsidentin Barbara Gysel, würde gerne gemeinsam mit der Alternative-die Grünen eine Initiative ausarbeiten. «Da wir die Sparvorschläge der Regierung aber noch nicht kennen, ist es schwierig, jetzt schon daran zu tüfteln, was wir fordern könnten.»

Der Grund für die Zurückhaltung der Linken: Im Kantonsrat unterliegen die zwei Parteien regelmässig mit Vorstössen. Im November 2013 hatte die Alternative-die Grünen die Aufhebung der Steuerprivilegien für Holdings und Briefkastenfirmen gefordert. Der Vorstoss wurde erst gar nicht überwiesen im Kantonsrat.

Bürgerliche Front beginnt zu wanken

Doch langsam beginnt offenbar auch bürgerlichen Politikern zu dämmern, dass tiefe Steuern fatale Folgen haben. Stefan Gisler: «Bei gewissen Bürgerlichen setzt ein Umdenken ein.» Gisler erinnert an die Aussage von CVP-Kantonsrat Gregor Kupper im Kantonsrat im Juli. Als die Fraktionen über den kantonalen Finanzausgleich diskutierten, kam Kupper auf das strukturelle Defizit der Stadt Zug zu sprechen und brachte den Vorschlag, man solle im Kantonshauptort die Steuern erhöhen, um der finanziellen Schieflage zu entkommen. Kupper, damals: «Es zeigt sich heute, dass die auf Januar 2010 beschlossene Steuersenkung in der Stadt Zug um drei Prozentpunkte ein Fehler war.» Er brach damit ein Tabu, die Schelte der bürgerlichen Kollegen nahm er aber in Kauf. Kupper war für eine Stellungnahme zum Schwyzer Entscheid heute wegen Ferienabwesenheit nicht erreichbar.

Avenir Suisse empfiehlt Steuererhöhung

Kritik an der Zuger Tiefsteuerpolitik kommt aber auch von aussen, sagt Andreas Hürlimann, Kantonsrat Alternative-Die Grünen. Die wirtschaftsliberale Denkfabrik Avenir Suisse hat kürzlich festgestellt, dass es sich für Zug lohnen würde, die Steuern zu erhöhen, um weniger an den Nationalen Finanzausgleich (NFA) zahlen zu müssen. «Rein mathematisch ist nicht die NFA-Solidarhaftung Schuld an höheren NFA-Beiträgen Zugs, sondern die gestiegenen Finanzstärke wegen der Tiefsteuerstrategie», erklärt Hürlimann.

Als problematisch erweise sich, dass die Beiträge nicht aufgrund effektiver Steuereinnahmen berechnet würden, sondern auf Basis des theoretischen Ressourcenpotenzials. «Das schöpfen wir im schweizweiten Vergleich unterdurchschnittlich ab», sagt Hürlimann, «die Steuereinnahmen bilden nicht jenen Reichtum ab, der in Unternehmen und bei Privatpersonen vorhanden ist. Darum muss es auch in Zug erlaubt sein, neben Sparen auch moderate Steuererhöhunge in Betracht zu ziehen.»

Peter Hegglin: «Keine Steuern auf Vorrat erheben»

Von all dem lässt sich der Zuger Finanzvorstand nicht beirren. «Tiefsteuerstrategien sind nicht gescheitert», sagte Peter Hegglin, Zuger Finanzdirektor und Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren (FDK), am Montag auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA zu den Beschlüssen vom Wochenende. Der Steuerwettbewerb habe sich grundsätzlich bewährt und halte die Institutionen fit, so Hegglin weiter. «Die Kantone sind verpflichtet, ihren Haushalt im Lot zu halten, sollten aber auch nicht Steuern auf Vorrat erheben.» Dass gewisse Kantone möglicherweise zu tiefe Steuern erhöben und dies korrigierten, gehöre zur Beurteilung der politischen Situation. «Es ist Sache der Kantone, die richtigen Schlüsse zu ziehen», betonte der FDK-Präsident.

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