Wer ist dieses «Theater Aeternam» eigentlich?

Eine schillernde Ausnahme im hiesigen Theaterschaffen

Iva Vaszary in der akutellen Produktion «Einige Nachrichten an das All». (Alle Bilder: jav)

Eine Luzerner Theatertruppe machte es immer schon irgendwie anders. Dieses Jahr setzen sie jedoch einen obendrauf – nicht nur mit dem neusten Stück, sondern auch mit der Professionalisierung. Doch die Entwicklung birgt auch ein Risiko.

Viel Glitzer und Unterhaltung, ein Kinderwunsch, Kleist, freie Nippel und Tränen – das neue Stück «Einige Nachrichten an das All» vom vielgefeierten Wolfram Lotz, welches sich das Theater Aeternam dieses Jahr ausgesucht hat, ist berührend und absurd komisch. Die letzten Proben im grossen Saal im Südpol laufen, die Aufregung wächst.

Vom Amateur- zum Profi-Theater

Die Theatergruppe Aeternam aus Luzern liess sich schon immer schwerlich in eine Schublade stecken. Die Gruppe bestand am Anfang zum grossen Teil aus Amateuren. Doch die Mitglieder haben sich berufsbegleitend in Schauspiel und anderen Bereichen der Theaterarbeit aus- und weitergebildet. Dabei ist das stets flexible Ensemble über die Jahre immer professioneller geworden.

Die Gruppe besteht mittlerweile aus Schauspielerinnen und Schauspielern, die einen Teil ihres Lebensunterhalts mit Theaterarbeiten bestreiten – auch in der Regie oder als Theaterautor. Sie gehen aber weiterhin auch einer anderen Erwerbsarbeit nach. Der Kern besteht aus Franziska Bachmann, Marco Sieber und Christoph Fellmann. Sie sind Vorstand, Produzenten und Spieler in einem. Und dieses Jahr wagt man sich nochmals weiter hinaus: Der harte Kern der Truppe wird durch vier professionelle Schauspieler – die beiden Luzerner Patric Gehrig und Nicole Lechmann und die «Auswärtigen» Mathias Ott und Wolfram Schneider-Lastin – ergänzt. Komplett ist die Truppe mit dem jungen Talent Iva Vaszary.

Eine Konstante ohne Zuhause

Das Theater Aeternam ist zu einer Konstante in der Luzerner Theaterszene geworden. Seit der Gründung 1994 hat es in jedem Jahr eine Produktion auf die Bühne gebracht.

Gespielt wird jedes Jahr an einem anderen Ort. Einen fixen Raum oder ein fixes Haus kennt Aeternam nicht. Letztes Jahr spielten sie im Fussballstadion des FC Kickers im Tribschenquartier, 2014 im Saal der Maskenliebhaber Luzern, 2013 im Alpineum und 2012 in einem privaten Garten.

<p>Das Christkind entpuppt sich als Mogelpackung. Und doch entlässt das Theater Aeternam die Zuschauer mit einem flüchtigen Glücksgefühl. (Bilder: jav)</p>

Eine Ausnahme in der Zentralschweiz

Ursula Hildebrand führt bereits das fünfte Mal Regie bei Aeternam. Beim 20-jährigen Jubiläum 2014 und der Produktion «Hier und Jetzt» von Roland Schimmelpfennig das letzte Mal. Es sei nicht das Ziel, dass man ihren Namen und Aeternam automatisch verbinde. «Aber das wird sich wieder verändern. Doch im Moment besteht ein gegenseitiges Interesse und eine schöne Verbindung», so Hildebrand. Mit Spielern über mehrere Produktionen arbeiten zu können, die Entwicklungen mitzuerleben, sei grossartig. «Und gleichzeitig sind auch immer wieder neue Gesichter mit dabei, die frische Inputs bringen. Ich arbeite unglaublich gerne mit ihnen.»

Zur Produktion

Die Premiere im Südpol findet am 23. September statt, die Derniere am 2. Oktober. Am 30. September gibt es eine Late Night Show.

Die Vernissage zur begleitenden Ausstellung «Von Mutanten, Sexsalat und Fickern, die die Welt regieren.» von Achim Schroeteler findet am 23. September um 19 Uhr statt.

Aeternam pflegt eine professionelle künstlerische Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Stoffen, der Name garantiert für eine intensive und ernsthafte Theaterarbeit. Diese Ausrichtung und die Kontinuität der Truppe haben es Hildebrand angetan: «Wo in der Region gibt es eine weitere Truppe, die modernste deutsche Dramatik auf die Bühne bringt. Schimmelpfennigs oder Lotzs Texte sind eine grosse Herausforderung, bieten aber auch so viele Möglichkeiten dem, der sich traut.»

 

Kampf für die Leidenschaft

Es ist ein Leidenschaftsprojekt für alle Beteiligten und ein enormer Aufwand für die dauernden Mitglieder. Denn finanziell hat das Theater Aeternam immer wieder zu kämpfen. Lange fiel es, was Fördergelder angeht, zwischen Stuhl und Bank.

Gerade in dieser Saison muss für das Engagement von vier professionellen Schauspielern ein grösserer Batzen einberechnet werden. Somit trägt die Gruppe auch ein grösseres finanzielles Risiko. Der feste Kern der Truppe muss jedes Jahr das Ende der Produktion abwarten, um zu sehen, ob sie sich den geplanten Lohn auch wirklich auszahlen können. Und auch bei den weiteren Chargen werden Abstriche gemacht – aus Sympathie mit der Truppe und «weil es jedesmal eine spannende und befruchtende Arbeit ist», so Hildebrand.

Doch die Truppe jongliert schon seit Jahren mit den Finanzen. Auf eine teurere Produktion folgt wieder eine mit einem kleineren Ensemble und weniger Lohnkosten.

Nun lässt sich für diese ambitionierte Produktion nur noch «Toi, toi, toi» wünschen. Oder «Toi Toi» wie es sich bei Aeternam neuerdings verhält (siehe Bild unten).

Wolfram Lotz – «Einige Nachrichten an das All»

Wie in einer Explosionszeichnung arrangiert der 34-jährige deutsche Autor Wolfram Lotz in «Einige Nachrichten an das All» ein Welttheater für eine unlesbar gewordene Welt. Was bleibt vom Menschen, wenn er seine Existenz als Kurzmitteilung ins All schicken soll? Dieser Theaterabend liefert, während zwei behinderte Männer gemeinsam kein Kind bekommen, die nötigen Antworten aus der Sicht eines Botanikers, einer dicken Frau oder auch eines Vertreters aus dem deutschen Theaterkanon. Dabei spielt die Sportaerobic eine Rolle, aber auch der Sozialstaat, der Trinkbecher eines Fastfood-Restaurants und natürlich die Idiotie.

Das Theater Aeternam spielt diesen trashigen und philosophischen, diesen urkomischen und todtraurigen Text in 3D. Und was machen eigentlich Maria und Josef darin?

<p>Wo bleibt nun der Sinn des Lebens?</p>

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