Zola Jesus und Steven Wilson am Blue Balls

Trübselige Untergangsstimmung in Luzern

Klagend, verletzlich und doch kraftvoll und energisch: Zola Jesus am diesjährigen Blue Balls Festival.

(Bild: Marc Wermelinger)

Montage sind nicht unbedingt bekannt dafür, die Lieblingstage werktätiger Menschen zu sein. Wie passend, dass Zola Jesus und Steven Wilson am vierten Tag des Blue Balls den Luzerner Saal in einen Strudel der Melancholie rissen. Man lerne: Ohne Schuhwerk kämpft es sich besser an gegen die Schwermut.

Um hier nicht irgendwelche klischeebehafteten Aussagen zu machen, wird an dieser Stelle auf den Zombie-Vergleich verzichtet. Es war aber schon ein sehr eigentümliches Tapsen, mit dem Zola Jesus am Montagabend auf die Bühne schritt. Barfuss und in ein rotes Etwas gehüllt, das Gesicht von ihren dunklen Haaren verdeckt, stand sie in der Mitte der Bühne. Die beiden anderen Bandmitglieder starteten ihre Synthesizer und Zola Jesus erwachte schlagartig aus ihrer Trance. In den Teilen ohne Gesang wirbelte sie wild auf der Bühne umher. Zwischen den Songs stampfte sie zielstrebig zum Mischpult, um Monitoren-Anweisungen zu machen. Zola Jesus hüllte einen bereits ziemlich dunklen Saal noch stärker in Dunkelheit. Langgezogene Töne, klagend, verletzlich und doch kraftvoll und energisch.

Zola Jesus am Blue Balls Festival in Luzern.

Zola Jesus am Blue Balls Festival in Luzern.

(Bild: Marc Wermelinger)

Tauchgang in der Menge

Abgesehen von einigen «Thank You» und dem akzentbehafteten «Danke» interagierte Zola Jesus verbal nicht mit dem Publikum. Stattdessen lief sie einmal quer durch den Luzerner Saal und ging auf Tuchfühlung mit dem Publikum. Mit ihren 1,53 Metern Körpergrösse ging sie völlig in der Menge unter. Man hörte sie aber immer noch singen, was irgendwie beruhigend war. Sie schaffte es wohlbehalten zurück auf die Bühne, von welcher sie und die Band nach vollendetem Set sang- und klanglos verschwanden.

Ein vorwitziger Brite

Schuhe waren bei Steven Wilson ebenfalls kein Thema. Auch die langen Haare waren vertreten. Nicht nur äusserlich blieben Steven Wilson und Band der bisherigen Stimmung treu. Auch musikalisch war es weiterhin düster. «Miserable Music», wie er es selber betitelte, war aber nur ein kleiner Aspekt des Konzerterlebnisses. Alle Musik-Nerds im Saal kamen vollends auf ihre Kosten. Eine wilde Reise durch Genres, Tempi und Rhythmen. Man musste aber nicht unbedingt ein Musikfachmann sein, um die Musik von Steven Wilson zu mögen. Trotz ausgefeilter Arrangements und verschiedenster Stilmittel blieben die Lieder zugänglich und eingängig. Sogar Mitklatschen war hin und wieder möglich.

Steven Wilson am Blue Balls Festival in Luzern.

Steven Wilson am Blue Balls Festival in Luzern.

(Bild: Marc Wermelinger)

Es machte Steven Wilson sichtlich Spass, mit seinen Besuchern zu plaudern. Und so trübselig seine Texte und Musik auch sein mögen, als Person ist er ein fröhlicher, vorwitziger Brite. Man merkte ihm seine Erfahrung an. Barfuss auf der Bühne hin und her wandernd, wechselte er während der Stücke die Gitarre. Dieser Mann war ständig Herr der Lage.

Auch wenn der Luzerner Saal nicht so ganz voll werden wollte, der Applaus war so gewaltig, als hätten doppelt so viele Leute das Konzert gesehen.

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