Bruno Heini, Patissier und Thriller-Autor

Der Luzerner Konditor und seine mörderische Ader

Bruno Heini darf sich neuerdings neben Jazzmusiker und Gastronomie-Unternehmer auch Thriller-Autor nennen. (Bild: jav)

(Bild: jav)

Hinter der Luzerner Traditionskonditorei Heini verbergen sich unheimliche Abgründe. Verantwortlich dafür ist Bruno Heini. Der Zuckerbäcker hat eine Seite an sich entdeckt, die selbst seine Verwandten nicht mehr schlafen lässt.

Die Konditorei Heini ist ein bekanntes Luzerner Traditionsunternehmen. Jetzt ist der Co-Geschäftsführer unter die Autoren gegangen. Nach einem Marketingbuch hat Bruno Heini seinen ersten Thriller, «Teufelssaat», veröffentlicht.

Heini lebt mit seiner Frau und drei schwer erziehbaren Katzen in Luzern, wo der Gastronomie-Unternehmer auch seine Ausbildung als Jazzmusiker absolvierte. Einseitigkeit kann man ihm also bestimmt nicht vorwerfen. Aber wie kommt er auf diese Ideen?

zentralplus: Wie kommt ein Konditorei-Unternehmer auf die Idee, einen Thriller zu schreiben?

Bruno Heini: Ich wäre niemals selbst auf die Idee gekommen. Aber meine Frau meinte nach einem Filmabend: «So, jetzt ist Schluss, machs besser.» Ich bin ein unverbesserlicher Kritiker von Krimis und Thrillern, merke jeden Fehler an, ärgere mich über Storys, die nicht plausibel sind. Also schenkte sie mir einen Laptop. Und ich habe tatsächlich ein Buch geschrieben – jedoch über Marketing. Der Ratgeber ist 2010 herausgekommen. (Er lacht) Meine Frau meinte dann, ich hätte das zwar ganz toll gemacht, aber das sei nicht der Auftrag gewesen.

«Kasperli hat suspense.»

zentralplus: Und dann haben Sie sich gleich wieder rangesetzt?

Heini: Nicht sofort, ich musste natürlich erstmal ausführlich recherchieren. Ich hatte vorher nie viele Krimis und Thriller gelesen. Aber dann habe ich mich so richtig reingehängt. Leider wird in der Nähe nirgends ein Kurs angeboten: Ich und mein Krimi. So konzentrierte ich mich auf Interviews mit Krimi-Schriftstellern, las Selbsthilfe-Bücher für Möchtegern-Schriftsteller und tonnenweise Krimis. Ich versuchte dabei zu entschlüsseln, weshalb eine Szene auf mich wirkt, was funktioniert, wie der Aufbau ausschaut, was die Tricks sind. Mittlerweile könnte ich wahrscheinlich einen Kurs leiten.

zentralplus: Dann geben Sie uns doch mal ein paar Tipps.

Heini: Das Wichtigste ist der Spannungsaufbau. Hier hat Hitchcock eine grosse Veränderung gebracht. Vor ihm war es meist so, dass Leser und Protagonisten gleich viel wussten. Hitchcock jedoch systematisierte «supspense» – das funktioniert durch die unwissende Figur. Als Leser wissen wir bereits mehr als die Figur, was für uns immer schon im Voraus mehr Stress bedeutet.

Verlosung

Wir verlosen 5 Exemplare des Thrillers «Teufelssaat» von Bruno Heini. Schreiben Sie uns eine E-Mail mit dem Betreff «Teufelssaat» und Ihren Kontaktdaten bis am Montag, 11. Juli 2016, 12 Uhr, an [email protected].

Die Gewinner werden ausgelost und per E-Mail informiert. Teilnahmeberechtigt sind alle Community-Mitglieder von zentral+. Mit Ihrer Teilnahme erklären Sie sich einverstanden mit unseren AGB.

zentralplus: Wie beim Kasperli? Wenn die Kinder schreien, weil sie wissen, dass der Räuber mit dem Knüppel hinter dem Vorhang versteckt wartet?

Heini: Exakt so. Kasperli hat suspense. Zudem gibt es ja zwei Varianten, wie ein Krimi aufgebaut ist. Es gibt: «how to catch him» und «who done it». Also entweder: Wie erwischt der Kommissar den Mörder, welcher von Beginn an bekannt ist. Oder die Frage: Wer ist der Täter. So läuft das beim Krimi. Aber ich hab ja einen Thriller geschrieben. Da ist es nochmals was anderes. Beim Krimi geht es um die Suche nach dem Bösen, die Ermittler gehen auf das Böse zu. Beim Thriller hingegen bewegt sich das Böse auf die Hauptperson zu. Der Ermittler selbst ist an Leib und Leben bedroht.

zentralplus: Wie sieht es sprachlich aus – haben Sie uns da auch Tipps?

Heini: Mir fiel beispielsweise auf, dass die Sätze immer kürzer werden, wenn die Spannung steigen soll. Kurze Sätze implizieren Hektik und Stress. Und wichtig: schöne Eigenschaftswörter, wie wir sie in der Schule ständig benutzen sollten, sind tabu. Man sagt: Wenn du ein Adverb oder Adjektiv findest, dann erschiesse es. Die Alternative sind treffende Verben. Also anstatt «schnell rennen» benutzt man «fliegen» oder «eilen». So liest sich ein Text gleich viel dynamischer. Ob mir das richtig gelingt, das weiss ich nicht, aber es macht Spass.

zentralplus: Haben Sie sich schon immer damit auseinandergesetzt und viel geschrieben?

Heini: Nein, gar nicht. Kein Tagebuch, nichts. Aber was mir sicher hilft, ist meine Erfahrung in der Kommunikation. Als Geschäftsführer mit über 180 Angestellten und durch meine Erfahrung mit dem Marketingratgeber setze ich mich oft damit auseinander, wie man etwas so formuliert, dass es beim Empfänger richtig ankommt. Man muss sich in den Leser reinversetzen. Das gelingt mir wohl ganz gut. Schon in der Kanti hab ich vielen Mitschülern Nachhilfe gegeben. Drei davon sind Schönheitschirurgen geworden. (Er lacht) Aber die Erfahrung, dass man Menschen Dinge gut erklären und näherbringen kann, gibt sicher Selbstbewusstsein. Und dann geht es darum, einfach mal anzufangen – einfach mal zu machen.

«Am Schluss war es dann einfach nur noch Knochenarbeit.»

zentralplus: Und das ging dann auch ganz einfach mit dem Thrillerschreiben?

Heini: Zu Beginn ja. Aber am Schluss war es dann einfach nur noch Knochenarbeit. Zwei Jahre sass ich insgesamt an diesem Buch – immer in den Ferien, an Wochenenden und abends. Oft hab ich mich auch über den Mittag rangesetzt. Aber das Wichtigste war die Denkarbeit.

zentralplus: Hatten Sie einen klaren Plan? Wussten Sie von Anfang an, wohin sich die Geschichte entwickelt?

Heini: Nein, überhaupt nicht. Ich war so frech, fing nach Lust und Laune an draufloszuschreiben und dachte, das passt dann schon alles. Deswegen war ich dann auch oft im Seich. Plötzlich kommt jemand vor, der ein paar Kapitel zuvor bereits gestorben ist. Dann ärgerst du dich erstmal und musst alles ändern und umschreiben. Ich habe sicher viel daraus gelernt. Jetzt liegen schon zwei weitere Ideen in der Schublade, und dort ist der Plot bereits sehr klar ausgearbeitet.

zentralplus: Wie geht es eigentlich mit der Konditorei Heini weiter? Haben Sie Pläne für die Zukunft?

Heini: Wir sind hoffnungsvoll, dass die beiden Söhne meines Bruders das Unternehmen übernehmen werden. So wären es wieder zwei Brüder. Ich bin sehr gespannt, mit welchen Worten wir dann verabschiedet werden. Die Pensionierung steht zwar noch nicht gleich an, aber trotzdem muss man planen. Du kannst nicht von 100 Prozent auf null gehen. Du musst dich erst fragen: Woraus bestehe ich sonst noch? Was kann und will ich? Zum Beispiel Süssigkeiten essen. Ich habe gerade letztens wieder eine Kerze angezündet für den Erfinder des Stretchhemdes. (Er lacht und drückt den Bauch raus)

«Wie happig darf es überhaupt werden?»

zentralplus: Wer durfte Ihren Thriller eigentlich als Erster gegenlesen?

Heini: Das waren mein Schwager und eine gute Freundin. Ich wusste, die beiden würden mir sofort sagen, ich solle besser bei der Patisserie bleiben, wenn es nichts ist. So war es zum Glück nicht, aber beide hatten viele Fragen und Anmerkungen. Ich habe das Skript dann auch noch zwei Verwandten zu lesen gegeben. von diesen erhielt ich aber lange keine Rückmeldungen. Ich machte mir bereits Sorgen, als die beiden mir gestanden, dass sie nicht weiterlesen wollten, weil sie anschliessend nicht mehr einschlafen konnten. Da war ich sehr beruhigt. Und zufrieden. (Er lacht) Ich habe mir danach aber natürlich auch Gedanken gemacht – wie happig darf es überhaupt werden?

zentralplus: Haben Sie ein Vorbild?

Heini: Es gibt Schriftsteller, die ich super finde. Thomas Harris zum Beispiel, der «Das Schweigen der Lämmer» geschrieben hat, den finde ich hervorragend. Leider hat er dann zum Schluss noch Hannibal gemacht – eine Katastrophe. Und ich mag den Stil von Michael Connelly sehr gerne. Seine Thriller finden zudem immer in L.A. statt, und diese Stadt liebe ich. Ich bin mehrmals im Jahr dort. Aber Vorbilder würde ich diese Autoren nicht nennen. Das hab ich auch als Jazzmusiker nicht. Man muss seinen eigenen Weg finden, jemand anderem nachzueifern, macht keinen Sinn.

zentralplus: Wie kamen Sie zu einem Verlag?

Heini: Ich habe an einem Wochenende einige rausgesucht und mein Skript geschickt – es waren vielleicht 20 Verlage. In den folgenden Wochen habe ich einige Absagen erhalten, auch eine vom Gmeiner Verlag. Einen Tag später meldeten sie sich jedoch nochmals. Ich sei auf dem falschen Stapel gelandet. Sie hätten mir eine Zusage geben wollen. Das war toll. Ich habe nacher erst erfahren, dass über 2000 Skripts bei einem Verlag eingehen, bis wieder ein Buch realisiert wird. Das heisst ja eigentlich, man muss gar nicht erst anfangen.

zentralplus: Hätten Sie sich überhaupt drangesetzt, wenn Sie das gewusst hätten?

Heini: Nun, das war nicht meine Entscheidung. Ich hatte ja den Auftrag. (Er lacht)

zentralplus: Wenn man solche böse und brutale Figuren und Geschichten erfindet – zapft man da eigentlich die eigenen persönlichen Abgründe an?

Heini: Das hab ich mir auch schon überlegt. Man sagt ja auch, dass Killergames mit der Zeit abfärben.

zentralplus: Und da gibt es noch einen grossen Unterschied. Killergames spielt man. Sie aber ziehen die ganzen Bösartigkeiten aus der eigenen Fantasie.

Heini: Jetzt wollte ich schon ausweichen. (Er lacht) Ich weiss wirklich nicht, woher das kommt. Ich selbst hatte in meinem Leben noch nicht einmal eine Schlägerei, nicht mal mit meinem Bruder.  Aber ich habe eine Art Ausrede gefunden: Ich beziehe mich auf die Urmenschen in ihren Höhlen, mit den grossen Gefahren im Alltag. In unserer Welt ist alles versichert, sauber behütet, wir leben ohne die Angst, dass uns wirklich etwas passieren könnte. Deshalb suchen wir nach Gefahren – sei das in Extremsport, in Filmen oder Games. Man will den Umgang und das Spiel mit der Gefahr, den Nervenkitzel. So suchen wir nach Tricks und Mechanismen, um die Menschen aufzuregen – denn das wollen sie.

«Teufelssaat»

Julia, das erfolgreiche Fotomodell, ist spurlos verschwunden. Auf der Suche nach ihrer Jugendfreundin gerät Palmer, eine Warenhausdetektivin, selber ins Visier der Polizei. Trotzdem enttarnt sie den Entführer und befreit Julia. Doch damit fängt die Hölle für die junge Frau gerade erst an. Unerbittlich und ohne Rücksicht auf sich selbst kämpft sie gegen unmenschlichen Hass. In einer mörderischen Hetzjagd bringt sie nicht nur sich, sondern auch andere in tödliche Gefahr.

Ein Auszug

»Gleich bin ich so weit«, hörte sie ihn sagen. Sie riss den Kopf herum, um in der Dunkelheit in jene Richtung zu blicken, aus welcher sie seine Stimme vernahm. Hastig setzte sie sich auf und strampelte sich auf der Matratze zurück. Mit dem Rücken gegen die Wand kauernd hielt sie die bis zum Kinn gezogene Wolldecke so fest umklammert, dass sich ihre Fingergelenke bereits nach wenigen Sekunden taub anfühlten. Er schnippte mit dem Daumen an einem Feuerzeug. Beim vierten Versuch flackerte eine kleine Flamme auf, die sofort kräftiger wurde, als sie Nahrung fand am öligen Docht der Petroleumlampe. Nun griff er in seine Hosentasche, dann ächzte die Glühbirne, als er sie in die Fassung drehte.

 

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon