Die Luzerner Kulturszene fragt nach Inhalten

Salle Modulable: mutige Visionen oder utopische Träume?

Gisela Widmer, Noemie Wyrsch, Ruedi Frischknecht, Patrick Müller, Christoph Fellmann und Benedikt von Peter am Neubad Talk. (v. links) (Bild: jav)

Um Innovationen, Visionen und Träume – darum ging es am Dienstagabend am Neubad-Talk zum Thema Salle Modulable Luzern. Einmal nicht um die Finanzen, nicht um das Inseli drehten sich die Gespräche. Und das Ganze verlief erstaunlich entspannt.

Endlich werden die Pläne der «Neuen Theater Infrastruktur» (NTI) in Form der Salle Modulable konkret. Aber nach wie vor bleibt vieles unklar. Was soll in diesem Haus genau passieren, gezeigt werden und damit das Luzerner Kulturleben bereichern? Wie wird die Freie Szene involviert, wie die vielfältige Kulturszene beteiligt sein? Das waren die Fragen, die im Neubad-Talk am Dienstagabend aufgeworfen wurden.

Ein neuer Kulturkompromiss?

Die Kulturszene fühlte sich davon offensichtlich angesprochen. Und wie. Am Dienstagabend ist der Neubad-Pool voll mit Kulturschaffenden und Kulturinteressierten. Es muss so viel geküsst und gegrüsst werden, dass der Talk erst verspätet beginnen kann.

Die Runde

An diesem Dienstagabend diskutierten:

Benedikt von Peter, Intendant Luzerner Theater (ab Spielzeit 2016/17)
Christoph Fellmann, Kulturjournalist
Patrick Müller, Künstlerischer Leiter Südpol
Ruedi Frischknecht, Projektleiter Stadtentwicklung Stadt Luzern
Noemi Wyrsch, Theaterschaffende
Moderation: Gisela Widmer

Thema sind an diesem Abend vor allem die Visionen. «Schöne Träume», die sich toll anhören, so nennt es die Theaterschaffende Noemi Wyrsch, die vor allem zu Beginn den kritischen Part der Runde übernimmt. Ein Part, der sonst an diesem Abend fast gänzlich fehlt.

Dazu kommt Kulturjournalist Christoph Fellmann, welcher bewusst nicht als Theaterautor in der Runde sitze. Er übernehme, in den Worten von Moderatorin Gisela Widmer (auch sie Theaterautorin), die Rolle des professionellen Theaterbesuchers. Er betont an diesem Abend mehrmals das Fehlen von niederschwelligen Räumen – frei von einer Intendanz – und thematisiert einen neuen Kulturkompromiss, der wieder angedacht werden müsse.

Über Geld ist an diesem Abend nur kurz gesprochen. Und zwar für einmal nicht der geschenkte Gaul, dem man ins Maul schauen will, sondern das Geld, welches die Politik dazu bringe, wach zu werden – in Bezug auf Theater. Weil es halt geschenkt ist. Und das sei eine Chance fürs Theater, so der künftige Intendant der Luzerner Theaters, Benedikt von Peter.

Zusammen, nicht gegeneinander

Luzern sei eine Kulturstadt, betont der Stadtentwickler Ruedi Frischknecht – und das will an diesem Abend niemand bestreiten. Die internationale Ausstrahlung ist in der Talk-Runde aber erst im zweiten Schritt Thema. Denn die Tendenz gehe heute sowieso in Richtung des Regionalen. Das lokale Schaffen, die Künstler von hier und die Zusammenarbeit lokaler Player müsse im Vordergrund stehen. Das sei heute wichtiger als in den vergangenen Jahrzehnten, meint Intendant von Peter. Aus der Region, für die Region, ergänzt Gisela Widmer und erntet die Lacher.

Die Region habe so viel Kulturschaffende, so viel Musik, Tanz und Theater – auch besonders im semiprofessionellen und Laienbereich – und einen guten Austausch, so von Peter. Man kenne sich und das sei eine gute Voraussetzung, um die Gräben zwischen den Szenen in Luzern zu überwinden. Der künstlerische Leiter des Südpols, Patrick Müller, betont dabei auch, dass er sich im «Theater Werk Luzern» (TWL) absolut nicht als «Minderheitenschutzmensch» sehe. Es gehe darum, Schnittmengen zwischen allen Playern zu finden und auf diese aufzubauen. Nicht darum, sich gegenseitig auszuschliessen. Es gehe im Prozess des TWL um ein gegeseitiges Kennenlernen und Befruchten, so Müller.

Wie soll das funktionieren?

Wie ein solches Haus denn geführt werden müsste, ist eine Frage, die ebenfalls im Raum steht. Benedikt von Peter spricht hier von einem künstlerischen Prozess. Auch von einer teilweisen Abgabe der Intendantenhoheit spricht der künftige Intendant. Es gäbe viele Häuser, an welchen solche Konzepte gut funktionieren würden. Ein Nebeneinander verschiedener Produktionen, die sich begegnen können. «Sie müssen sich nicht lieben, aber nebeneinander funktionieren», so von Peter.

Wichtig sei jedoch nicht nur der künstlerische Inhalt einer Salle Modulable, sondern das «Wie». Man müsse einen Ort schaffen, an welchem die Leute sich wohl fühlen und gerne aufhalten. Dabei seien nicht nur die Organisation, sondern auch «kleine» Dinge wie Einrichtung, Raumaufteilung oder die Gastronomie sehr wichtig.

Patrick Müller betont die gute Zusammenarbeit im TWL und betont zum Schluss: Auch wenn das Gebäude schlussendlich nicht gebaut werde, habe es doch die Lust am Dialog und der Zusammenarbeit der verschiedenen Szenen und Theaterschaffenden der Region geweckt.

Ein uninnovativer Prozess für ein innovatives Projekt?

Kritisch äusserten sich am Schluss fast nur Vertreter des Neubads, die sichtlich genervt die Tatsache anprangerten, dass man von Seiten des TWL nicht nach seiner Meinung gefragt werde. Ein so geschlossener Prozess sei weder innovativ, noch passe es zu der vielpropagierten Öffnung der Strukturen.

Von Peter stritt diesen Umstand auch nicht ab. Es sei ein äusserst heikler und komplexer Prozess beim Zusammenbringen von TWL und NTI, der derzeit stattfinde, bei welchem die fünf Vertreter der Szenen gemeinsam mit der Politik nach Lösungen suchen. Lösungen für die inhaltliche Organisation und die Finanzierung.

Müller hingegen betonte, wer sich melde, der werde gehört. Die Vertreter der Szenen seien ständig dabei, aufgeschnappte Äusserungen, Artikel, Leserbriefe und auch Fragen, die an sie persönlich herangebracht würden, weiter in den Dialog einzubringen.

 

War das noch nicht genug? – Dann hier der ganze Talk auf Video:

Neubad Talk: Was bringt die Salle Modulable der Luzerner Kulturszene? from Netzwerk Neubad on Vimeo.

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