Der Renggbach ist alles andere als ein hübsches Bächlein, das bedächtig durch die Landschaft fliesst. Kaum einer hat in den letzten Jahrhunderten in Luzern so gewütet wie er. Nun erhält der «wilde Geselle» eine besondere Würdigung.
Max Frisch hat gesagt: «Katastrophen kennt allein der Mensch, sofern er sie überlebt; Die Natur kennt keine Katastrophen.» In Luzern kennt man wenige richtige Naturkatastrophen, aber viele «Fast-Katastrophen», wie man sie in den historischen Dokumenten findet. Ein Auslöser zahlreicher solcher «Fast-Katastrophen» ist der Renggbach, ein Wildbach am Pilatus.
Harte Arbeit gegen die Wassermassen
Wenn aus dem Westen ein extremes Gewitter an der Pilatuskette hängen bleibt, fallen im etwa zwölf Quadratkilometer grossen Einzugsgebiet des Renggbachs innerhalb von wenigen Minuten unglaubliche Wassermengen an. Bricht der Renggbach aus, droht in Kriens und Luzern eine Hochwasserkatastrophe.
Dass in den vergangenen Jahren keine Überschwemmungen beim Renggbach mehr geschehen sind, ist kein Zufall, sondern harte Arbeit. Die Renggbachgenossenschaft hat in den letzten Jahrzehnten fast 20 Millionen Franken in die Zähmung des Bachs investiert. Rund 700 Bachsperren sorgen mittlerweile dafür, dass der Renggbach auch nach heftigen Gewittern in seinem Bachbett bleibt.
Doch schon vor Jahrhunderten hat die Luzerner Bevölkerung immer wieder versucht, den Bach zu zähmen. Denn immer wieder hat der Bach Häuser, Strasse und Brücken weggeschwemmt.
Auch im 17. Jahrhundert sind viele Überschwemmungen dokumentiert. «In den Jahren 1616 und 1617 wurden der Hochofen und beidemal die Hammerschmiede weggeschwemmt», heisst es in historischen Aufzeichnungen.
Die grösste Überschwemmung des Renggbaches im 18. Jahrhundert war jene von 1738. Sie wurde vom Baumeister, Gesandten und Staatsmann Franz Urs Balthasar beschrieben und findet sich in einem Aufsatz von Franz Roesli. Nach diesem Bericht soll das Wasser an der Hergiswaldbrücke «37 Schuh» hoch gestiegen sein. In der Stadt soll es dabei zu gewaltigen Verwüstungen gekommen sein. Am Graben beim alten Spital brach zuerst die halbe Brücke und sogar ein Stück der Mauer zusammen und sämtliche Strassen und Keller seien von Schutt und Schlamm bedeckt gewesen. Auch Verstrebungen der Kapellbrücke fielen dem Renggbach ein paar Jahre später zum Opfer.
Der Renggbach hatte für Kriens aber auch gute Seiten. Ohne die grosse Wasserkraft wäre eine Ansiedlung von Handwerk und Industriebetriebe seit der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht in diesem Masse möglich gewesen.
Das System der etwa 700 Bachsperren und Verbauungen muss bis heute aufwendig unterhalten werden. Seit 1887 sorgt die Renggbachgenossenschaft für den Unterhalt der Bauwerke. Der von ihr beauftragte Renggbachmeister – ein Amt, das seit Generationen innerhalb der Familie Haas vom Längacher Hof im Obernau weitergegeben wird – hat die Pflicht, die Verbauungen regelmässig zu kontrollieren.
Das Renggloch und seine Meister
Luzern versuchte dem Renggbach neben den Schutzbauten aber auch durch Sprengungen einen sicheren Lauf zu geben. Um Überschwemmungen von der Stadt fernzuhalten, entstand im 18. Jahrhundert die Idee, das Bachbett an jener Stelle tiefer zu graben, wo der Bach einen sehr engen Durchbruch passiert – die Felsenenge am Renggloch.
Dieser Rat wurde scheinbar befolgt, denn in den Aufzeichnungen heisst es: «Seither scheinen diese beklagenswerten Angriffe aufgehört zu haben, und die Sicherheit könnte noch erhöht werden, wenn jene Enge, die den Abfluss des Wassers so sehr behindert, noch um einige Fuss tiefer und breiter ausgeschlürft würde, indem man den Felsen durch Pulver und Eisen wegsprengte.»
Die Sprengungen im 18. Jahrhundert wurden weitherum wahrgenommen, sogar im Ausland. Teilweise wurde sogar geschrieben, die ganze Schlucht sei ein Werk von Menschenhand.
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