Hazel Brugger in der Loge

Ein unterhaltsames Trio

Tim Stafford, Hazel Brugger und Nicolette Kretz hatten die Lacher auf ihrer Seite.

Hat eine Veranstaltung die Wörter «Slam» und «Hazel Brugger» im Titel, so kommen die Leute in Scharen. Der Andrang im wohl kleinsten Kulturraum der Stadt Luzern war so gross, dass auch nach dem eigentlichen Veranstaltungsbeginn noch Leute vor der Türe standen und sich einen heiss begehrten Platz in der eng bestuhlten Loge ergattern wollten.

Hazel Brugger und das Publikum sind ein Team. Nicht nur, wenn Hazel von der gemeinsamen Trauer spricht («mer send alli truurig»), die laut Brugger im Publikum vorherrscht und welche sie den Anwesenden innerlich nachfühlen kann. Sondern immer dann, wenn Hazel auf der Bühne steht. Egal, ob sie einen Text vorträgt oder in einem schrecklichen Bienenpullover einfach mal so ins Blaue hinaus plappert (ihr Soloprogramm «Hazel Brugger passiert» könnte keinen passenderen Namen tragen). Sie hat das Publikum – und mit ihm die Lacher – auf ihrer Seite. An ihrer Seite, das heisst links und rechts von ihr, hat sie an diesem Abend Tim Stafford, einen der wichtigsten Spoken-Word- und Slam-Stimmen Chicagos sowie die Berner Autorin und Text-Performerin Nicolette Kretz.

Alle drei waren Teammitglieder des Chicago-Luzern-Austauschs, welcher im Rahmen des Spoken Word Festivals «woerdz» im Herbst 2014 stattgefunden hat. Dass eine fruchtbare Zusammenarbeit entstanden ist, beweist das Trio gleich zu Beginn. Die Frage «where are we from?» wird in einem regelrechten Schlagabtausch von den sich abwechselnden Performern beantwortet. Auf Reflexionen über Heimat (ist das Kafi Crème wirklich Ausdruck einer helvetischen Lebensweise?) folgen Handlungsanweisungen (in Chicago immer gut auf die Wertsachen aufpassen!) oder Stereotypen: «Chicago is where people are fat and have many opinions – Switzerland is where people are thin and have no opinion». Die Beispiele verraten es: Hier wird nicht nur, wie landesüblich, in hochstehendem Deutsch vorgetragen. Es findet ein fliessender Wechsel von Englisch und Deutsch (in weiteren Texten auch Französisch und Italienisch) statt. Das Sprachgemisch, der ständige Sprecherwechsel und das hohe Tempo lassen beim Publikum keine Langeweile aufkommen. Es herrscht konzentriertes Schweigen, um möglichst viele der Pointen zu erhaschen.

Auf den teilweise mehrstimmigen und gut einstudierten Gruppentext folgen Einzeltexte, die am Anfang noch thematisch zusammenhängen. Nach einer eher zurückhaltenden ersten Runde (Thema: Stadt) drehen die drei auf der Bühne auf und unterhalten das bunt gemischte Publikum bestens. Hier ein kleiner Abriss: Hazel ist oftmals zu faul, um präzise zu denken und schneidet sich in Hotels mit Badewannen die Fussnägel in der Wanne, ohne sie danach wegzuspülen. Tim beklagt sich über seinen vierjährigen Sohn, der manchmal nicht mehr als ein «messy roommate» ist, der keine Miete bezahlt und abends nicht ins Bett will. Und Nicolette, die das Publikum zum Mitklatschen animiert, möchte alles Mögliche und Unmögliche erreichen, besitzen, erleben – wie beispielsweise eine Österreicherin aus einem Keller holen.

Die Texte sind allesamt kurz, knackig und unterhaltend. Sprachlich vermögen sie durch ausgefallene Wortwahl (Brugger), sympathischen Dialekt (Kretz) oder die Freude am Fremden (Stafford) mehr zu überzeugen als durch die eher einfach gestrickten Sätze. Sie werden von Kretz, Stafford und Brugger routiniert (aber nicht langweilig) vorgetragen, Versprecher oder sonstige Unsicherheiten sind an diesem Abend kaum zu hören. Die drei Performer halten sich bezüglich Qualität die Waage, sodass der ständige Wechsel Freude bereitet. Zu bedauern ist einzig, dass nach 70 Minuten Slam Poetry (Achtung: kein Poetry Slam, da kein Wettbewerb und folglich kein Whiskey) schon Schluss ist. Während einige beherzt weiterklatschen und nach mehr Zugaben verlangen, zieht es andere an die frische Luft. Verständlich, angesichts des Sauerstoffmangels im fünf-Quadratmeter-Raum. Und ja Hazel, jetzt hast du Recht: «mer send alli truurig», denn wir hätten euch gerne noch weiter zugehört.

Simone Keller

Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit kulturteil.ch entstanden und kann auch dort gelesen werden.

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