Ein Spiel jenseits des guten Geschmacks

Eine Luzernerin gegen das Bünzlitum

Angela Vögtli aus Luzern hat ein eigenes Kartenspiel entwickelt. Ein nicht ganz Jugendfreies. (Bild: jav)

Ein Kartenspiel für «böse Schweizer» soll es sein. Die «Karten gegen das Bünzlitum» sind ein von einer Luzernerin entwickeltes Spiel, welches derzeit über Crowdfunding finanziert werden soll. zentral+ hat die Erfinderin getroffen und das eigene Schamgefühl ausgelotet.

Teilweise politisch inkorrekt, ein bisschen pervers und immer am Rande des guten Geschmacks.

Angela Vögtli hatte mal wieder eine Idee. Die 31-jährige Luzerner Grafikerin hat ein Kartenspiel entwickelt. Und wer jetzt Gähnen will, der hat keine Ahnung. «Karten gegen das Bünzlitum ist ein bitterböses Schweizer Kartenspiel für bis zu 10 Spieler ohne Schamgefühl», heisst es im Beschrieb und das hört sich doch irgendwie attraktiv und beängstigend gleichzeitig an.

zentral+ hat das Spiel getestet und dabei ganz unterschiedliche Gefühle erlebt.

Sepp Blatter gewinnt die erste Runde

Der Prototyp, die Version Beta, liegt auf dem Tisch. Die 600 Karten sind schon ziemlich abgegriffen, etwas Bier haben sie auch schon abbekommen.

Es geht los. Das Spiel ist einfach, es braucht nicht viel Erklärung (siehe Box). zentral+ macht gleich den ersten Punkt. Und zwar mit dem Vorschlag: «Sepp Blatter moderiert im SRF die neue Sendung über Feuchte Träume

Die rote Fragekarte «_______ moderiert die neue SRF Sendung _______» hat diesmal zwei Lücken, die gefüllt werden müssen. zentral+ hat die ultimative Antwort parat.

Die rote Fragekarte «_______ moderiert die neue SRF Sendung _______» hat diesmal zwei Lücken, die gefüllt werden müssen. zentral+ hat die ultimative Antwort parat.

(Bild: jav)

Ein guter Start. Während des Spiels wird man immer mutiger. Darf man wirklich so gemein sein, oder so primitiv, fragt man sich zu Beginn öfters. Doch zum Schluss kann man mit einem kleinen, fiesen Grinsen sogar Trudi Gerster und Genitalverstümmelung zusammen legen.

Die Regeln

Das Spiel besteht aus 150 Fragekarten und 450 Anwortkarten.

So funktioniert es: Jeder zieht acht Karten vom weissen Stapel. Der Rundenboss zieht eine Karte vom roten Fragestapel und liest diese laut vor. Nun wählt jeder Spieler aus seiner Hand die lustigste und inkorrekteste Antwort und gibt diese verdeckt dem Rundenboss. Der Rundenboss liest alle erhaltenen Antworten vor und wählt dann seinen Favoriten aus.

Der Gewinner erhält die rote Karte als Trophäe zum Rumprollen. Nun füllen alle Spieler ihre Hand wieder auf acht Karten auf und der nächste in der Runde wird Rundenboss – der bitterböse Spass beginnt von vorne.

Auf Zetteln am Pool entstanden

«Die Idee für das Spiel entstand eigentlich durch ein amerikanisches Pendant», so Vögtli. Die «Cards Against Humanity» haben sie inspiriert. «Wir mochten das Spiel sehr, als wir es in den USA kennenlernten, aber auch wenn man gut Englisch spricht, gibt es Sprachbarrieren. Zudem kennen wir viele der Personen, Geschichten und politischen Sachverhalte gar nicht, die in der USA-Variante erwähnt werden.»

Bei einem Wochenende mit Freunden in Lugano kam Vögtli schliesslich darauf, eine Schweizer Variante herzustellen. «Einfach aus Blödsinn. Wir sassen stundenlang am Pool, dann an der Bar, und selbst im Hotelbett haben wir noch an den Karten herumstudiert», erzählt die Grafikerin. «Wir haben drei Abende lang mit Zettelchen gespielt, diese auch immer weiter ergänzt. Danach war klar, was so gut funktioniert, das bleibt.»

Nur musste eine vernünftige Version her, kein namenloses Spiel auf kleinen Zettelchen. «Karten gegen das Bünzlitum» sollte es heissen. «Bünzli ist einfach ein toller Begriff. Er vereint alle Schweizer-Klischees. Zudem ist die Abkürzung KGB gut einprägsam und zweideutig», lacht die Erfinderin des Spiels. Und im Spiel geht es vor allem um Klischees: Rösti, Cervelat, Sepp Blatter, Globi, Emil, Tell, Francine Jordi, Blocher, Mörgeli. Dazu kommt Fieses, Absurdes und Perverses. «Wir haben auch mal gezweifelt, ob die Leute nicht teilweise pikiert reagieren würden. Aber bisher war noch niemand zu geschockt, um weiterzuspielen», lacht sie.

Langweilige Gespräche ersparen

Vögtli machte sich also mit den Zetteln und ihrem grafischen Können auf, digitalisierte die Version Alpha und druckte sie im Copyshop um die Ecke. «KGB ist seither unser treuer Begleiter auf Partys und Reisen und hat uns unzählige langweilige Gespräche über das Wetter und die süssen Kinderchen erspart», so die Erfinderin.

Aber Vögtli hat nicht nur ein Spiel gegen das Bünzlitum entwickelt. «Gegen das Bünzlitum» steht ihr als Lebensmotto hervorragend. Das zeigt sich auch hervorragend an ihren Haustieren: zwei Katzen mit den Namen Herr Müller und Frau Meier.

Immer in Arbeit

«Da von unseren Mitspielern schliesslich regelmässig die Frage aufgetaucht ist, wo man das Spiel denn kaufen könne, versuche ich nun eine kleine Auflage von 500 Stück zu finanzieren.» Und seither wurde stetig weiter gesammelt, gebrainstormt, testgespielt und aussortiert. «Die Version, mit welcher wir jetzt spielen, das ist bereits Beta», erklärt Vögtli.

Doch auch hier ist der Prozess um das Spiel noch nicht abgeschlossen. «Ich erhalte auch jetzt noch Inputs, Vorschläge und ganze Listen.» Sie habe versucht, es so breit wie möglich zu halten, also auch Basler, Zürcher oder Graubündner Fragen reinzupacken, aber man merke klar: Es hat viel mehr Luzerner Fragen. «Man merkt schon, woher es kommt.»

Jeder hat seine ganz eigenen Vorlieben. Welcher Mitspieler würde gewinnen, wenn Sie Rundenboss wären?

Jeder hat seine ganz eigenen Vorlieben. Welcher Mitspieler würde gewinnen, wenn Sie Rundenboss wären?

(Bild: zvg)

Finanzierung läuft derzeit

Erhältlich ist das Kartenspiel noch nicht. Erst muss die Finanzierung auf die Beine gestellt werden. Das versucht die Spiele-Entwicklerin Angela Vögtli per Kickstarter – also per Crowdfunding. 6’000 von 15’000 Franken sind bereits zusammen gekommen.

Die 15’000 Franken sollen Produktion, Versand und Gebühren finanzieren. «Und all das Bier, das wir während der Entwicklungsphase in enormen Mengen zur Kreativitätsförderung konsumieren mussten», so Vögtli mit einem Augenzwinkern. Es sei nicht per se ein Trinkspiel so Vögtli zu ihrem KGB, aber es lasse sich sehr gut mit bierseeligen Abenden verbinden.

Ein Verkauf des Spiels ist nicht geplant, aber wer das Crowdfunding mit mehr als 50 Franken unterstützt, der erhält ein Spiel, wenn es realisiert werden kann. «So produziere ich nicht ins Blaue hinaus, sondern weiss, wie die Nachfrage aussieht», erklärt Vögtli.

An ihrem Spiel verdienen wird sie hingegen nichts. «Ich mache das aus Freude. Und zudem würde es auch gar nicht rentieren, es wäre ein absolut miserabler Stundenansatz.»

Absurd, lustig, seltsam, aber nicht logisch soll es sein.

Absurd, lustig, seltsam, aber nicht logisch soll es sein.

(Bild: zvg)

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