Kultur im Elektrogeschäft in Zug

Ein «urbanes Experiment» beginnt

Das Trio Hassler Landtwing Romano probt in der noch leeren Werkstatt «Chez Nussbaumer» (Bild: zvg)

Zwischennutzungen wie das Luzerner «Neubad» kennt Zug kaum. Im Oktober jedoch bietet ein Zuger Gewerbehaus für einmal nicht Elektrikern, sondern Kulturfreunden Platz. Dies, weil der Organisator der Zwischennutzung die Gelegenheit rechtzeitig beim Schopf gepackt hat.

Im «Chez Nussbaumer» wird nicht etwa Kirschtorte und «Café au lait» serviert, sondern Kultur und Unterhaltung. Im ehemaligen Gebäude der Nussbaumer Elektro Zug AG an der Pilatusstrasse in Zug darf der Verein «Zwischenkult» während des Monats Oktober schalten und walten, wie es ihm beliebt.

Die Begeisterung für Kultur liegt in der Familie

Aber wie ist es überhaupt dazu gekommen? «Ich wohne gleich in der Nähe der Firma Nussbaumer, die ihren Sitz kürzlich nach Baar verlegt hat», erklärt Beat Holdener, der das Projekt ins Leben gerufen hat. «Kurzerhand habe ich nachgefragt, ob wir die Räumlichkeiten für eine Zwischennutzung verwenden dürften.» Reto Nussbaumer, dem die Liegenschaft gehört, sagt dazu: «Tatsächlich gab es beim zeitlichen Ablauf der Umbauarbeiten eine Lücke, in denen das Gebäude leer gestanden wäre. Weil ich zudem selber in der Kulturszene bin und Beat Holdener schon lange kenne, willigte ich gerne ein.» Die Begeisterung liegt offenbar in der Familie, denn nicht nur Reto Nussbaumer, sondern auch sein Bruder und Vater sind mittlerweile in das Projekt involviert.

Suppe essen, Tango tanzen und Tatort gucken

In Zug sind brachliegende Gebäude eine Rarität. «Alles wird bis zum Exzess genutzt, ausserdem haben wir hier kaum mehr Industriehallen», so Holdener. Junge Leute würden wohl eher nach Luzern oder Zürich gehen, um solche Projekte aufzugleisen.

Aber jetzt ist Zug an der Reihe. Während des ganzen Oktobers finden jeweils von Donnerstag bis am Sonntag Veranstaltungen statt. Es sind Konzerte, Lesungen und Kunstveranstaltungen, die Platz finden im Haus an der Pilatusstrasse. Doch auch Sonderbares ist im Programm zu finden, so beispielsweise  der Anlass «Suppen Sammeln Sample Soups», ein Anlass, an dem sowohl Suppen gekocht als auch Geschichten erzählt werden. Weiter gibt es eine Tangonacht, zwei Tage der offenen Werkstatt, auch gemeinsames «Tatort Rudelgucken» ist geplant.

Der Gast soll mitmachen

Für Holdener sind die Konzerte von «Blehmuzik» die Höhepunkte des ganzen Programms im «Chez Nussbaumer». Er selber spielt in der Band nämlich Horn. Trotzdem sagt er: «Es wäre ungerecht, gewisse Programmpunkte als besondere Highlights zu werten, denn es finden verschiedenste, sehr spannende Anlässe statt.» So hat Holdener bewusst nicht nach seinem Gusto Künstler und Musiker ausgewählt. «Die Leute konnten auf uns zukommen und selber Ideen bringen.» Als Besucher ist man übrigens nicht immer nur Konsument. Bei vielen Anlässen sollen die Gäste selber mitwirken, Ping-Pong spielen, Tango tanzen, vorlesen oder auch Musik machen.

 «In Zug ist sonst alles perfekt, teuer, gschniglet und gschläcket.»

Beat Holdener vom Verein Zwischenkult

Aber was ist der Grund, dass sich Beat Holdener mit einem eigens dafür geschaffenen Verein so stark für diese Zwischennutzung einsetzt? «Es ist unser Ziel, Urbanität in eine Stadt zu bringen, die sonst etwas tot ist. In Zug ist sonst alles perfekt, teuer, ‹gschniglet und gschläcket›. Im ‹Chez Nussbaumer› sind Experimente möglich, denn wir haben keinen elitären Anspruch.»

Nur durch finanzielle Hilfe möglich

Dass die Zwischennutzung durchgeführt werden kann, ist laut Holdener nur dank der Hilfe verschiedenster Parteien möglich. «Wir werden vom Kanton und von der Stadt finanziell unterstützt. So werden die wichtigsten Kosten gedeckt. Verschiedene Veranstalter machen eine Kollekte, andere haben selber Sponsoren organisiert.» Holdener redet dennoch von einem «urbanen Experiment». Noch ist nicht klar, wie viel Publikum das «Chez Nussbaumer» anziehen wird. Trotzdem sagt Holdener: «Einerseits habe ich weniger Bedenken, da wir neben den Veranstaltungen noch eine Bar betreiben, anderseits ist es auch in Ordnung, wenn zwar nicht viele, dafür sehr interessierte Leute vorbeikommen.»

Musik, Bar und Gäste. Ob die Nachbarschaft damit wohl einverstanden ist? «Natürlich haben wir Auflagen der Polizei, nach denen wir uns richten müssen. Zudem haben wir allen Nachbaren einen Brief geschrieben und einen Apéro organisiert, wo Fragen gestellt werden können», sagt Holdener. Grosse Lärmemissionen müssen Anwohner jedoch nicht fürchten. «Ab zehn Uhr abends dürfen wir keine laute Musik mehr spielen. Nächtelange Partys liegen deshalb nicht drin – auch wenn das sehr toll gewesen wäre.»

«Ich bin ich erstaunt, wie einfach bis jetzt alles gelaufen ist.»

Beat Holdener vom Verein Zwischenkult

Die Zwischennutzung durch den Verein Zwischenkult habe grossen bürokratischen Aufwand mit sich gebracht, erklärt Holdener. So seien etwa 100 Seiten Gesuche bearbeitet worden, der Verein musste sich um feuerpolizeiliche Auflagen kümmern und die geeignete Infrastruktur organisieren. Trotzdem sagt Holdener, «bin ich erstaunt, wie einfach bis jetzt alles gelaufen ist. Das sicherlich auch dank der Unterstützung der Stadtbehörden».

Nun sollte nichts mehr schiefgehen

Am Samstag, dem 4. Oktober, wird das «Chez Nussbaumer» eröffnet. Nervös ist Holdener jedoch nicht. «Es ist jetzt alles im Rollen und gut eingefädelt, jetzt freue ich mich, zu sehen, was passiert. Aber da die Vorbereitungen so schön waren bis jetzt, und ich mit all diesen guten Leuten zusammenarbeiten konnte, kann eigentlich fast nichts mehr schiefgehen.»

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