Magische Lösung: Zuger Regierung zaubert Wohnungsnot weg

Familien und wenig Verdienende aufgepasst: Plötzlich ist Zug auf dem Spitzenplatz, was preisgünstige Wohnungen angeht. Echt jetzt? Im Gegenteil. Die Zuger Regierung macht es sich zu einfach, wenn sie nur an den Zahlen schraubt.

Verblüffend gute Nachrichten für Familien und wenig verdienende Zuger: Wenn’s nach dem Regierungsrat geht, gibt’s in Zug offenbar keine Wohnungsnot. 27 Prozent des Wohnraums sei preisgünstig, stellt die Zuger Regierung zufrieden und überraschend fest. Damit stünde der Kanton schweizweit an der absoluten Spitze, was preisgünstigen Wohnungsbau angeht (zentralplus berichtete).

Nur: Das stimmt nicht. Diese Zahl ist Kosmetik. Das Bundesamt für Wohnungswesen nennt eine ganz andere Zahl: Gerade mal zwei Prozent der Wohnungen im Kanton Zug fallen in die Kategorie «gemeinnütziger Wohnungsbau» (zentralplus berichtete).

Fakt ist: Zug ist in Sachen preisgünstige Wohnungen unteres Mittelmass. Der schweizweite Durchschnitt beträgt knapp vier Prozent – also fast doppelt so viel. Die Spitzenreiter Basel und Zürich liegen bei rund zehn Prozent, Luzern auf dem dritten Platz bei knapp acht Prozent.

Ist das preisgünstig? Der Mittelstand sieht’s wohl anders

Dass sich der Kanton Zug so aufs Podest hinaufbehauptet, ist also schon fast frech. Denn der Massstab, den der Zuger Regierungsrat ansetzt, um auf seine 27 Prozent zu kommen, scheint völlig aus der Luft gegriffen: Er misst nicht die tatsächliche Anzahl Wohnungen, die zur Kostenmiete vermietet werden – also Wohnungen, die von Genossenschaften zu einem Preis vermietet werden, der die Kosten deckt. Stattdessen nimmt er als Massstab den Maximalpreis, der für eine solche Wohnung nach Verordnung verlangt werden darf. Der liegt für eine Dreizimmerwohnung bei 1750 Franken. Zu diesem Preis gibt’s in Zug einige Wohnungen – deshalb die 27 Prozent (Genaueres dazu hier).

Ist das preisgünstig? Ein Büroangestellter oder eine Handwerkerin sehen das wohl anders. Nach diesem Massstab ist alles preisgünstig, was der Mittelstand gerade so zahlen kann.

Mit buchhalterischen Tricks gegen eine Initiative

Stossend ist die vom Regierungsrat angesetzte Zahl von 27 Prozent aber vor allem deshalb, da der Regierungsrat damit direkt Stimmung gegen eine Initiative macht. Denn die Initiative für bezahlbaren Wohnraum der beiden linken Jungparteien wäre nach dieser Feststellung völlig obsolet – sie fordern einen Anteil von preisgünstigem Wohnraum von 20 Prozent.

Nun kann man aus guten und stichhaltigen Gründen für oder gegen diese Initiative sein. Wie viel preisgünstigen Wohnraum der Kanton Zug fördern soll, ist eine rein politische Frage.

Es lässt sich argumentieren, dass es gar keinen vergünstigten Wohnraum braucht, weil der Markt das schon richtet. Man kann auch argumentieren, dass der Kanton ein Interesse an günstigem Wohnraum hat, um die Durchmischung der Bevölkerung zu fördern und damit die Zivilgesellschaft und auch das Gewerbe zu stärken. Es gibt gute Argumente dafür, dass zwei Prozent schon genug oder viel zu wenig sind.

Aber es kann niemand behaupten, dass der Kanton Zug in Sachen preisgünstiger Wohnraum ein Musterschüler sei. Denn das ist er schlicht nicht.

Ablenkungsmanöver ohne Not

Deshalb kommt diese Berechnung der Regierung spitzbübisch daher, und sie nagt an deren Integrität. Das Ablenkungsmanöver wirkt ungelenk, und die Regierung unternimmt es völlig ohne Not. Denn die Initiative der linken Jungparteien hat im konservativen Kanton nicht gerade blendende Chancen – es wäre ihr auch mit Argumenten entgegenzuhalten. Das würde zumindest eine Debatte darüber erlauben, wie viel preisgünstigen Wohnraum der Kanton tatsächlich braucht.

Die Regierung wäre besser beraten, würde sie bei den Fakten bleiben. Nur zwei Prozent der Wohnungen im Kanton sind preisgünstig, nicht 27. Falls sie der Ansicht ist, dass Zug mit zwei Prozent bereits über genügend preisgünstigen Wohnraum verfügt, dann muss sie auch in der Lage sein, die Bevölkerung davon zu überzeugen. Mit buchhalterischen Tricks lassen sich hier jedenfalls keine Probleme lösen.

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